Schwarzenbek. Schwarzenbeks Kaufleute setzen in ihrer Not auf kreative Konzepte und die Ortsumgehung. Neue Chance für eine Einkaufsmeile?

Der Einzelhandel hat aus der Not geschlossener Geschäfte mittlerweile weitgehend eine Tugend gemacht und auf Online-Shops, Abholsysteme und virtuelle Rundgänge umgestellt. „Momentan sind die Geschäfte zwar wieder offen, aber bereits in der nächsten Woche wird es nur noch Einkauf mit Termin und bis Ostern vermutlich weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens geben. Wir müssen lernen, mit Corona zu leben“, sagt Doris Lehmann, seit einem Jahr Vorsitzende der Wirtschaftlichen Vereinigung Schwarzenbek (WVS).

„Die Menschen sind einerseits müde, andererseits aber froh, dass sie wenigstens wieder in einige Geschäfte dürfen, auch wenn die Gastronomie weiter geschlossen bleibt“, ergänzt ihre Stellvertreterin Anja Jost. „Diskussionen über die Maskenpflicht im Laden gibt es praktisch nicht mehr, alle fragen auch ganz selbstverständlich nach Desinfektionsmittel“, so die Reisebürochefin weiter.

Innenstadt muss sich in Corona-Krise neu erfinden, um zu überleben

Viele Geschäfte haben die Krise als Chance genutzt und die Digitalisierung vorangetrieben. Aber das hat nicht in allen Fällen auch funktioniert.

Bereits im Herbst des vergangenen Jahres haben die beiden Betreiber-Ehepaare des Hotels und des Restaurants Alte Meierei aufgegeben. Sie waren gerade erst ein Jahr zuvor nach umfangreicher Renovierung gestartet. Die hohen Umsatzeinbußen durch die komplette Schließung und später die eingeschränkte Öffnung unter Corona-Auflagen ermöglichte keinen rentablen Betrieb.

Deko-Geschäft schließt, Tedi-Filiale wird nur umgebaut

Wir schließen: Nach zehn Jahren hört der Deko-Laden Ambiente an der Lauenburger Straße wegen der Umsatzverluste durch Corona auf.
Wir schließen: Nach zehn Jahren hört der Deko-Laden Ambiente an der Lauenburger Straße wegen der Umsatzverluste durch Corona auf. © Unbekannt | Stefan Huhndorf

Jetzt, nach dem zweiten Lockdown, gibt auch das Deko-Geschäft Ambiente an der Lauenburger Straße 34 auf. Die Betreiberin startet den Ausverkauf und bietet Termine nach Vereinbarung an.

In den sozialen Netzwerken wird viel über die Schließung von Tedi im Lupuspark spekuliert. Dort wird aber nur umgebaut.
In den sozialen Netzwerken wird viel über die Schließung von Tedi im Lupuspark spekuliert. Dort wird aber nur umgebaut. © Unbekannt | Stefan Huhndorf

Nicht schließen wird hingegen die Tedi-Filiale im Lupuspark, worüber die Gerüchteküche in der Stadt spekulierte. Der Laden wird lediglich umgebaut. Unter welchen Umständen und wann er wieder öffnen kann, ist allerdings offen, da wegen der steigenden Inzidenzwerte im „Hamburger Speckgürtel“, zu dem auch der Kreis Herzogtum Lauenburg zählt, wieder verschärfte Regelungen für den Einkauf gelten.

Eine belebte Innenstadt braucht die Gastronomie

„Wir brauchen die Gastronomie in der Innenstadt. Kunden wollen nicht nur einkaufen, sondern auch Kaffee trinken, Pizza essen oder sich ein Glas Wein schmecken lassen. Das gehört zum Einkaufserlebnis. Deshalb sind wir auch froh, dass Politiker aller Parteien den Weg zu einer Lockerung der Regeln für Außengastronomie frei machen wollen“, sagt Doris Lehmann. Allerdings ist das Zukunftsmusik.

Denn Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte erst am Mittwoch verkündet, dass es vorerst keine weiteren Öffnungen geben werde, die beispielsweise die Außengastronomie ermöglichen würden.

Lob für Elmshorner Konzept mit Pop-up-Shops

„Wir sind mit Online-Shops, virtuellen Rundgängen durch Geschäfte und den Click-and-Collect- sowie Click-and-Meet-Systemen auf einem guten Weg. Aber eine lebhafte Innenstadt braucht auch Geschäfte. Wir müssen das Konzept der In­nenstädte neu denken, damit diese nicht veröden“, sagt Doris Lehmann.

