Schwarzenbek. Einzelhändler verzeichnen massive Kundenrückgänge. Sie zählen auf treue Kunden und setzen auf Online-Shops. Ein Stimmungsbild.
Der aktuelle Lockdown betrifft zwar in erster Linie die Gastronomie, aber auch der Einzelhandel muss wegen der Hygiene-Vorschriften und Abstandsregelungen im Zuge der Allgemeinverfügungen zur Pandemie weiter „Federn lassen“. Seit Monatsbeginn gilt im gesamten Schwarzenbeker Innenstadtbereich Maskenpflicht . Restaurants dürfen nur noch außer Haus verkaufen. Wie berichtet, hat das Hotel und Restaurant „Alte Meierei“ wegen der schwierigen Geschäftslage bereits im Spätsommer dauerhaft geschlossen. Hotelier Hans Schröder hat alle Mitarbeiter in die Kurzarbeit geschickt und versorgt die wenigen Geschäftsreisenden in den Hotelzimmern selbst.
Digitalisierung im Einzelhandel schreitet durch Corona voran
Auch die Ladenbetreiber haben massiv unter der Pandemie zu leiden, weil sie ihre Kunden nur noch mit Mundschutz in die Geschäfte lassen dürfen und der Zutritt zahlenmäßig beschränkt ist. Dennoch gibt es Lichtblicke. „Es war kein gutes Jahr. Viele Veranstaltungen mussten ausfallen, aber die Digitalisierung ist weit fortgeschritten. Viele Einzelhändler haben Onlineshops eingerichtet oder ausgebaut. Wir wollen auch unsere Portale für lokale Jobs und lokale Angebote erweitern“, sagt Doris Lehmann, Vorsitzende der Wirtschaftlichen Vereinigung Schwarzenbek (WVS).
Trotzdem sind die Umsätze deutlich gesunken, außer dem Schnee- und Eisfest im Februar gab es keine verkaufsoffenen Sonntage. Das Weinfest, die WVS-Messe und auch der Weihnachtsmarkt fallen aus. Einziger Frequenzbringer im Spätherbst war das Food-Truck-Festival auf dem alten Markt Ende Oktober. Allerdings hatten nicht viele Kaufleute die Chance für Sonderöffnungszeiten genutzt.
Klassisches Weihnachtsgeschäft wird es nicht geben
„Ein klassisches Weihnachtsgeschäft wird es meiner Einschätzung nach in diesem Jahr nicht geben. Es gibt aber auf Landesebene Gespräche, die Sonntagsöffnung an den vier Adventswochenenden möglich zu machen – auch ohne ein Motto. Das wäre ein Option, die lokale Wirtschaft anzukurbeln“, sagte Doris Lehmann. Wie es im nächsten Jahr weitergehen könnte, kann sie noch nicht sagen. „Corona hat uns zu Warte-Experten gemacht. Teilweise kommen neue Verordnungen erst kurz vor geplanten Veranstaltungen, wie beispielsweise bei unserem Food-Truck-Festival. Das macht alle Planungen schwierig. wir hoffen alle auf einen Impfstoff gegen das Coronavirus“, so die WVS-Vorsitzende.
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Sehr unterschiedlich reagieren die Geschäftsleute je nach Branche auf die Einschränkungen und begegnen der Krise mit verschiedenen Konzepten. Besonders „gebeutelt“ ist Helene Helmel, die das alteingesessene Damenbekleidungsgeschäft „Petty Moden“ im Januar nach mehr als 40 Jahren von Margot Pöhlke übernahm. „Erst habe ich viel in den Umbau investiert, dann kam der erste Lockdown und ein Wasserschaden. Aber die Kunden halten uns die Treue. Außerdem ist ein Vorteil, dass das Geschäft so klein und familiär ist. Das schätzen unsere überwiegend älteren Kunden“, so Helene Helmel, die für besonders besorgte Kundinnen auch Sonderöffnungszeiten mit Einzelberatung anbietet.
Individuelle Kundenbetreuung nach Ladenschluss
Das ist ein Konzept, auf das auch die Buchhandlung „LeseZeit“ seit Kurzem baut. „Der Bedarf an Lesestoff, Gesellschaftsspielen, Puzzeln und Rätselheften ist enorm gestiegen, weil es keine anderen Freizeitaktivitäten gibt. Viele Kunden wollen aber nicht ins Geschäft kommen und kaufen lieber online. Wer Beratung braucht, kann bei uns mittwochs und sonnabends nach vorheriger Terminabsprache zu uns kommen“, sagt Buchhändlerin Andrea Anders-Koch.
