Schwarzenbek. Anja Eschkes Amtszeit wäre am Pfingstsonnabend vorbei, doch das Schützenfest ist abgesagt und die 49-Jährige bleibt im Amt.

Sie ist die zweite Schützenkönigin in der Geschichte der Schwarzenbeker Schützengilde: Vor einem Jahr wurde Anja Eschke am Pfingstsonnabend, 8. Juni, zur neuen Majestät gekürt. Jetzt hätte sie die silberne Königskette an einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin weitergeben müssen – doch die Gilde hat ihr großes Fest wegen der Corona-Pandemie bereits im April abgesagt. Damit bleiben Eschke und ihre Adjutanten Karin Prellwitz und Jens Torkel ein weiteres Jahr im Amt.

Wehmut am Pfingstsonnabend

Statt am Sonnabend um 11 Uhr gemeinsam mit den Mitgliedern der Gilde und den Königsgruppen der befreundeter Schützenvereine beim Frühstück in Schröders Hotel zu sitzen, war die 49-Jährige um diese Uhrzeit im Supermarkt um für das Pfingstwochenende einzukaufen. Und um 13.30 Uhr war die Lauenburgerin wieder zu Hause und nicht auf dem alten Markt in Schwarzenbek, wo normalerweise die Schützenvereine zum Umzug durch die Stadt angetreten wären. „Da war auch ein bisschen Wehmut dabei“, sagt Eschke. Dass sie und Ehemann Axel den Pfingstsonnabend doch noch in Gesellschaft befreundeter Schützen verbrachten, liegt an den von der Landesregierung erlassenen Lockerungen: „Eigentlich war nichts geplant, aber dann haben wir uns bei meiner Adjutantin Karin Prellwitz, Schützenkönigin des Jahres 2011, im Garten getroffen – natürlich mit reichlich Abstand“, freut sich Anja Eschke.

Königin bleibt weiteres Jahr im Amt

Für Prellwitz gab es ein kleines Geschenk mit Essensgutschein und Energieriegeln – schließlich muss sie die Königin noch ein weiteres Jahr im Amt begleiten. „Wir waren im Februar an jedem Wochenende unterwegs, um die Königsbälle der befreundeten Vereine zu besuchen – und dann kam Corona und der Shutdown des Vereinslebens“, so Eschke. Weil das Schwarzenbeker Schützenfest am Pfingstsonnabend traditionell eines der ersten im Jahr ist, hat sie bereits 2019 viele Schützenfeste als Königin besucht. Damit wollte sie jetzt eigentlich weitermachen und auch die Feste der Vereine im Nordkreis besuchen – denn seit dem vergangenen November ist Eschke auch Kreisschützenkönigin. Auch das ist nun aufs kommende Jahr verschoben.

Schießsport und Geselligkeit stehen für Eschke gleichermaßen im Mittelpunkt: „Man pflegt Freundschaften, lernt neue Leute kennen, klönt miteinander – das ist einfach schön.“ Eschke weiß aber auch, dass es wegen Uniform, Gewehr und an das Militär erinnernde Ritualen Vorbehalte gibt. „Wir wären die letzten, die jemand, der Spaß am Schießsport hat, zwingen würden, eine Uniform anzuziehen“, sagt die 49-Jährige, die auch stellvertretende Vorsitzende der Gilde ist. Sweat- oder T-Shirt sind beim Training üblich, geschossen wird unter strengen Auflagen. Das an eine Uniform erinnernde Sakko mit Rangabzeichen und Auszeichnungen wird nur zu besonderen Anlässen hervor geholt: „Beim Schützenfest gehört für mich die Uniform aber einfach dazu“, so Eschke.

Schon als Jugendliche im Schützenverein

Das Hobby wurde ihr quasi in die Wiege gelegt: „Ich habe die Umzüge der Schützen schon im Kinderwagen begleitet.“ Vater Alfred Lühr war schon als Jugendlicher in der Gilde aktiv, ebenso seine Tochter: 1994, zum 100-jährigen Bestehen der Gilde, war Eschke Jungschützenkönigin auf Orts- und Kreisebene. 2019 gelang ihr das Kunststück erneut: „Ich bin nach längerer Pause erst vor elf Jahren wieder aktiv geworden und hatte mir vorgenommen, wenn ich noch mal um die Königswürde schieße, dann zum 125-jährigen Jubiläum.“ Ihr persönliches Fazit fällt trotz Corona positiv aus: „Ich möchte dieses Königsjahr nicht missen. Alle Mitglieder haben sich für mich mitgefreut. Ich freue mich aber auch auf die Verlängerung und das nächste Jahr. Die Hauptsache ist: Wir sehen und alle gesund wieder.“

Obwohl das Training bereits seit dem 18. Mai wieder möglich gewesen wäre, geht es erst am heutigen Dienstag, 2. Juni, auf dem Schießstand an der Schützenallee wieder los: „Wir haben uns im Vorstand Zeit gelassen, zunächst ein Hygienekonzept geschrieben“, so Eschke. Das Schießtraining ist vorerst nur mit vorheriger Anmeldung möglich, es gibt Startzeiten und Teilnehmerlisten. Eingang und Ausgang sind räumlich getrennt. Geöffnet wird nur der Schießstand, die Gemeinschaftsräume bleiben geschlossen. „Geselligkeit ist in diesen Zeiten nicht gegeben. Das ist vor allem für die älteren Mitglieder ein großes Problem“, bedauert Eschke. Zumindest sportlich hofft die Gilde auf den Herbst: Das Mannschaftspokalschießen, das sonst im Vorfeld des Schützenfests für Vereine, Organisationen, Firmen und Behörden angeboten wird, könnte im Oktober nachgeholt werden. „Wir müssen abwarten, was machbar ist“, sagt Eschke.

Unesco erklärt Schützenwesen zum Kulturerbe

Im Dezember 2015 wurde von der deutschen Unesco-Kommission das Schützenwesen als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Es sei „vielerorts ein wichtiger, historisch gewachsener und lebendiger Teil der regionalen wie lokalen Identität“, so die Begründung. Der Brauch werde heute von Menschen jeden Alters und Geschlechts unabhängig von religiösem Bekenntnis, sexueller Orientierung, Herkunft oder auch Behinderung ausgeübt. Entstanden sind zahlreiche Schützenvereine bereits im Mittelalter zum Schutz der Gemeinden durch ihre Bürger.

www.unesco.de/kultur-und-natur

www.schuetzengilde-schwarzenbek.de