Kasseburg/Ratzeburg. Bürgerinitiative will das Vorhaben des neuen Gewerbegebiets verhindern. Das letzte Wort haben die Einwohner in einem Bürgerentscheid.
In der Gemeinde Kasseburg könnte auf 40 Hektar ein neues Gewerbegebiet entstehen. Die Lage ist attraktiv: direkt am Übergang der Autobahn 24 Hamburg-Berlin und der Bundesstraße 404 nach Kiel. Für die wirtschaftliche Entwicklung setzt der Kreis auf eine positive Entscheidung. Die soll nach dem Willen der Gemeindevertreter aber nicht die Politik treffen – geplant ist ein Bürgerentscheid.
Seit mehr als vier Jahren laufen Gespräche zwischen der Wirtschaftsförderung Herzogtum Lauenburg (WFL), Gemeindevertretung und Bürgermeisterin. In dem 600-Einwohner-Ort ist nicht jeder von der Idee begeistert – eine Bürgerinitiative mit rund 30 Anhängern will gegen das Vorhaben angehen.
Kreis macht mehr Zugeständnisse als üblich
Auf der jüngsten Sitzung hat der Kreistag einstimmig entschieden, Forderungen der Gemeinde zur Verbesserung der Infrastruktur nachzukommen, sollte es zu einer Vereinbarung über eine Gewerbegebietsentwicklung kommen.„Es geht zum Beispiel um die Verbesserung des ÖPNV. Uns wurde zugesagt, dass bei einer ausreichenden Anzahl an Arbeitnehmern im Gebiet eine Busanbindung mit Halt an der B 404 zwischen Schwarzenbek und Hamburg entsteht“, sagt Bürgermeisterin Anja Harloff. Auch solle die Gemeindestraße zwischen der K 20 und der B 404 zur Kreisstraße aufgewertet werden, um Kasseburg vom Unterhalt zu entlasten. Und sollte die Ortsdurchfahrt durch das Gewerbegebiet zur Mautvermeidungsstrecke von Lkw werden, würde sie entsprechend gesperrt.
Mit diesen Zugeständnissen geht der Kreis über das übliche Maß hinaus. Nicht ohne Grund, wie Ulf Hahn, Geschäftsführer der WFL erklärt: „Aus Sicht des Kreises würde mit Entwicklung der etwa 40 Hektar erstmals ein Gewerbeareal mit solch einer verkehrstechnisch optimalen Lage entstehen.“ Eine Untersuchung benennt für die Region Hansebelt bis 2035 einen Bedarf von 118 Hektar neuer Gewerbeflächen. Ein gutes Drittel könnte in Kasseburg realisiert werden. Zum Vergleich: Der Gewerbepark Valluhn/Gallin an der A 24 ist 300 Hektar groß.
Bürgerinitiative sieht Naturschutz nicht genug berücksichtigt
Auch wenn der Kreis den Forderungen der Gemeinde bereits zugestimmt hat, haben die Bürger das letzte Wort. Da kommt die Bürgerinitiative (BI) ins Spiel. „Uns gehen wertvolle Ackerflächen verloren, das Verkehrsaufkommen würde steigen und somit die Luftverschmutzung und die Lärmbelästigung zunehmen“, mahnt Regina Skibowski. Klaus Napp gibt zu bedenken: „Ein nachhaltiger ökonomischer Nutzen des Gewerbegebietes ist zum heutigen Zeitpunkt gar nicht gesichert.“ Logistik-Unternehmen haben eine großen Flächenbedarf, beschäftigen im Verhältnis jedoch nur wenige Menschen.
Nicht zuletzt sieht die BI den Naturschutz nicht genug berücksichtigt, obwohl das neue Gewerbegebiet nach dem „Gold Standard“ der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen errichtet werden soll. Mehr als 60 Einzelvorgaben müssen eingehalten werden, dazu gehören umfangreiche natur- und artenschutzrechtliche Regeln.
Anfang 2021 soll der von der Kommunalaufsicht begleitete Bürgerentscheid fallen. Die BI will den Entscheid nutzen, um die 40 Hektar Gewerbeareal in der 600-Seelen-Gemeinde zu verhindern.