Als positives Beispiel führen Doris Lehmann und Anja Jost in diesem Zusammenhang die Stadt Elmshorn an. „Dort gibt es beispielsweise Pop-up-Shops. Es stehen praktisch keine Läden leer. Wenn ein Geschäft aufgibt, werden die Läden für kurzfristige Angebote wie etwa Wollgeschäfte genutzt, die dann auch gleich Workshops zum Stricken und Häkeln anbieten. Oder Künstler können sie als Atelier nutzen und Kurse anbieten. Das alles schafft wechselnde und interessante Angebote, die Kunden in die Stadt locken“, erläutert Doris Lehmann das Konzept.

Bürgermeister will zudem das Wohnen in der Innenstadt ausbauen

Schwarzenbeks Bürgermeister Norbert Lütjens sagt zur Innenstadt: „Ein wichtiger Aspekt für die zukünftige Gestaltung ist aber auch, dass mehr Menschen im Zentrum wohnen.“
Schwarzenbeks Bürgermeister Norbert Lütjens sagt zur Innenstadt: „Ein wichtiger Aspekt für die zukünftige Gestaltung ist aber auch, dass mehr Menschen im Zentrum wohnen.“ © Unbekannt | Elke Richel

„Immer wichtiger werden für erfolgreiche Innenstädte auch kleine inhabergeführte Läden mit eigenem Sortiment, das sich von den Ketten abhebt. Eine Innenstadt wird aber auch durch die Mischung mit Gastronomie, Kulturangeboten und durch die Integration von Co-­Working-Spaces abwechslungsreich und interessant“, ergänzt Anja Jost.

„Wir brauchen eine lebendige Innenstadt, in der auch Kultur und Gastronomie stattfindet. Ein wichtiger Aspekt für die zukünftige Gestaltung ist aber auch, dass mehr Menschen im Zentrum wohnen. Es fehlt an Wohnungen in diesem Bereich“, hatte Bürgermeister Norbert Lütjens kürzlich im Interview mit unserer Zeitung gesagt. Er setzt auf einen intensiven Dialog mit den Kaufleuten, um die Innenstadt voranzubringen.

Ortsumgehung ermöglicht Verkehrsberuhigung im Zentrum

Ein Meilenstein für eine attraktivere Schwarzenbeker Innenstadt kann die nun begonnene Umsetzung der Ortsumgehung sein. „Eine Verkehrsberuhigung, eventuell sogar eine Fußgängerzone würden das Einkaufserlebnis fördern und auch mehr Platz für Außengastronomie und andere Angebote schaffen. Das ist teuer, aber eine Inves­tition, die sich langfristig lohnt. Außerdem gibt es möglicherweise ja auch Fördermittel für solche Projekte – beispielsweise bei der Metropolregion“, sagt Doris Lehmann.

Ein Punkt, der allerdings noch für Diskussionsstoff bei den Einzelhändlern sorgen dürfte. Denn sowohl Doris Lehmann, die mit ihrem Ehemann Mark Lehmann die Axa-Versicherungsagentur an der Lauenburger Straße leitet, als auch Reisebürochefin Anja Jost sind Dienstleister, die nicht so stark auf Laufkundschaft angewiesen sind.

Derzeit fehlt es an Aktivitäten – Gibt es ein Weinfest?

Der WVS-Vorgänger von Doris Lehmann, Schuhhändler Uwe Krützmann, hatte sich in puncto Fußgängerzone bislang stets anders positioniert. Einig waren sich die Kaufleute aber schon lange in der Frage, dass die Lauenburger Straße dringend vom Verkehr beruhigt werden müsse und breitere Gehwege für Außenaktivitäten der Geschäfte und Gastronomen benötige.

Was im Augenblick aber fehlt, sind Aktivitäten in der Stadt. Die letzte Aktion war das Food-Truck-Festival im Oktober 2020, kurz vor dem zweiten Lockdown. „Wir haben gewisse Hoffnung, dass es Ende Juni ein Weinfest mit strengen Hygieneauflagen und geregeltem Zugang geben könnte. Drei Winzer stehen bereit. Ich hoffe, wir bekommen da etwas hin. Endgültig ab­sagen möchte ich das Fest erst einmal nicht“, betont Doris Lehmann mit Blick auf das WVS-Jahresprogramm.