Zur Schule gehen an der Grenze zwischen zwei Bundesländern - in Amt Neuhaus an der Elbe erleben Kinder und Eltern seit 15 Jahren, was das im Alltag...

Amt Neuhaus. Zur Schule gehen an der Grenze zwischen zwei Bundesländern - in Amt Neuhaus an der Elbe erleben Kinder und Eltern seit 15 Jahren, was das im Alltag bedeutet.

Als am 29. Juni 1993 das Amt Neuhaus mit einem Staatsvertrag in den niedersächsischen Landkreis Lüneburg zurückgegliedert wurde, herrschte zunächst große Freude. Die Bewohner der rechts der Elbe gelegenen Gemeinden im Amt Neuhaus wollten mehrheitlich wieder Niedersachsen werden - was das für ihre schulpflichtigen Kinder zur Folge haben würde, war damals niemandem klar.

Zwar ermöglichen mittlerweile Abkommen der Bundesländer untereinander Schulbesuche im Nachbarland. Was bleibt, sind Fahrtkosten und lange Wege, Wartezeiten auf den Bus und ein Tag, der für viele junge Frauen und Männer mit Schule und Schulweg ausgefüllt ist.

So auch im ehemals zur DDR gehörenden Amt Neuhaus an der Elbe. "Das nächste Gymnasium für unsere Kinder lag damals auf der anderen Seite der Elbe in Scharnebeck", erinnert sich Silke Kampka aus Neuhaus, Mutter einer heute 17- jährigen Tochter.

Um diese rund 40 Kilometer entfernte Schule erreichen zu können, mussten die Kinder die Elbe überqueren: "Ein Bus fuhr bis zur Elbfähre, dort mussten die Kinder bei Wind und Wetter raus und auf die Fähre warten. Auf der anderen Seite sammelte ein Schulbus sie wieder ein. Unterwegs waren die Kinder allein - das schien uns unzumutbar. Schließlich war Kathrin damals erst zehn Jahre", erinnert sich Silke Kampka an die ersten Jahre der neuen Schulwege. "Im Winter bei Schnee, bei Dunkelheit und Glatteis über das Wasser - das haben wir nicht gewollt."

Die Kampkas zogen daraus die Konsequenz und schickten ihre Tochter nach Boizenburg in Mecklenburg-Vorpommern.

"Aus Amt Neuhaus sind wir 25 Fahrschüler auf der Strecke. Die Fahrt dauert eine halbe Stunde", sagt Kathrin Kampka.

Inzwischen gibt es im nahe gelegenen Bleckede links der Elbe ein neues Gymnasium. Aber viele Familien, die rechts der Elbe wohnen, schicken ihre Kinder dennoch weiter nach Mecklenburg-Vorpommern. Kathrin Kampka sagt: "Die meisten Eltern in Amt Neuhaus schicken ihre Kinder lieber nach Boizenburg oder Dömitz. Das liegt auf dieser Seite der Elbe, da gibt es regelmäßige Busverbindungen."

Den Weg über den großen Fluss treten viele ungern an: "Für die meisten Eltern sind Boizenburg oder Dömitz bei den weiterführenden Schulen die erste Wahl." Denn die Schulen links der Elbe liegen zwar im selben Landkreis, sind aber nur über die Fähre zu erreichen und die fährt nun einmal nicht so regelmäßig wie der Bus.

Probleme gibt es bei den Kosten der Schülerbeförderung, die die Niedersachsen nicht ersetzen: "Anfangs wollten die Behörden gar nicht, dass wir Kathrin nach Boizenburg schicken. Da wurde nur gemauert - ich habe sogar an den Ministerpräsidenten geschrieben." Inzwischen hat Tochter Kathrin es fast geschafft: Sie geht in die 12. Klasse. Nach dem Abi möchte sie eine Berufsausbildung machen: "Mal sehen, wo ich etwas finde."