Schwarzenbek. Schwarzenbek. Hans Behrendt hat die Kirche verglast, die Boxsparte gegründet und die Europa-Arbeit begleitet. Jetzt wird er 100.
„Das Herz eines Boxers kennt nur eine Liebe, den Kampf und den Sieg ganz allein.“ Dieses Lied sang Schwergewichtsweltmeister Max Schmeling 1930 nach seinem ersten Titelgewinn. „Schmeling war mein Idol. Er hat meine Leidenschaft für das Boxen geweckt“, erinnert sich Hans Behrendt an die Radioübertragungen von Schmelings Kämpfen vor 88 Jahren.
Glückwünsche vom Bundespräsidenten
Der pensionierte Glasermeister und Begründer der Box-Sparte im TSV Schwarzenbek wird heute 100 Jahre alt. Gestern kam bereits ein Gratulationsschreiben von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, heute feiert Behrendt, der sich mit Yoga fit hält, seinen Geburtstag in „kleiner Runde“ unter anderem mit Verwandten aus Australien und seinen beiden Töchtern Inge (68) und Elke (74). Morgen steigt dann eine „große Sause“ in Schröders Hotel mit Jazz-Legende „Abbi“ Hübner und Sänger und Platt-Schnacker Jochen Wiegandt.
Nachkriegsgeschichte mitgestaltet
Behrendt hat die Nachkriegsgeschichte in Schwarzenbek mitgestaltet wie kaum ein anderer. 1918 in Wesenberg (Mecklenburg-Vorpommern) geboren, lernte er nach der Schule Hotelkaufmann in Neustrelitz. Dann sollte er aber die elterliche Glaserei und den Malerbetrieb in dritter Generation übernehmen. Der Zweite Weltkrieg verhinderte das. Behrendt kam als Soldat nach Griechenland und später an die Ostfront in Russland. Mit schweren Kopf- und Handverletzungen kehrte er Heim und geriet im Mai 1945 in Kriegsgefangenschaft (siehe Kasten).
Glaserei über altem Eiskeller
Er wurde wenig später entlassen und machte sich zu Fuß auf nach Hamburg und weiter nach Lübeck, um seine Schwester zu suchen. In der Travestadt meldete er sich bei der Glaser-Innung und bekam eine Lehrstelle in Schwarzenbek bei dem Glaser und Fotografen Martens vermittelt. Wenig später machte er sich gemeinsam mit Kurt Köhler selbstständig. Sie erwarben das Grundstück an der Ecke Uhlenhorst/Schmiedestraße von der Hamburger Holstenbrauerei, die ihren dortigen Eiskeller aufgab, weil in den Gaststätten mittlerweile die elektrische Kühlung Einzug gehalten hatte.
Haus-Glaser der Bismarcks
„Unsere Spezialität war Bleiverglasung. Deshalb bekam ich auch den Auftrag, die Fenster der St.-Franziskus-Kirche zu erneuern. Sie waren im Krieg zerstört worden. Wir wurden auch ,Haus-Glaser’ der Bismarcks und haben unter anderem das Mausoleum des ,eisernen Kanzlers’ neu verglast“, erinnert sich Behrendt, der sein Geschäft allein weiterführte: Köhler war bei Arbeiten an Kirchenfenstern in Hamburg abgestürzt und verstorben.
Mitglied in 23 Vereinen
Neben dem erfolgreichen Geschäft – später mit drei Gesellen und zwei Verkäuferinnen, die Bilderrahmen veräußerten – gehört die Leidenschaft von Hans Behrendt dem Sport. Schon vor dem Krieg hatte er in Wesenberg Fußballmannschaften trainiert und war leidenschaftlicher Turner. In Schwarzenbek trat er vor mehr als 70 Jahren dem TSV und der Schützengilde bei, war aber nie Schützenkönig: „Dafür hatte ich kein Geld. Ein Königsjahr ist teuer.“ Insgesamt ist der Jubilar Mitglied in 23 Vereinen – in Schwarzenbek, Güster, wo er ein Ferienhaus besitzt, sowie seiner Geburtsstadt Wesenberg.
Trainer von Schmeling kommt nach Schwarzenbek
Sein größter Verdienst im Sport war die Gründung der Boxsparte, die überregional erfolgreich war. „Unsere Boxer traten in Skandinavien und England an. Wir hatten viele Boxer aus anderen Ländern zu Gast. Geboxt wurde in der Turnhalle des ehemaligen Gymnasiums“, sagt der Schwarzenbeker. Als Trainer gewann er den Ex-Profi Willi Höppner sowie Artur Bülow, den Trainer und Manager von Max Schmeling. Die beiden brachten die gut 20 Schwarzenbeker Boxer zu überregionalen Erfolgen. Behrendt war wegen seiner Kriegsverletzung an der Hand nur ab und zu beim Training dabei.
Das Herz schlägt für Europa
Seine weitere große Leidenschaft galt der Europa-Arbeit. Schon zu Beginn der Verbrüderung 1961 war Hans Behrendt an der Seite von Bürgermeister Hans Koch mit dabei. „Ich habe alle wichtigen Reden auf Tonband und an allen Reisen teilgenommen. Die Bänder werde ich der Stadt vererben“, sagt Behrendt.