Schwarzenbek. Schwarzenbek. Weil gleich vier Hausärzte in Büsum keine Nachfolger fanden, übernahm die Gemeinde die Praxen – das Büsumer Modell.

Die Studienplätze für Medizin sind nach wie vor heiß begehrt und restlos ausgelastet. Und doch fehlen gleichzeitig bundesweit mindestens 2737 Hausärzte – mit steigender Tendenz. Das liege vor allem an den Lebensentwürfen und Ansprüchen der jungen Mediziner, sagt Hans-Jürgen Lütje. Statt irgendwo auf dem Land viel Geld für die Übernahme einer Landarztpraxis auszugeben und sich selbstständig zu machen, blieben sie lieber in den Städten, arbeiteten in Praxisgemeinschaften. Der Büsumer Bürgermeister Lütje hat für seine Gemeinde eine Lösung gefunden: ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in gemeindlicher Hand.

Ärztemangel auf dem Lande

„Wir hatten im Jahr 2014 ein Problem: Unsere fünf Hausärzte hatten die 60 Jahre bereits überschritten, fanden für ihre Praxen aber keine Nachfolger“, berichtete Lütje, der auf Einladung der CDU nach Schwarzenbek gekommen war. „Ich habe keine Berührungsängste, habe darüber auch schon vor der SPD referiert“, erklärte der Verwaltungschef, der 20 Jahre Fraktionschef der Freien Wähler in der Nordseegemeinde in Dithmarschen war. Ein weiterer Grund für seinen Abstecher in die Europastadt: Lütje ist ein Cousin von CDU-Kreistagskandidat Egon Siepert.

Gemeinde betreibt das Ärztezentrum

Trotz knapper Kassen kaufte die Gemeinde Büsum das Gebäude, in dem vier der fünf Ärzte ihre Einzelpraxen hatten und baute es um: Insgesamt wurden 3,6 Millionen Euro investiert. Anschließend vermietete die Gemeinde es an eine neugegründete gemeinnützige GmbH, die das Ärztezentrum betreibt und die neuen, angestellten Ärzte beschäftig. Statt einer 50- bis 60-Stundenwoche, wie zuvor ihre freiberuflichen Kollegen, haben die Büsumer Mediziner nun geregelte Arbeitszeiten, es gibt eine Vertretungsregelung und den „lästigen Papierkram“ übernimmt die gGmbH und schrieb im vergangenen Jahr erstmals „schwarze“ Zahlen.

Bedarfsplanung hinkt Zahlen hinterher

Für Markus Knöfler, Chef des Praxisnetz Herzogtum Lauenburg, einem Zusammenschluss von 140 Ärzten, könne dies jedoch nur die „Ultima Ratio“ sein: „Der Weg muss sein, die Praxen in der Freiberuflichkeit zu halten.“ Im Kreis habe man eine andere Situation als in Büsum, hier gelinge die Nachbesetzung von Arztstellen noch – wenn auch unter großen Anstrengungen. Das Problem für Knöfler ist die Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV): „Der Kreis hat den höchsten Zuzug alter Menschen im Land.“ Die KV schaffe es aber bei ihrer Bedarfsplanung weder bei den Senioren, noch beim generellen Bevölkerungszuwachs im Südkreis nachzuziehen, so Knöfler.