Schwarzenbek. Paukenschlag Ehemalige CDU-Fraktionschefin kehrt ihrer Partei nach zwölf Jahren den Rücken

    Vier Wochen nach der Kommunalwahl haben sich die Mehrheitsverhältnisse grundlegend verändert: CDU-Spitzenkandidatin Heike Wladow hat ihre Fraktion verlassen und ist der SPD beigetreten. Erinnerungen an die vergangene Wahlperiode werden dabei zwangsläufig wach. Durch zahlreiche Wechsel hatten sich damals die Mehrheitsverhältnisse zugunsten der CDU verschoben.

    Jetzt geht es mit veränderten Vorzeichen wieder los: Mit dem Wechsel von der CDU zur SPD sind die Sozialdemokraten mit nun neun Sitzen in der Stadtvertretung stärkste politische Kraft vor den Christdemokraten (acht Sitze) geworden. „Wir freuen uns sehr über die Entscheidung von Heike Wladow. Damit haben wir nicht gerechnet. Jetzt müssen wir neu über die Verteilung der Posten beraten“, sagt SPD-Fraktionschef Maik Picker. Denn nun hat die SPD den ersten Zugriff auf die Ausschüsse, und vor allem kann sie einen Kandidaten für den Bürgervorsteher vorschlagen. „Mit dieser Frage müssen wir uns neu auseinandersetzen. Das werden wir am Montag bei einer Fraktionssitzung machen“, so Picker. Damit könnte der bisherige Bürgervorsteher Rüdiger Jekubik weiter im Amt bleiben.

    Laut Picker habe Heike Wladow ihn und die SPD-Parteivorsitzende Sigrid Binder vor einer Woche um ein Gespräch gebeten. „Wir dachten, es ginge um eine Abstimmung mit der CDU über die Postenverteilung. Als sie uns mit dem Wechselwunsch konfrontierte, waren wir überrascht. Es war aber unstrittig in der Fraktion, dass wir diesem Wunsch gerne nachkommen“, sagt der Sozialdemokrat.

    Offenbar brodelte es seit Kurzem in der CDU. Noch am Wahlabend zeigte sich die 63-Jährige euphorisch hinsichtlich des Erfolgs – die CDU hatte um fünf Prozentpunkte auf 30,5 Prozent zugelegt. Das änderte sich jedoch schnell: „Ich habe in den Tagen seit der Kommunalwahl leider erkennen müssen, dass Frauen bei einigen Männern auch heute noch – 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts – keinen gleichwertigen Status haben. Die Ereignisse der letzten Wochen brachten außerdem auch einen massiven Eingriff in mein Privatleben mit sich. Als Frau kann ich diese Handlungsweise auf keinen Fall akzeptieren“, teilte die Politikerin in einer schriftlichen Stellungnahme mit.

    Gegenüber unserer Zeitung wurde Wladow dann konkreter: Während sie am Wahlabend des 6. Mai die Auszählung der Ergebnisse im Festsaal des Rathauses verfolgte, hatten weitere Fraktionsmitglieder den Wahlsieg auf einer Grillparty gefeiert. Als Wladow mit weiteren Faktionsmitglieder hinzustieß, wurde Roman Larisch bereits als neuer Bürgervorsteher begrüßt.

    Für Fraktionschefin Wladow ein klarer Affront: Die Postenverteilung wollte sie erst auf einer späteren Fraktionssitzung besprechen. Auf dieser teilte sie dann mit, dass sie nicht mehr als Fraktionsvorsitzende kandidieren wird, aber gern für das Amt der Bürgervorsteherin antreten würde. Vom neuen Fraktionschef Gerd Moldenhauer sei ihr jedoch mitgeteilt worden, dass es innerhalb der Fraktion für sie keine Mehrheit gebe.

    Als Grund wurde ihr Ehemann, der Arzt Dr. Entscho Wladow genannt: Der hatte sich bei der Nominierung der CDU-Kandidaten für eine Verjüngung der Partei eingesetzt und war mit Moldenhauer in Streit geraten – was schließlich sogar zum Ausschluss des bürgerlichen Mitglieds aus der Fraktion führte: „Meine Frau hat sich in dieser Auseinandersetzung – zu meinem Bedauern – völlig neutral verhalten“, sagt Entscho Wladow.

    Für Heike Wladow, die 2014 im Bürgermeisterwahlkampf ohne allzu große Unterstützung ihrer Partei für die CDU angetreten ist, war dies ein weiterer Mosaikstein: „Ich fühle mich nicht wertgeschätzt“, sagt Wladow. In die CDU war sie vor zwölf Jahren eingetreten. Als Stellvertreterin und Fraktionschefin stand sie seither an der Spitze der Partei in Schwarzenbek.

    Von der CDU selbst war keine Stellungnahme zu bekommen. „Das macht der Fraktionschef Gerhard Moldenhauer“, sagte Schwarzenbeks CDU-Vorsitzender Hans-Heino Meier auf Anfrage. Bis Redaktionsschluss gab es Freitag kein offizielles Statement, dafür aber ein inoffizielles: „Für uns ist das großer Mist“, so ein Christdemokrat. Auf der Fraktionssitzung am 4. Juni wollen sich die Christdemokraten mit der veränderten Situation auseinandersetzen.

    Politiker kleinerer Parteien wie Bernhard Böttel (FWS) und Matthias Schirmacher hatten sich bereits gewundert, dass im Vorfeld der konstituierenden Sitzung der Stadtvertreter (11. Juni) keine der beiden großen Parteien zu Gesprächen auf sie zugekommen seien. Angesichts dieses politischen Erdbebens ist der Grund dafür klar.