chwarzenbek. Schwarzenbek. Ob Langobarden, Bismarck oder der Henker: Hinter Schwarzenbeks Straßennamen verbergen sich spannende Geschichten.

S Wenn sie glauben, dass in der Sesamstraße Ernie und Bert wohnen und die Pflasterstraße ihren Namen wegen ihres Kopfsteinpflasters erhalten hat, dann sollten sie den Vortrag von Gisela Berger besuchen. Am Sonnabend, 23. Januar, berichtet die Ur-Schwarzenbekerin auf Einladung des Heimatbund und Geschichtsvereins um 15 Uhr in Schröders Hotel, Compestraße 6, über die Entstehung der Straßennamen.

Erinnerungen an doppelten Nobelpreisträger

„Die Straßennamen erzählen Geschichten aus unserer Stadt“, sagt Gisela Berger. Während man den Namensgeber der „Linus-Pauling-Straße“ im Wohnpark Sachsenwald noch leicht googeln kann – der US-Chemiker (1901- 1994) erhielt 1954 den Chemie- und 1963 den Friedensnobelpreis – ist dies bei anderen Namensgebern schwierig. „Eine Bekannte hat mich mal nach der Seestern-Pauly-Straße gefragt: Seestern sei klar, aber was bedeutet Pauly“, erinnert sich Berge und klärt auf: „Gemeint ist nicht das Meereslebewesen, sondern der Amtmann Friedrich Seestern-Pauly.“

Berger recherchierte für ihren Vortrag in alten Ortschroniken und besuchte das Stadtarchiv. In ihrem Vortrag geht sie neben alten Straßennamen wie Uhlenhorst oder Großer Schmiedekamp auch auf Namen ein, die erst später entstanden sind.

Der Langobardenweg ist zwar nicht die älteste Straße der Stadt, hat aber den ältesten Bezug: Der Name der von der Uhlenhorst abzweigenden Stichstraße weist auf die früheren Bewohner der Region hin und soll an den elbgermanischen Stamm der Langobarden erinnern. Im 6. Jahrhundert eroberten sie große Teile Italiens, wo die Bezeichnung Lombardei noch an sie erinnert. Der Heimatforscher Werner Urban konnte im Bereich des Schwarzenbeker Langobardenweges Siedlungsreste des Volksstammes feststellen. Diese hatten dort Erz verhüttet, das sich als „Rasenerz“ in den obersten Bodenschichten angereichert hatte.

An den ehemaligen Reichskanzler Otto von Bismarck (1815 - 1898) erinnert die Bismarckstraße. Er hätte nach seiner Demission als Reichskanzler beinahe seinen Wohnsitz in Schwarzenbek genommen. Weil sich aber in dem aufstrebenden Ort, der damals als das „Gartendorf des Sachsenwaldes“ galt, kein geeignetes Haus fand, zog er in das Jagdschloss in Friedrichsruh. Schwarzenbek besuchte er oft, um in Schröders Hotel oder dem „Deutschen Haus“ (später: Kaiserhof) zu speisen. An- und Abreise erfolgte über die Straße, die heute seinen Namen trägt. An einen bedeutenden Schwarzenbeker erinnert die Seestern-Pauly-Straße. Als Nachfolger des ersten Amtmannes Friedrich-Wilhelm Compe (Compestraße) gründete Friedrich Seestern-Pauly (1789-1866) unter anderem die Schwarzenbeker Verbands-Sparkasse (1829), die erste Apotheke (1836) und ließ Hamburger und Lauenburger Straße erbauen (1835-1837). Anlässlich des 125-jährigen Bestehens der Sparkasse, die später in der Kreissparkasse aufging, wurde 1954 die Alte Bahnhofstraße in Seestern-Pauly-Straße umbenannt. Den Beinamen „Seestern“ erhielt Pauly – wie alle seine Brüder – nach dem bedeutendsten Schiff seines Vaters, des Kaufmanns und Gutsbesitzer Georg Christian Pauly.

Nicht das Kopfsteinpflaster, sondern echte Wundverbände gaben der Pflasterstraße ihren Namen. An deren Ende wohnte früher der Scharfrichter. Wenn er nicht gerade Menschen hinrichten musste, behandelte er die übrigen und versorgte sie mit medizinischen Wundverbänden, unter anderem mit Teer gefüllten Pflastern um Eiterbeulen zu behandeln. Und dann gab es noch die Dr.-Brucklacher-Straße: So hieß von 2008 bis 2009 die Buschkoppel. Zum 100-jährigen Bestehen der Firma LMT Fette hatte die Stadt die Straße nach dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden benannt. Dumm: Nach dem Jubiläum zerstritten sich die Eigentümerfamilien Brucklacher und Bengel und teilten das Unternehmen auf. LMT gehört seitdem den Bengels.