Friedrichsruh. Friedrichsruh. Familie von Bismarck wehrt sich durch alle Instanzen dagegen, ihre Jagdgatter abzubauen. Kreis setzt jetzt Anordnung um.

Nach fast 150 Jahren scheint die Gatterjagd im Sachsenwald der Familie Bismarck tatsächlich Geschichte zu sein: Wie es Schleswig-Holstein 1999 mit einer Änderung des Landesjagdgesetzes beschlossen hat, sind Jagdgatter landesweit verboten.

Eine Beschwerde der Familie Bismarck dagegen hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe jetzt nicht angenommen. Das Haus Bismarck will sich aktuell dazu nicht äußern, weil jetzt ihre Berufungsklage am Europäischen Gerichtshof anhängig sei.

Bismarcks ließen beide Jagdgatter stehen

Die Familie von Bismarck hatte während einer 15-jährigen Übergangsfrist zwar Zeit, die Gatter abzubauen. Die Frist lief im Oktober 2014 aus. Doch die Bismarcks ließen die beiden 1871 erstmals errichteten Tore stehen. Daraufhin ordnete der Kreis Herzogtum Lauenburg 2015 ihre Beseitigung an.

Damit begann das Thema sämtliche juristische Instanzen zu beschäftigen: Die von Bismarcks legten Widerspruch ein, reichten im Dezember 2015 Klage vor dem Verwaltungsgericht ein. Diese wurde im Mai 2017 abgewiesen, eine Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht im März 2018 nicht zugelassen. Und auch Karlsruhe lehnte eine Entscheidung jetzt ab. Deshalb ziehen die Nachfahren des Reichskanzlers nun vor das europäische Gericht.

Jagdbehörde setzt jetzt Anordnung um

Zumindest vorläufig ist es mit den Gesellschaftsjagden vorbei. Tobias Frohnert, Sprecher des Kreises, bestätigt, dass die Jagdbehörde damit befasst sei, die Anordnung des Kreises umzusetzen. Im Bescheid von 2015 seien nur die Fristen aktualisiert worden: „Die Bescheide sind rechtskräftig, und die Gatter müssen beseitigt werden.“

Doch dies könne nicht sofort passieren, sondern bedürfe einer Vorbereitung. In dem etwa 860 Hektar großen Gatter für Rotwild und dem etwa 450 Hektar großen Wildschwein-Gatter gebe es eine viel höhere Wildtierdichte als im übrigen Sachsenwald. Daher dürften die Tiere nicht einfach freigelassen werden, sie könnten unkontrolliert in die Umgebung ausweichen, nicht nur Schäden in Wald und Flur anrichten, sondern auch Straßen queren und dort, besonders auf der Bundesstraße 404 den Verkehr gefährden. Innerhalb der Gatter gibt und gab es weder Straßen noch Bahngleise, die Tiere kennen die Gefahren nicht.

Abschüsse vor der Freilassung

Aufgrund einer wildbiologischen Untersuchung hat die Jagdbehörde die Bestandszahlen für die eingefriedeten Bereiche geschätzt. Bei den Wildschweinen etwa würden statt der sonst im Sachsenwald üblichen zehn Tiere pro 100 Hektar innerhalb des Gatters mehr als die doppelte Zahl leben, berichtet der Kreissprecher.

Auf Basis dieser Schätzungen habe die Jagdbehörde als „Bestandsregulierungsmaßnahme“ festgesetzt, dass diese Dichte peu à peu wieder erreicht werden sollte, bevor die Gatter geöffnet werden.

Diese Anordnung hätten die von Bismarcks nun seit Anfang April – innerhalb des Jagdjahres – zu erfüllen und der Unteren Jagdbehörde nachzuweisen. Mit den Abschüssen ist laut Tobias Frohnert begonnen worden. Beanstandungen habe die Jagdbehörde, die stichprobenartig die Verkaufsbelege kontrolliere, bisher nicht.

Ende 2020 werden Zäune abgebaut

Sind Rot- und Schwarzwild auf ein für den Wald verträgliches Maß dezimiert, sollen 2020 zuerst die Gatter geöffnet und einzelne Zaunelemente demontiert werden. Auf diese Weise soll das hinausziehende Wild gelenkt werden.

Ob und wohin die Tiere ziehen werden, kann niemand genau sagen. „Erst ein halbes Jahr später, also Ende 2020, sollen die Zäune komplett abgebaut werden“, sagt Tobias Frohnert. Nach den Sommerferien will der Kreis alle Beteiligten zu einem runden Tisch einladen, um den weiteren Ablauf zu besprechen.