Schwarzenbek. Viele Haustiere, die während der Hochzeit der Pandemie angeschafft wurden, werden nun ausgesetzt. Wie geholfen werden kann.
Zweieinhalb Jahre nach dem Beginn der Corona-Infektionen, hat die Pandemie auch das Schwarzenbeker Tierheim erreicht. Doch dies auf eine ganz andere Weise: Das Heim ist derzeit voll belegt, weil Menschen, die sich während der Pandemie ein Haustier zugelegt haben, es jetzt nicht mehr haben wollen. Sei es, weil sie nun wieder in Vollzeit arbeiten, aus dem süßen Welpen ein Problemhund geworden, das Tier krank ist oder sie schlicht mit der Pflege überfordert sind.
„Wir haben viele Fundtiere, die ausgesetzt wurden“, sagt Jasmin Scholz, erste Vorsitzende des Schwarzenbeker Tierschutzvereins, der das Tierheim an der Feldstraße 8 ehrenamtlich betreibt. „Die Tiere werden nicht vor der Tür des Tierheims abgestellt, sondern in der Feldmark oder an der Landstraße ausgesetzt“, berichtet Maren Willers, zweite Vorsitzende und Leiterin des Tierheims. So wurde eine schwer kranke Siamkatze im Wald ausgesetzt, ein Hundewelpe an einer Landstraße bei Gülzow und an einer Bushaltestelle in Klein Pampau fanden Passanten eine Transportbox mit einer Perserkatze.
Besitzer fahren von weit her nach Schwarzenbek, um ihr Tier auszusetzen
Dabei, so die Erfahrung der beiden Frauen, handelt es sich nicht um Tiere aus der näheren Umgebung: Die Besitzer unternehmen weite Fahrten, um ihre Tiere dann auszusetzen. Ein Tier in einer Transportbox an einer Bushaltestelle auszusetzen, wo es mit Sicherheit gefunden werde, sei -- so die Tierschützerinnen -- gegenüber dem Aussetzen im Wald oder in der Feldmark die „humanere“ Lösung. Klar ist aber auch: Aussetzen, darunter fällt auch das Anbinden am Tor des Tierheims, ist grundsätzlich eine Straftat und kann mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro bestraft werden.
Im Tierheim sind aktuell alle Plätze belegt
60 Katzen, darunter 23 Babys, und sieben Hunde bevölkern derzeit das Tierheim. Damit ist es voll. Drei weitere Katzen wurden bereits auf eine externe Pflegestelle ausgelagert. Ausgesetzt werden jedoch nicht nur Hunde und Katzen, sondern auch Wachteln, Hühnerküken, Hähne und andere Kleintiere. „Hühner lassen sich leicht vermitteln, bei Hähnen ist das anders“, sagt Willers. Doch die Tierschützer hatten Glück: Nur drei Tage mussten die Hähne im städtischen Hundezwinger bleiben, dann hatte sich ein neuer Halter gefunden.
Anders ist es bei Hunden. „Ich liebe Tiere und mache diesen Job gerne, aber vor großen und aggressiven Hunden habe ich Respekt. Dafür braucht man eine Ausbildung, die ich nicht habe“, sagt Scholz. Dabei gibt es zahlreicher Anfragen von Hundehaltern, die mit ihren mittlerweile großen Tieren nicht klarkommen. Diese können jedoch in Schwarzenbek nicht aufgenommen werden, sondern werden an die großen Tierheime im Land verwiesen, wo sich professionelle Hundetrainer der Tiere annehmen können.
Tierfreunde können dem Heim auch mit einer Patenschaft helfen
Wer die Tierschützer unterstützen will: Für Sonnabend, 11. September, lädt das Tierheim zum Tag der offenen Tür ein. Von 11 bis 17 Uhr kann nicht nur die Einrichtung besucht werden, auf dem Gelände präsentieren sich weitere Vereine wie Looki aus Bergedorf, der Gnadenhof für Pferde in Friedrichsruh und Vierbeiner in Not aus Lütjensee, hinzu kommen Vorführungen einer Rettungshundestaffel, ein Flohmarkt und eine Tombola und Kinderspiele. Wer sein Tier mitbringt, kann es zudem vom Fotografen des Tierheims ablichten lassen. Vermittelt werden an diesem Tag keine Tiere, denn die Abgabe eines Fundtieres dauert mehrere Tage, da zunächst geprüft wird, ob Tiere und die neuen Halter auch zusammen passen. Wer kein Tier zu Hause halten kann, kann eine Patenschaft übernehmen und so dem Tierheim helfen. Willers: „Mit den Tieren in unserem Tierheim muss niemand Mitleid haben. Die haben es hier sehr gut.“
Seit 1954 engagieren sich Schwarzenbeker für den Tierschutz
Das Tierheim an der Feldstraße wird vom Schwarzenbeker Tierschutzverein betrieben. Gegründet wurde der Verein im Jahr 1958 von Tierfreunden unter Leitung der Mittelschullehrerin Eva Neitzel.
Doch diese Vereinsgründung hat eine Vorgeschichte: Bereits 1954 hatten die damaligen Schüler Heinz Rusch und Hans-Jürgen
Koops eine Tierschutz-Jugendorganisation gegründet. Ernst Brandt, Rektor der damaligen Mittelschule (heute Grund- und Gemeinschaftsschule), unterstützte die Gründer, die weitere Schüler gewinnen konnten und 1955 als Verein in den Ortsjugendring aufgenommen wurden.
Im Mittelpunkt stand damals nicht die Versorgung ausgesetzter Tiere – das Tierheim an der Feldstraße wurde erst 1968 gegründet – sondern das Bauen von Futterhäuschen und Wildkrippen sowie der Kampf gegen Tierquälereien. Doch die Anzeigen der Jugendlichen wurden oft nicht weiterverfolgt. Auch weil die Jugendlichen mit der Vereinsführung überfordert waren, wurde dann 1958 der Tierschutzverein gegründet.
Heute hat der Tierschutzverein etwa 260 Mitglieder. Das Tierheim finanziert sich über Zuschüsse von Stadt und Umlandgemeinden sowie durch Spenden.