Schwarzenbek. Für die Plattdeutsch-Experten waren die Vorträge „mega, gigantisch“. Zwei Mädchen fahren nun zum Regionalentscheid.

„Dunnerwedder, ji hebbt uns dat nich eenfach maakt!“ Thorsten Börnsen, Leiter des Niederdeutschzentrums mit Sitz in Mölln, war sprichwörtlich platt. Beim Landschaftsentscheid des Vorlesewettbewerb „Schöler leest Platt“ in der Stadtbücherei Schwarzenbek überraschten fünf Kinder aus dem Kreis mit hervorragenden Leistungen.

Fünf Schüler beim Vorlesewettbewerb in Schwarzenbek

Am Start waren Schüler der fünften bis siebten Klassen, die vorher an den Vorlesewettbewerben teilgenommen hatten und diese gewannen. Dann ging es zum Schulwettbewerb, und auch diesen konnten die Teilnehmer des Landschaftswettbewerbs für sich entscheiden. Am Mittwochnachmittag saßen sie dann doch recht aufgeregt zusammen mit jeweils zwei Begleitern in der Bücherei – mehr waren wegen der Pandemie nicht zugelassen.

Reihenfolge der Auftritte beim Vorlesewettbewerb wird vorab ausgelost

Die Reihenfolge der Auftritte wurden zuvor ausgelost. Die Schüler lasen humorvolle und nachdenklich machende Geschichten, die sie sich aus einer Auswahl von Texten ausgesucht hatten. Es ging unter anderem um einen Adler, der im Hühnerstall leben sollte, aber dann doch das Fliegen lernte und andere humorvolle Kurzgeschichten.

„Ich habe hauptsächlich mit meinem Vater Plattdeutsch geübt“, erzählt Sina Neubert aus der 7a der Albinus-Gemeinschaftsschule in Lauenburg. Sie findet die Sprache schön und nutzt die Gelegenheiten, sie mit Familienmitgliedern, die sich damit auskennen, zu sprechen. An ihrer Schule gebe es leider keine Angebote, Plattdeutsch zu lernen. „Ich wünschte, es gibt Plattdeutsch einmal in einer Arbeitsgemeinschaft oder sogar als Wahlpflichtfach“, sagt sie.

Jury-Vorsitzender lobt Leistungen der Schüler: „Mega, gigantisch“

Die Plattdeutsch-Experten Uwe Kiesewein aus Geesthacht, Thorsten Börnsen aus Mölln und Heinrich Querfurt aus Wentorf bewerteten als Jury die Lesungen der Kinder.
Die Plattdeutsch-Experten Uwe Kiesewein aus Geesthacht, Thorsten Börnsen aus Mölln und Heinrich Querfurt aus Wentorf bewerteten als Jury die Lesungen der Kinder. © Monika Retzlaff | Monika Retzlaff

Nach den Vorträgen lobte Börnsen die Kinder und war fast sprachlos. „Das war mega, gigantisch“, sagte er. „Ich habe schon Landesausscheide erlebt, wo die Lesungen nicht so gut waren wie hier“, resümierte er. Obwohl alle ein bisschen aufgeregt waren, hätten sie wunderbar vorgelesen. Ihm sei es als Schüler ganz anders gegangen.

„Ich habe mehrmals teilgenommen und nicht einmal einen Klassenausscheid gewonnen“, gestand er. Wahrscheinlich habe das an seiner Aufregung gelegen, er sei einfach zu hibbelig gewesen. Dann wurde die Jury aufgeregt und zog sich zur Beratung zurück. Börnsen sowie der Plattdeutschbeauftragte aus Geesthacht, Uwe Kiesewein, und Heinrich Querfurt, Plattdeutschbeauftragter in Wentorf, bewerteten Lesefähigkeit, Aussprache und Ausdruck der Vorträge.

Auf den ersten Platz kam Alrike Heidebrecht vom Marion-Dönhoff-Gymnasium in Mölln. Mit hauchdünnem Abstand in der Bewertung kam Zoe Wrobel vom Otto-Hahn- Gymnasium Geesthacht auf den zweiten Platz.

Regionalwettbewerb in Mölln steigt am 8. Juni

Die beiden werden am Regionalwettbewerb im Stadthauptmannshof in Mölln teilnehmen. Am 8. Juni findet dann der Landesentscheid in Neumünster statt. Die Jury vergab den dritten Platz an Anton Bock und zweite vierte Plätze an Sina Neubert und Solveig Behr. Alle bekamen Urkunden, ein Buch mit plattdeutschen Geschichten für Kinder und viel Applaus.

Der Wettbewerb beflügelte Thorsten Börnsen, Uwe Kiesewein und Heinrich Querfurt in ihrer Arbeit für die Förderung der niederdeutschen Sprache. „Wir haben seit 14 Jahren einen Plattdeutsch-Gesprächskreis“, erzählt Kiesewein. 25 Geesthachter treffen sich regelmäßig zum Schnacken, Singen, Musizieren und erzählen sich Anekdoten. Heinrich Querfurt geht zudem in die Kindergärten und Schulen, um den Kleinsten mit Geschichten die niederdeutsche Sprache näher zu bringen.

Niederdeutschzentrum entwickelt neue Konzepte

„Wir haben in Schleswig-Holstein 44 Modellschulen, an denen die Sprache im Unterricht gelehrt und in Arbeitsgemeinschaften gefördert wird“, sagte Thorsten Börnsen. Auch die Grundschule in Müssen gehört seit dem Schuljahr 2018/19 dazu. Börnsen leitet seit 2016 das Zentrum für Niederdeutsch in Holstein, das in Mölln ansässig ist. Er schreibt nicht nur jede Woche für unsere Zeitung eine plattdeutsche Kolumne und verfasste 2008 das Buch „Hamburg op Platt“ , sondern entwickelt auch neue Konzepte.

Das Zentrum kümmert sich um Modellschulen, entwickelt Unterrichtsmaterial, schafft Netzwerke für die Plattdeutschbeauftragten, organisiert Lesungen, Autorentreffen und Konzerte, produziert den Plattfunk Podcast und veröffentlicht Texte und Videos. Infos: www.niederdeutschzentrum.de