„Wir sind mit dem Neustart in Schwarzenbek zufrieden. Die Mindestabstände können wir mit mehr als 300 Quadratmetern Verkaufsfläche halten, das Weihnachtsgeschäft hat bereits begonnen“, sagt Spielwarenhändler Joachim Barkow. Lego, Playmobil und Co. gehen besonders gut. Gemeinsam mit dem Verein „Biker fahren für Kinder“ macht Barkow gerade eine Aktion „Alt gegen Neu“, bei der er gebrauchtes Spielzeug sammelt, das Kindern in Not und im Kinderkrankenhaus Altona zur Verfügung gestellt wird. Praktikantin Celina Kocks betreut die Aktion.
Auf weiteren „Schrumpfkurs“ geht Schuhhändler Uwe Krützmann , dessen Familie sich bereits seit 1882 um die Bedürfnisse der Schwarzenbeker Kunden kümmert. Er hat seine Verkaufsfläche an der Lauenburger Straße 13 schon verkleinert, um Platz für das Lager seines Online-Shops zu schaffen. „Dieser Geschäftszweig nimmt an Bedeutung immer mehr zu. Aber auch die individuelle Beratung der Kunden wird noch wichtiger“, sagt der Schuhhändler. Den Schrumpfkurs will er 2021 fortsetzen und in die kleineren seiner Frau Marika Kuhlmann gehörenden Räume an der Lauenburger Straße 11 umziehen. Seinen Laden übernimmt ein Dienstleistungsbetrieb.
Maklerbüro von Engel & Völkers sucht neue Geschäftsräume
An der Lauenburger Straße 11 hat bis Ende April 2021 noch der Makler Engel & Völkers sein Büro. „Wir sind seit fünf Jahren hier und fühlen uns wohl. Jetzt müssen wir ein neues Domizil suchen, werden aber in Schwarzenbek bleiben. Denn hier haben wir viele Kunden – Tendenz steigend“, sagt Karoline Bussert, Geschäftsführerin von Engel & Völkers Sachsenwald. Corona habe den Trend verstärkt, von der Metropole Hamburg aufs Land zu ziehen und es sich dort gemütlich mit der Familie einzurichten. Schwarzenbek steht wegen der guten Verkehrsanbindungen auch durch den Regionalexpress hoch im Kurs bei Immobilienkäufern, die Preise haben aber auch entsprechend angezogen. Eine halbe Million Euro werden schnell für ein Haus in der Stadt fällig, weiß Karoline Bussert.
Während es sich viele Menschen in den eigenen vier Wänden gemütlich machen wollen, gibt es aber auch viele andere, die gerne verreisen würden. Mit diesen Kunden hat das Reisebüro Neumann zu tun. „Die Kunden wollen gerne wegfahren und stehen in den Startlöchern. Aber es ist unklar, wann die Reisesaison wieder starten kann. Im Augenblick wickeln wir überwiegend Rückzahlungen von ausgefallenen Reisen ab. Wir hoffen auf einen Impfstoff und blicken optimistisch in die Zukunft“, sagt Reisebürochef Rudolf Neumann.
Ein wichtiger Anker in der Innenstadt bleibt das Kaufhaus CML von Hans-Jürgen Linde. Er hat das Geschäft schon vor längerer Zeit verkleinert und nutzt nur noch das Erdgeschoss als Verkaufsfläche, das Obergeschoss fungiert als Lager und Büro. Linde setzt mittlerweile auf Aktionsware und will sein Geschäft auf unbestimmte Zeit weiterführen, nachdem er mehrfach den Schluss- und Räumungsverkauf verkündet hatte.
Zukunft der Postfiliale bleibt weiterhin unklar
Unklar ist indessen, was mit der Postfiliale an der Ecke Schmiedestraße/Berliner Straße passiert. Wie berichtet, ist die Post bei der Postbank untergebracht, die im Sommer 2021 schließt. Für die Postdienstleistungen wird eine Lösung gesucht. Es soll aber weiterhin eine Post geben, wie Pressesprecher Oliver Rittmaier erneut bestätigte. Einen möglichen Standort gibt es nicht.