Basthorst. Basthorst. Beim Gefangenenchor als der Verdi-Oper „Nabucco“ standen Martina Rau und Krystyna Mitschke mit auf der Bühne.

Als sie vor dem Einlass in die Künstlergarderobe zur „Verdi-Gala“ auf Gut Basthorst wartet, ist Krystyna Mitschke noch ganz entspannt: „Ich habe schon öfter auf der Bühne gestanden, denn ich habe früher im Chor der Kirchwerder Landfrauen gesungen, vor allem Volkslieder“, erzählt die 72-jährige ehemalige Sozialpädagogin.

Statistenrolle im Gefangenenchor

Die Neuengammerin hatte bei der Verlosung unserer Zeitung nicht nur zwei Karten für die „Verdi-Gala“ auf Gut Basthorst gewonnen, sondern auch eine Statistenrolle. Gemeinsam mit der zweiten Gewinnerin Martina Rau (51) darf sie Sonntagabend als Statistin im berühmten Gefangenenchor aus der Oper „Nabucco“ die Aufführung von der Bühne aus erleben. „Ich habe Nabucco vor vier Jahren unter freiem Himmel in Verona erlebt. Es war einfach grandios“, erinnert sich Rau, die als kaufmännische Angestellte in Glinde arbeitet.

Nervosität vor dem Auftritt

Was soll bei dem Auftritt also schon schief gehen? Singen mussten beide ja nicht, dafür sind die professionellen Chormitglieder zuständig. Dann werden beide doch etwas nervös, denn Olga Kokoschkova, Requisiteurin des Ensembles der Festspieloper Prag und der Tschechischen Symphoniker Prag, empfängt die beiden erst spät in der Garderobe – ganze zwei Minuten vor Beginn der Aufführung.

Einkleiden in der Requisite

Ein großer Kleiderständer mit schweren Gewändern, Kisten mit Perücken und Schminkutensilien stehen dort parat. Im Konzertsaal haben längst die 450 Gäste Platz genommen. Die ersten Töne des Chores „Gloria all’ Egitto“ aus der Oper „Aida“ erklingen. „Keine Sorge, Sie sind erst am Schluss des ersten Teils der Gala dran, kurz vor der Pause“, sagt Kokoschkova und sucht in aller Ruhe nach den passenden Gewändern für die beiden Statistinnen. Krystyna Mitschke wird sogar noch eine Perücke angepasst: „Ich hatte noch nie schwarze, lange Haare,“ so die Neuengammerin.

„Jetzt sind wir gleich dran“

Derweil kommen die ersten Darsteller von der Bühne zurück, ziehen sich um und gehen dann zu ihrem nächsten Auftritt in den Saal. Es erklingt „Rataplàn“ aus der Oper „La forza del destino“ (Die Macht des Schicksals). „Jetzt sind wir gleich dran“, atmet Martina Rau noch einmal tief durch. Doch wo müssen sie entlang gehen und was auf der Bühne tun? Plötzlich steht ein hochgewachsener Darsteller aus dem Gefangenenchor in hellbraunen, schweren Gewand vor ihnen und erklärt freundlich: „Ich zeige Ihnen alles. Kommen sie mit mir, bleiben sie an meiner Seite und ich sage Ihnen, was Sie machen müssen.“

Mit Opernsängern auf die Bühne

Sekunden später stehen die Frauen aus Neuengamme und Glinde zwischen Opernsängerinnen und –sängern aus Prag auf der Bühne als würden sie schon immer zu dem Ensemble gehören. Es ertönt der ergreifende Chor „Va, pensiero, sull‘ ali dorate“ („Flieg, Gedanke, auf goldenen Schwingen“), mit dem Guiseppe Verdi auf einen Schlag als Komponist weltberühmt wurde.

„Mein Herz klopfte bis zum Hals“

Viele der Zuschauer summen oder singen mit, sie applaudieren lang. „Ich bin so ergriffen, mir fehlen die Worte, es war unbeschreiblich. Mein Herz klopfte bis zum Hals, ich dachte nur: Langsam ein- und ausatmen! Ich bin so dankbar, dass ich dabei sein durfte“, sagt Rau nach dem Auftritt. Krystyna Mitschke ging es genauso: „Ich werde das in meinem ganzen Leben nicht vergessen. Wir bedanken uns, dass wir diese Möglichkeit bekommen haben.“

Hörgenuss mit Prager Symphonikern

Martina Rau wurde dann von ihrem Mann Sven in Empfang genommen und Krystyna Mitschke von ihrer Schwester Brigitte Bovelet. Gemeinsam genossen sie den zweiten Teil der Gala – diesmal von den Zuschauerplätzen aus. Wegen des unbeständigen Wetters war die eigentlich als Open Air-Event geplante Gala in den umgebauten Kuhstall verlegt worden. Das Besondere: Die Symphoniker spielten ohne jegliche Verstärker – ein besonderer Hörgenuss.