Schwarzenbek/Mölln. Schwarzenbek. Ein gescheiterter Revolutionär ist die Hauptperson in Dr. William Boeharts erstem historischen Gesellschaftsroman.

Was macht ein Archivar im Ruhestand? Der gebürtige US-Amerikaner Dr. William Boehart, von 1982 bis 2012 Stadtarchivar in Schwarzenbek, hat ein Buch geschrieben: „Das Judaskreuz“ erscheint am 1. September im Hamburger Osburg Verlag. Es ist nicht das erste Buch des promovierten Historikers, aber sein erster Roman: Nach seiner Doktorarbeit über „Lessing und die deutsche Aufklärung“ folgten mehr als 100 Aufsätze, Broschüren und Bücher zu den Ortsgeschichten von Schwarzenbek, Geesthacht, Lauenburg und Wentorf.

Bislang schrieb Boehart nur Orts-Chroniken

Dabei handelt es sich jedoch vor allem um Orts-Chroniken, Fotobände und wissenschaftliche Abhandlungen – anders beim „Judaskreuz“: Dabei handelt es sich laut Boehart um einen „historischen Gesellschaftsroman“.

„Ich wollte schon immer einen Roman schreiben“, sagt der 71-Jährige. Der Wunsch entstand bereits während seiner Studentenzeit, lag während seiner Arbeit als Archivar „im Hinterstübchen“ – bis ihm Friedrich Sprewitz „begegnete“. Der Rechtsanwalt saß im Revolutionsjahr 1848 für die radikal-demokratischen Kräfte in der Frankfurter Paulskirche und starb 1883 als „Sonderling“ im Armenhaus von Mölln.

Erster historischer Gesellschaftsroman

„Nicht nur die Revolution ist damals gescheitert, sondern auch er“, sagt Boehart, der aber keine Biografie schreiben wollte. Stattdessen hat er rund um die reale Figur deine fiktive Geschichte entwickelt: „Ich habe ihm die Chance gegeben, noch einmal für das Gute zu kämpfen.“

Der Roman beginnt mit einem Mord: Im Oktober 1879 wird auf dem Sockel des halbfertigen Kriegerdenkmals am Möllner Marktplatz ein Toter gefunden, in dessen Rücken ein Dolch steckt. Der Hamburger Kriminalinspektor Jakob Hundt steht vor einem Rätsel: Fiel der Kaufmann seiner jüdischen Herkunft zum Opfer? Die Spur führt von Mölln nach Hamburg, wo der antisemitische Geheimbund „Judaskreuz“ versucht, den Bau eines Denkmals zu Ehren des Aufklärers Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) zu verhindern. Seine weiteren Ermittlungen führen Hundt zurück in die Revolutionsjahre und zu Sprewitz, der ebenfalls in Hamburg lebt.

Figuren sind erfunden – die Orte der Handlung nicht

„Die Figuren sind erfunden, aber die Orte nicht: Es gab tatsächlich ein Kriegerdenkmal auf dem Möllner Marktplatz, auf dem Gänsemarkt in Hamburg steht bis heute ein Lessing-Denkmal“, sagt Boehart, der betont, keinen Kriminalroman verfasst zu haben: „Es gibt viele Aspekte eines Krimis, aber es ist ein historischer Gesellschaftsroman.“

Denn der Roman spielt in Zeiten großer gesellschaftlicher Umwälzungen: Die Zeit der auch von Lessing geprägten Aufklärung weicht dem Nationalismus und Antisemitismus, der im Dritten Reich seinen Höhepunkt erreichte. „Ich wollte auf die zeitlose Fragestellung von Lessing hinaus: Was ist Humanität, wie lebt man Toleranz“, sagt Boehart, der über den Dichter und Aufklärer seiner Doktorarbeit geschrieben hat.

Dreieinhalb Jahre Arbeit an dem Buch

Mehr als dreieinhalb Jahre hat Boehart an dem Buch geschrieben. „Ich habe ganz langsam angefangen, war nicht sicher, ob ich es kann“, zollt er seine Lektorin beim Osburg-Verlag großen Dank. Sie habe ihm geholfen, Stimmungen erzählerische auszudrücken. „Die besten Kapitel sind die, die sich von selber schrieben – weil ich die Figuren entwickelt hatte und diese, wenn sie aufeinandertreffen, einfach nur miteinander agieren.“ Offen lässt Boehart, ob es eine Fortsetzung des Romans geben wird. Möglich sei dies schon, so der 71-Jährige, der zunächst die Resonanz auf sein Werk abwarten will.

Lesungen

„Das Judaskreuz“ hat 506 Seiten und erscheint im Osburg-Verlag. Im Rahmen des Kulturprogramms „Leben in der Region“ des Forums für Umwelt &Kultur geht Boehart auf Lesereise: Am Sonntag, 9. September, stellt er das Buch um 19 Uhr erstmals in der Osterwold-Halle, Elbstraße 145, in Lauenburg vor. Weitere Termine folgen am 15. September (Buch & Spiel, Geesthacht), 16. September (Amtsrichterhaus, Schwarzenbek), 20. September (Domrefektorium, Ratzeburg), 11. Oktober (Alte Schule, Wentorf), 7. November (Museum, Bergedorf) und 5. Dezember (Stadtbücherei, Geesthacht).