Schwarzenbek. Weniger Gläubige und weniger Pastoren zwingen die Nordkirche, neue Konzepte für die seelsorgerische Arbeit zu entwickeln.
Was die katholische Kirche mit ihrem von Büchen bis Bergedorf reichenden „pastoralen Raum“ vorgemacht hat, steht nun auch für die evangelische Kirche an: Weniger Pastoren und eine stetig sinkende Zahl von Gemeindemitgliedern zwingen die Nordkirche, zu der auch der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg gehört, künftig ortsübergreifend zusammenzuarbeiten.
Die Christen in Schwarzenbek, zu denen auch die Dörfer Grabau und Grove gehören, bilden künftig mit den Kirchengemeinden Basthorst, Kuddewörde, Sahms und Siebeneichen eine gemeinsame kirchliche Region mit rund 11.100 Gläubigen.
2,5 Pastorenstellen für 6300 Gemeindemitglieder
Wie das gehen soll, erfuhren die etwa 120 Besucher des Dankeschön-Gottesdienstes für die ehrenamtlichen Helfer der Kirchengemeinde am Sonntag im Kirchenzentrum St. Elisabeth. Bisher sind für die 6300 Gemeindemitglieder (2010: 7200) vier Pastoren auf drei Vollzeitstellen zuständig. Künftig werden es nur noch 2,5 Vollzeitstellen sein. Denn Thomas Kretzmann (65), der seit August 2018 eine halbe Stelle hatte, wird am Sonntag, 29. März, mit einem Festgottesdienst um 15 Uhr in der St.-Franziskus-Kirche an der Compestraße 1 in den Ruhestand verabschiedet.
Amtshandlungen als Chance für Kontakt
Und auch Sarah Stützinger, die sich ebenfalls seit 2018 auf einer halben Stelle für die Gemeinde engagierte, verlässt die Europastadt: Sie wird sich im Kirchenkreis gemeinsam mit ihren Lübecker Kollegin Inga Meißner konzeptionell um die Neugewinnung und Bindung von Kirchenmitglieder kümmern. „In den letzten Jahren sind die Zahlen derer, die ihr Kind taufen lassen, kirchlich heiraten oder sich kirchlich beerdigen lassen selbst unter Kirchenmitgliedern erschreckend zurückgegangen“, so Stützinger. Weil aber gerade diese Amtshandlungen auch eine große Chance für den Kontakt zwischen Kirche, Gemeindemitgliedern und Nichtmitgliedern bietet, sollen beide ein Konzept entwickeln, wie für diese Rituale mehr Aufmerksamkeit erreicht werden kann.
Die nun vakante Stelle in Schwarzenbek wird durch Gabriele Wilmer aufgefüllt: Die Pastorin aus Siebeneichen erhält eine Vollzeitstelle und kümmert sich je zur Hälfte um ihre alte Gemeinde und den Pfarrbezirk 2 in Schwarzenbek. Wer Gabriele Wilmer kennenlernen will: Ihren ersten Gottesdienst hält sie am Sonntag, 8. März, um 9.30 Uhr in der St.-Franziskus-Kirche.
„Dorfpastoren“ übernehmen Seniorenseelsorge und Kultur
Auch die Pastoren Egmont Rausch (Kuddewörde) und Katja Zornig (Sahms) übernehmen Aufgaben in der Europastadt. Während Rausch künftig die drei Seniorenheime der Stadt seelsorgerisch betreut, ist Zornig gemeinsam mit Kantor Markus Götze für das Kultur- und Musikprogramm zuständig. Caroline Boysen und Stefan Wilmer bleiben hingegen weiterhin ausschließlich für ihre Kirchengemeinden Basthorst und Siebeneichen zuständig. In Gesprächen mit den Kirchengemeinderäten und in Pastorenrunden soll nun ein Konzept für das Gemeindeleben der Zukunft erarbeitet werden.
600 Pastorenstellen bleiben unbesetzt
Warum sich Kirche ändern muss, macht Andreas Schöer deutlich: Neben dem Rückgang der Zahl der Gemeindemitglieder gibt es diesen auch bei Pastoren. „Von 1200 Pastoren der Nordkirche gehen 900 bis 2030 in den Ruhestand – aber nur 300 Stellen können wieder nachbesetzt werden.“
Diese Lücke soll über die verstärkte Zusammenarbeit in den Regionen geschlossen werden. Weil der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg viele junge Pastoren angestellt hat und deshalb vergleichsweise gut versorgt ist, gilt hier eine Art von Besetzungssperre: Durch Ruhestand oder Wechsel frei werdende Pastorenstellen werden nicht mehr automatisch nachbesetzt.