Hauptargument ist der Naturschutz. Landesregierung will bisherigen Kurs beibehalten. Rechtsstreit droht.

Amt Neuhaus. Kritik an der Deichbaupolitik der niedersächsischen Landesregierung üben die Grünen im Landtag. Die Abgeordnete Miriam Staudte aus Scharnebeck bemängelt, dass den Flüssen beim Hochwasserschutz nicht ausreichend Platz durch Deichrückverlegungen gegeben werde - und zieht dabei die Vorhaben an den Elbe-Nebenflüssen in der Gemeinde Amt Neuhaus als Beispiele heran. Sie kritisiert: "Während Brandenburg allein im Bereich Lenzen an der Elbe mehr als 500 Hektar Rückdeichungen vorgenommen hat, will Niedersachsen im Amt Neuhaus neue Deiche wie im vorigen Jahrhundert bauen und gibt dem Fluss nur 19 Hektar zusätzlichen Retentionsraum."

Das gehe aus einer Anfrage der Abgeordneten an die Landesregierung zu den aktuellen Deichbauprojekten an den Elbe-Nebenflüssen Sude und Krainke im Amt Neuhaus hervor. Nach Staudtes Worten plädierten der BUND (Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland) Niedersachsen und die Biosphärenreservatsverwaltung Elbtalaue dafür, die aktuellen Pläne zu überarbeiten und mehr als 500 Hektar auszudeichen und die neue Deichlinie damit sogar um fünf Kilometer zu verkürzen.

Deichrückbau hat den Zweck, das Flussbett weniger einzuengen. Bei Hochwasser wird auf diese Weise die Gefahr von Deichüberflutungen verringert, da der Fluss mehr Fläche zum Ausweichen hat.

Das sei nicht zu verwirklichen, so der Tenor in der Antwort des Umweltministeriums. Der Neuhauser Deich- und Unterhaltungsverband habe sich gegenüber Änderungen an der Trassenführung zum Vorteil des Naturschutzes bisher grundsätzlich aufgeschlossen gezeigt und diese soweit aus seiner Sicht realisierbar in die Planungen einfließen lassen, um so Ausdeichungsmöglichkeiten zu nutzen. ,,Insgesamt sollen 19 bis 20 Hektar ausgedeicht werden, bei den anderen Flächen ist mangels Einverständnis der Eigentümer keine Flächenverfügbarkeit gegeben", erklärt das Ministerium.

Die Biosphärenreservatsverwaltung habe einem Eigentümer sogar eine Tauschfläche angeboten, die dieser aber abgelehnt habe, da eine wirtschaftliche Nutzung der Flächen für ihn nicht gegeben sei. Und der Deichverband selber verfüge über keine Flächen, die zum Tausch angeboten werden könnten.

Im Übrigen bauten die Vorschläge von BUND und Biosphärenreservatsverwaltung für die Deichtrassen an Rögnitz, Sude und Krainke auf rein naturschutzfachlichen Überlegungen auf, heißt es in der Antwort auf die kleine Anfrage. Gewünscht werde eine Ausdeichung in möglichst großem Umfang. Beim Planfeststellungsverfahren werde überprüft, ob die Trassenalternativen sowohl dem Hochwasserschutz als auch dem Naturschutz dienten, so das Ministerium weiter. Denn gewünschte ökologische Maßnahmen dürften nicht allein unter dem Deckmantel des Hochwasserschutzes gefordert werden.

Miriam Staudte hält entgegen, dass mehr Rückdeichungen in naturbelassenen Gebieten auch mehr Sicherheit für die Bürger an dichter besiedelter Stelle bedeuten. Sie gehe davon aus, dass, falls die Landesregierung und der Neuhauser Deich- und Unterhaltungsverband an ihren bisherigen Plänen festhalten, der Klageweg beschritten werden wird. Schließlich habe der niedersächsische Landtag noch 2002 einstimmig gefordert, bei künftigen Deichbauten vermehrt Rückverlegungen vorzunehmen und den Flüssen wieder mehr Raum zu geben, argumentiert die Abgeordnete. ,,Das scheinen aber reine Lippenbekenntnisse gewesen zu sein."