Schwarzenbek. boom Das Überangebot an Nahrung und die Bebauung von Feldern und Wiesen sorgen für Konflikte

„Früher nahmen Wildschweine vor den Menschen Reißaus, heute haben sie ihre Scheu verloren“, sagt Ute Olsson-Wollner aus Müssen, Stellvertreterin des Kreisjäger-Meisters und Beisitzerin im Vorstand der Kreisjägerschaft. Nicht nur in Heide, wo zwei Wildschweine am vergangenen Freitag die Innenstadt in Atem hielten, sondern auch in der Europastadt sind die „Schwarzkittel“ aktiv.

Aktuell stehen die Wildschweine immer wieder an der B 404 kurz vor der scharfen Kurve in den Zubringer Nord auf dem Grünstreifen. Sie wagten sich aber auch schon bis in die Bismarckstraße vor. „Dort war immer ihr Lebensraum. Dass dort jetzt Menschen ihre Häuser gebaut haben, daran müssen sich die Wildschweine noch gewöhnen“, sagt Olsson-Wollner. Der Wohnpark Sachsenwald sowie die Neubaugebiete Im Strange Nord und Süd, aber auch die Peerkoppel waren früher Felder und Koppeln, auf denen niemand die Tiere störte.

Um die Wildschweine nicht zusätzlich anzulocken, empfiehlt die Jägerin auf keinen Fall Essenreste auf dem heimischen Komposthaufen zu entsorgen oder sie gar zu füttern. Kommt es zu einer unerwarteten Begegnung, empfiehlt Olsson-Wollner laut zu singen oder zu pfeifen, das Tier aber keinesfalls in die Enge zu treiben. Gefährlich wird es, wenn das Tier verletzt ist oder es sich um eine Bache (weibliches Tier) handelt, die mit Frischlingen unterwegs ist.

Früher wurden die Jungtiere nur im Januar/Februar geboren, heute als Folge der milden Winter und des reichlichen Nahrungsangebots jedoch das ganze Jahr über. Die jährliche Abschussliste („Strecke“) der Kreisjägerschaft ist ein wichtiges Indiz für die Berechnung der Population: Wurden in der Saison 2013/14 im Kreisgebiet „nur“ 2749 Wildschweine geschossen, waren es 2015/16 bereits 4360 Tiere. Ihre tatsächliche Zahl liegt um ein Vielfaches höher.

Beim „Hubertusgespräch“ der Kreisjägerschaft im April diesen Jahres auf Gut Segrahn hatte Wildbiologe Niels Hahn aus Baden-Württemberg den Jägern ein weniger „waidmännisches“ Verhalten empfohlen, um die Population in den Griff zu bekommen. Er empfahl vor allem „reproduktionsfähige Bachen“ zu Schießen, deren Anteil an der Strecke bisher nur bei knapp acht Prozent liegt. Außerdem auch den Einsatz von Nachtsichtgeräten.