Schwarzenbek. Scheitert die Aufstockung aller alten Wohngebäude, weil nicht genügend Stellplätze nachgewiesen werden können?

Die Backsteinblocks im Inneren des Sachsenwaldring sind alt: 1943 wurden sie für Mitarbeiter der Schraubenfabrik Bauer & Schauerte gebaut, die als kriegswichtiger Betrieb von den Nazis aus Angst vor Bombentreffern aus dem Rheinland ins ländliche Schwarzenbek umgesiedelt wurde. Mit der Übernahme der Buwog im Jahr 2018 gehören die 93 Wohnungen in den acht Mehrfamilien jetzt zur Vonovia. Und die hat Großes vor: Weil die Dachstühle der Gebäude mittlerweile marode und teilweise von Schädlingen befallen sind, soll das gesamte Quartier saniert werden (wir berichteten).

Die Dächer sollten abgetragen und durch ein oder gar zwei zusätzliche Geschosse in Leichtbauweise ersetzt werden: 68 neue Wohnungen, bei einem Geschoss immerhin noch 34 neue Wohnungen könnten so zentrumsnah entstehen – und dies ohne weiteren Flächenverbrauch. Weil es für das Areal keinen rechtskräftigen Bebauungsplan (B-Plan) gibt und die neuen Gebäude deutlich anders aussehen, als die in der nahen Umgebung, muss auf Kosten der Vonovia ein neuer Bebauungsplan erstellt werden.

Bisher gibt es für die 93 Wohnungen nur 26 eigene Stellplätze

Bei der Vorstellung des Projekts im Oktober 2019 zeigten sich die Mitglieder des Planungsausschusses von der Variante mit 34 neuen Wohnungen angetan. 68 neue Wohnungen erschienen ihnen angesichts des Parkplatzmangels nicht nur im Sachsenwaldring, sondern auch in den umliegenden Straßen zu viel. Am vergangenen Donnerstag stellte Stadtplaner Karsten Schwormstede vom Hamburger Büro Architektur+Stadtplanung gemeinsam mit Ralf Kaufmann von Vonovia gleich zwei Stellplatzkonzepte vor: Die von der Vonovia favorisierte Variante sieht nun nur noch 16 neue Wohnungen vor und 40 zusätzliche Stellplätze für Autos.

Bisher gibt es auf dem Grund der Vonovia für die 93 Wohnungen nur 26 eigene Stellplätze. Mit den weiteren 40 stiege der Stellplatzschlüssel auf 1:0,67. Zweite Variante: Es entstehen 32 neue Wohnungen und 99 neue Stellplätze – Schlüssel 1:1. Dann jedoch wird der gesamte bisher grüne Innenhof des Quartiers zum Parkplatz. „Diese Variante werden wir nicht umsetzen, das täte dem Quartier nicht gut“, versicherte Kaufmann den Politikern.

Land regelt Anzahl der Stellplätze nicht mehr

Die Frage von Heinz-Werner Rose (SPD) nach einer Tiefgarage wies Kaufmann zurück: „Dann müssten wir das gesamte Areal abreißen und neu bauen.“ Ebenso die Frage von Nils Hilger (SPD) nach einer Ablöse der Stellplätze. Durch so eine Ablösesumme könnte sich das Unternehmen von der Schaffung von Stellplätzen „freikaufen“ und die Stadt auf einem anderen Areal selbst Stellplatzflächen anlegen.

Seit 2013 gibt es in Schleswig-Holstein keine Landesverordnung mehr über die Zahl der Stellplätze, dafür Richtwerte, an denen sich die Kommunen orientieren können. Für Einfamilienhaussiedlungen ist demnach ein Schlüssel von 1:1 vorgesehen, für Mehrfamilienhäuser von 1:0,7, bei sozialem Wohnungsbau gar nur von 1:0,3. Doch dieser Schlüssel gerät ins Wanken angesichts neuer Mobilitätskonzepte. So werden teilweise auch Fahrradstellplätze vorgeschrieben. Am Sachsenwaldring gebe es die Möglichkeit durch einen zentralen Stellplatz oder eine Parkpalette auch für die umliegenden Straßen das Parkproblem zu lösen. Durch eine Verlegung des Busverkehrs von der Gülzower auf Kollower und Berliner Straße könnte den Anwohnern des Sachsenwaldrings eine Bushaltestelle direkt vor der Haustür angeboten werden. Möglichkeiten, mit denen sich die Fraktionen befassen.

Sanierung soll noch in diesem Jahr starten

Die Vonovia will bald anfangen zu bauen: Noch in diesem Jahr soll die Sanierung an zwei Altgebäuden starten und in zwei bis drei Jahren beendet sein. Dafür ist jedoch ein durch die Politik beschlossener B-Plan die Voraussetzung. Für die Ausschussmitglieder war die Vorstellung der Stellplätze jedoch erst der Anfang der Beratungen mit dem Wohnungskonzern: „Wir sind uns einig, dass die Häuser saniert werden müssen, aber auch, dass es eine schöne Wohngegend ist. Die Bebauung des Innenhofs mit Stellplätzen würde diese Wohnqualität jedoch erheblich mindern“, so das Fazit des Ausschussvorsitzenden Egon Siepert (CDU). Die Vorschläge des Planungsbüro gehen jetzt an die Fraktionen, wo sie beraten werden, bevor es eine weitere Einladung an den Wohnungskonzern in den Planungsausschuss gibt.

Die Vonovia ist nicht der einzige Konzern, der derzeit in der Europastadt bauen will: Neben den Cube-Häusern an der Meiereistraße mit 53 Eigentumswohnungen, dem Neubaugebiet Dreiangel an der Möllner Straße mit 256 Wohnungen machte der Planungsausschuss die nächsten Schritte für zwei weitere Projekte frei: Einzel- und Doppelhäuser sollen an der Bismarckstraße entstehen, an der Pflasterstraße eine Wohnanlage, für die sogar ein Tiefgarage vorgesehen ist.