Schwarzenbek. Heute vor 125 Jahren wurde die St.-Franziskus-Kirche mit einem Gottesdienst eröffnet. Wir erzählen die Geschichte des Gotteshauses.

Wer auf der Bundesstraße 404 Richtung Schwarzenbek fährt, sieht die Kirchturmspitze von weitem: Mitten in der Stadt gleich neben dem Rathaus steht das Baudenkmal, das heute Geburtstag hat: Vor 125 Jahren, am 20. Oktober 1895, wurde die St.-Franziskus-Kirche mit einem Festgottesdienst ihrer Bestimmung übergeben.

Zu verdanken haben die Schwarzenbeker den im neugotischen Stil errichteten Sakralbau, der seit 1991 unter Denkmalschutz steht, dem damaligen Pastor Carl Nievert. Als 41-Jähriger hatte der Seelsorger im Jahr 1883 die Gemeinde übernommen. 38 Jahre später hielt er seine Abschiedspredigt in der Kirche, für deren Bau er gesorgt hatte: Die alte Fachwerkkirche durch einen Neubau zu ersetzten, hatte die Kirchengemeinde bereits 1885 beschossen. Neun Jahre später war es so weit: Am 17. Juni 1894 wurde in der alten Kirche zum letzten Mal ein Gottesdienst gefeiert

St.-Franziskus-Kirche entstand in nur einem Jahr Bauzeit

Binnen eines Jahres entstand an gleicher Stelle die heutige St.-Franziskus-Kirche. Zum Vergleich: Die Bauzeit für den Neubau gleich nebenan am Markt 6 und 8 betrug zwei Jahre. Nach dem Abriss der Vorgängerkirche konnte bereits am 17. Mai Richtfest gefeiert werden. „Der Einweihungstag am 20. Oktober begann um 7 Uhr mit einem Festgeläut der Kirchenglocken, auf das der Choral ‘Lobe den Herren’, geblasen vom Kirchturm, folgte“, hat Thorsten Jessen herausgefunden.

Der Lübecker ist derzeit als Vertretungspastor für seine Kollegin Sigrun Kühn, die ein Sabbat-Vierteljahr einlegtt, in der evangelischen Kirchengemeinde tätig. Er bereitet einen Festvortrag zur Geschichte der St.-Franziskus-Kirche (Compestraße 1) vor. In einem Festumzug ging es damals vom Pastorat zum Gottesdienst in die neue Kirche, an den sich ein Mittagessen anschloss. „Um 16 Uhr gab es dann noch ein Orgelkonzert“, so Jessen.

Eine damalige Kapelle wurde von Brunstorf betreut

Küsterin Marianne Gorgon, Pastor Andreas Schöer und Pastorin Sigrun Kühn (v.l.) im Kirchenschiff.
Küsterin Marianne Gorgon, Pastor Andreas Schöer und Pastorin Sigrun Kühn (v.l.) im Kirchenschiff. © BGZ

Bereits im Jahr 1335 stand in Schwarzenbek eine Kapelle, die von Brunstorf aus betreut wurde. Die erste St.-Franziskus-Kirche entstand auf Veranlassung von Herzog Julius Franz im Jahr 1605. Die Holzkirche wurde 23 Jahre später während des Dreißigjährigen Krieges durch einen Brand vernichtet, aber an gleicher Stelle wieder aufgebaut. Hundert Jahre später war der Nachfolgebau marode, bröckelnde Mauern mussten mit Brettern abgestützt werden. Ein Sturm im Jahr 1747 gab der Kirche den Rest, sie stürzte ein. Schon ein Jahr später wurde dann die schlichte Fachwerkkirche gebaut, die bis 1894 hielt, für die wachsende Gemeinde jedoch zu klein war.

Zehn Jahre nach dem Grundsatzbeschluss erhielt deshalb der Schwarzenbeker Baumeister Johann Prösch den Auftrag zum Neubau: Er erreichtet nach den Plänen des Hamburger Architekten Pieper die Kirche im neugotischen Stil. Das Taufbecken ziert übrigens die Jahreszahl der Einweihung: 1895. Es wurde von der Sparkasse gestiftet. Der Neubau blieb nicht die einzige Erneuerung in der Kirchengemeinde: Nievert gab den Anstoß für neue soziale und gesellschaftliche Einrichtungen.

1892 entstand der erste Frauenverein im Rahmen der kirchlichen Arbeit. Über diesen Zusammenschluss ist wenig bekannt, er ging wohl aus der Arbeit der Frauen in der Kirche bei der Kranken- und Armenpflege hervor.

Pastor Carl Nievert initiierte nicht nur den Kirchen-Neubau

Vor 125 Jahren eingeweiht, seit 29 Jahren ein Baudenkmal: St.-Franziskus-Kirche.
Vor 125 Jahren eingeweiht, seit 29 Jahren ein Baudenkmal: St.-Franziskus-Kirche. © Marcus Jürgensen

Im Dezember 1911 wurde dieser Verein als „Vaterländischer Frauenverein“ neu gegründet. Vorsitzende wurde „Frau Pastor Nievert“. 1912 gehörten bereits 177 Frauen dem Verein an. Er befasste sich mit Aufgaben wie der Betreuung eines „Wanderkorbes“ für bedürftige Gemeindemitglieder und die Anstellung einer Gemeindeschwester. Im ersten Jahr ihrer Arbeit besuchten sie 134 Kranke und leisteten 3619 Pflegedienste.

1913 übernahm diese Aufgabe die neugegründete „Freiwillige Sanitätskolonne des Roten Kreuzes“ – der Vorgänger des heutigen DRK-Ortsvereins. Eine weitere soziale Einrichtung, die von der Kirche ausging, war die 1893 gegründete „Herberge zur Heimat“. Sie bot durchreisenden Handwerkern, Wanderarbeitern und Obdachlosen eine vorübergehende Bleibe.

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Festvortrag zur Kirchen-Geschichte am Reformationstag

Obwohl die Kirche heute Geburtstag hat, hält Jessen seinen Vortrag zur Geschichte der St.-Franziskus-Kirche erst am Sonnabend, 31. Oktober, um 18 Uhr. Um 19 Uhr folgt dann ein Gottesdienst zum Reformationstag mit Pastor Andreas Schöer. Teilnehmer werden gebeten, sich im Kirchenbüro unter Telefon 04151/89230 anzumelden und eine Alltagsmaske zu tragen.