544 Lüneburger Senioren bleibt wenig mehr als das Existenzminimum. Ilse Repole hat deshalb ihre Enkel lange nicht besucht.

Lüneburg. Nicht selten versteckt sich Altersarmut in Gegenden wie dieser: Am Lüneburger Kreideberg reihen sich die mehrgeschossigen Wohnblöcke dicht an dicht. Jedes Haus gleicht dem anderen, dazwischen etwas Abstandsgrün. Für Individualität ist hier kein Platz - und vor allem kein Geld. Im dritten Stock eines solchen Mehrfamilienhauses wohnen Ilse Repole (73) und Hans-Joachim Blümel (69).

Gerade mal 340 Euro bleiben dem Ehepaar nach Abzug aller Kosten zum Leben - daran ändert auch die für Juli geplante Rentenerhöhung um 2,41 Prozent kaum etwas. "Unsere Rente ist so klein, wir kommen kaum über die Runden." Kino und Theater sind schon lange nicht mehr drin. An Urlaub ist nicht zu denken. Und das schmerzt Ilse Repole besonders.

"Mein Sohn wohnt mit seiner Familie in Jamaika, meine Tochter und ihre Kinder in Florida", so Repole. Allein der Flug dorthin ist ein Luxus, den sich das Ehepaar einfach nicht leisten kann. "Seit drei Jahren habe ich meine Enkelkinder nicht mehr gesehen." Die 73-Jährige muss schlucken, zu schmerzlich ist der Gedanke an ihre Lieben in der Ferne. Repole weiß: "Es ist wirklich schwierig, aber wir sind nicht die Einzigen."

Gemessen an der europaweiten Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen "Leben in Europa" gilt als armutsgefährdet, wer weniger als 781 Euro im Monat zum Leben hat. Der dritte Armutsbericht der Bundesregierung vom Juli vergangenen Jahres geht davon aus, dass Ende 2006 bundesweit insgesamt 2,3 Prozent der Menschen im Alter ab 65 Jahren betroffen waren.

Nach Angaben der Lüneburger Sozialbehörde sind in der Hansestadt aktuell 544 Rentner auf ergänzende Leistungen angewiesen, erhalten die sogenannte Grundsicherung im Alter oder einen Wohngeldzuschuss. Doch bis das Geld auf dem Konto ist, müssen zunächst Anträge ausgefüllt und Papiere eingereicht werden.

Die Bürokratie ist oft eine große Hürde für die Betroffenen. Deshalb hat die Stadt Lüneburg ein Seniorenservicebüro eingerichtet. Mitarbeiter Heinz-Herrmann Twesten erklärt: "Wir beraten zu allen seniorenspezifischen Fragen, helfen beim Ausfüllen von Anträgen und informieren über Sozialleistungen, Patientenverfügungen oder Vorsorgevollmachten." Außerdem erhalten Betroffene einen Seniorenpass. "Gegen Vorlage des Ausweises gibt es Ermäßigungen im öffentlichen Nahverkehr, bei Volkshochschulkursen, im Theater oder der Bücherei", sagt Twesten.

Bisher ist das Seniorenservicebüro das einzige seiner Art in Lüneburg. "Langfristig aber wollen wir unser Angebot auf die Stadtteilhäuser ausdehnen." Ein erster Schritt ist die Zusammenarbeit mit dem Parlü, der Begegnungsstätte des Paritätischen am Marktplatz Kreideberg. Leiterin Klaudia Kunze bringt den Vorteil der Beratung im gewohnten Umfeld auf den Punkt: "Den Menschen wird es leichter gemacht, sich Hilfe zu holen. Das Angebot hier im bekannten Stadtteil ist etwas anderes, als wenn die Senioren erst selbst auf die Suche gehen müssen."

Auch Ilse Repole und Hans-Joachim Blümel haben sich im Palü beraten lassen. "Wir haben jetzt Wohngeld beantragt", sagt Repole. Jetzt hofft das Ehepaar, dass ihnen bald etwas mehr Geld zur Verfügung steht. "Vielleicht könnte ich dann meine Enkel wiedersehen."