Wentorf. Ein Besuch im Fitness-Studio, ins Schwimmbad gehen, Partys feiern oder einfach nur mit Freunden zusammen lachen: Die 24 Bewohner des Wohnzentrums Hansa am Stöckenhoop nehmen sich das Recht auf all das, was für die anderen Wentorfer selbstverständlich ist.
Trotzdem werden sie von ihren Mitbürgern manchmal befremdet angesehen. Denn sie sind geistig, einige auch körperlich behindert. Deshalb wird ihnen von Unwissenden meist nicht viel zugetraut.
Zu Unrecht: Maren Moldenhauer beispielsweise fährt zwar morgens mit ihren Kollegen per Fahrdienst nach Geesthacht, um pünktlich um 7.30 Uhr zur Arbeit in der Werkstatt zu sein. Doch nach Feierabend um 15.45 Uhr fährt sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln allein nach Hause. "Sonst bin ich immer auf den Fahrdienst angewiesen", begründet sie ihren Alleingang. Auch ihre Wäsche erledigt sie selbst und außerdem lernt sie in der Kochgruppe, sich selbst zu versorgen. "Das klappt wie geschmiert", sagt Moldenhauer und verrät: "Ich möchte gern eine eigene Wohnung."
Dieses Ziel können nur wenige der Bewohner erreichen. Doch in der Wohngruppe können sie die größtmögliche Eigenständigkeit erlangen. Jeder hat sein eigenes Zimmer, gemeinsam teilen sie sich einen großen Aufenthaltsraum. Cornelia Otto schwärmt von ihrem Urlaub in Spanien: Am Pool liegen, Sangria trinken. Julian Simonsen hingegen ist aufgeregt, wenn er an seine erste Segeltour im August denkt. Rainer Enke und Rainer Schlüter haben nicht nur den Vornamen, sondern auch ihre Leidenschaft für Eisenbahnen gemeinsam.
Viele sind schon vor zehn Jahren eingezogen, als Birgit Poburski und ihre Tochter Britta das ehemalige Feldwebelheim zum Wohnzentrum Hansa umbauten. "Hier ist es so cool", schwärmt Claudia Bleich. "Die Atmosphäre ist toll, viel besser als in meiner alten Wohngruppe." Kurzerhand stellt sie ihren Freund Rainer Enke vor, der ihretwegen ins Wohnzentrum gezogen ist: "Mein verlobter Göttergatte." Familiär gehe es im Wohnzentrum zu, erzählt Poburski: "Ich habe sie alle adoptiert." Viele bestehen auf ihrem Namensschild auf dem Zusatz "-Poburski". Die Warteliste für freie Plätze ist lang. "Jeder Behinderte hat einen Anspruch auf einen Platz in einer Wohngruppe", erläutert sie. Die Behörden würden sich um die Finanzierung kümmern.
"Eines habe ich noch vergessen", sagt Bleich plötzlich mitten im Gespräch: "Ich bin behindert. Ich habe das Down-Syndrom." Offensichtlich leidet sie nicht darunter, es ist für sie so selbstverständlich, dass sie es schon mal vergisst - ebenso wie es für ihr Umfeld kein Thema ist.
Gestern wurde das Zehnjährige groß gefeiert: mit Fingerfood, Cocktails und aufsteigenden Himmelslaternen - und für Maren Moldenhauer steht fest, dass ihre neue Wohnung in Wentorf liegen muss: "Damit ich immer wieder vorbeischauen kann."