Schwarzenbek. Seit dreieinhalb Jahren wünschen sich Landsmannschaften ein Mahnmal, dass an die Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg erinnern soll.

„Das hat ja auch lange genug gedauert“, sagt Horst Born. Der Bauunternehmer aus Klein Pampau ist nicht nur Bürgermeister des Ortes, sondern auch auch Vorsitzender der Orts- und Kreisgruppe sowie Landesvorsitzender der Pommerschen Landsmannschaft. Gemeinsam mit Peter Gerigk, Vorsitzender der Ost- und Westpreußen in Schwarzenbek, hatte sich Born bereits vor dreieinhalb Jahren für ein Mahnmal eingesetzt, mit dem an das Schicksal der Vertriebenen aus den ehemaligen Provinzen Mecklenburg, Pommern, West- und Ostpreußen, Danzig, Schlesien sowie dem Sudetenland erinnert werden soll.

Sieben Wappen auf Findling erinnern an ehemalige Provinzen

Obwohl Gerigk für seine Ortsgruppe sogar steigende Mitgliederzahlen vorweisen kann, weil auch Ehepartner und Nachkommen von Ost- und Westpreußen mit Interesse für die Heimat ihrer Vorfahren bei ihm Mitglied werden, werden die „echten“ Vertriebenen, die vor oder nach Ende des Zweiten Weltkriegs ihre Heimat verlassen haben, immer weniger. Bei den Pommern haben sich in Schleswig-Holstein von den einst 22 Ortsgruppen zwölf mangels Mitgliedern aufgelöst. Bei den Ost- und Westpreußen gibt es hingegen noch 22 Ortsgruppen mit landesweit mehr als 800 Mitgliedern.

Was die Landsmannschaften eint ist die Sorge, dass die Erinnerung an den einstigen Verlust ihrer Heimat aus dem Bewusstsein verschwindet. Deshalb hatte die beiden Ortsgruppen die Idee eines Mahnmals vorangetrieben, sich dann aber bei der Realisierung entzweit: Gerigk hatte sich stets für einen „prominenten Ort“ im Stadtzentrum ausgesprochen. Auch der letztlich am Denkmalschutz gescheiterte „Park der Erinnerung“ im Justizgarten des Amtsrichterhauses war Gerigk zu abgelegen. Als die Politiker im Sozial- und Kulturausschuss dann die Wiese neben der Europabrücke unweit des Körnerplatzes als Standort empfahlen, auf der bereits eine schwarz-rot-goldene Steinsäule als Erinnerung an die deutsch-deutsche Teilung steht, sagte Horst Born spontan zu, Peter Gerigk war weiterhin dagegen.

Schleswig-Holstein wurde für viele Flüchtlinge zur neuen Heimat

Seit dem vergangenen Donnerstag liegt ein mehr als fünf Tonnen schwerer Findling auf der Rasenfläche, den Born aus der Kiesgrube Alt-Mölln des Unternehmens Ohle&Lau nach Schwarzenbek bringen ließ. „Es handelt sich um einen hellgrauen Granit, der jetzt noch gesäubert werden muss“, so Born. Ohne weiteres Fundament – Born: „Der ist so schwer, den räumt keiner weg“ – soll der Findling die Grundlage für das Mahnmal bilden. Ein Steinmetz soll den Stein noch mit den Wappen der sieben Provinzen ausstatten. Geplant ist, farbige Wappenschilder aus bruchsicherem Glas an den Findling zu schrauben. Die Einweihung des Mahnmals ist für Freitag, 30. Oktober, geplant.

Gemessen an seiner Bevölkerungszahl nahm Schleswig-Holstein zwischen 1944 und 1947 nach Mecklenburg-Vorpommern die zweitmeisten Flüchtlinge auf. 1939 lebten 1,6 Millionen Menschen im Norden, 1946 waren es 2,6 Millionen. Die Kriegstoten abgerechnet, bedeutete das drei Hinzugezogene auf vier Einheimische. In Niedersachsen war das Verhältnis 1:2, in Bayern 1:3. Im Kreis Herzogtum Lauenburg gab es sogar mehr Zugezogene als Einheimische: Im Oktober 1950 lebten im Kreisgebiet 151.266 Menschen, davon waren 68.731 Einheimische, 80.290 Personen jedoch Flüchtlinge, hinzu kamen 987 Evakuierte und 1258 Ausländer. Noch extremer war die Situation in Schwarzenbek: Hier verdreifachte sich die Bevölkerungszahl sogar von 2300 Bürgern im Jahr 1939 auf 6700 im Jahr 1950.