Schwarzenbek
(cus).
In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg waren deutsche Reisende im Rest Europas alles andere als willkommen. Entsprechend mulmig war den Teilnehmer der Fahrt nach Aubenas im Jahr 1956 zu Mute. Erst ein Jahr zuvor hatten die Bürgermeister aus Schwarzenbek, Aubenas, Sierre und Zelzate bei einem Festakt in Schwarzenbek die Verbrüderungspartnerschaft beschlossen.
Im französischen Aubenas wurde gerade das Heimatfest gefeiert, als der Bus mitten im Festumzug eintraf. "Beifall mit südländischem Temperament brandete den Schwarzenbekern entgegen, die nun als deutsche Freunde in ihrer Verbrüderungsstadt Einzug hielten", zitierte Stadtarchivarin Dr. Anke Mührenberg aus den Erinnerungen von Schwarzenbeks Bürgermeister Hans Koch (1909-1993). Nach dem Erfolg ihres Vortrags zum Kriegsende in Schwarzenbek mit mehr als 80 Besuchern waren diesmal nur 20 Gäste ins Amtsrichterhaus gekommen. Dabei ist die Zeit der 1950er- und 60er-Jahre nicht minder spannend: "In der Wochenzeitung 'Die Zeit' oder im 'Spiegel' gab es Artikel, die Wochenschau berichtete: Schwarzenbek war wirklich in aller Munde", so Mührenberg.
Aus der Verbrüderungsarbeit, der sich 1960 auch Delfzijl (Niederlande) und Cesenatico (Italien) anschlossen, entstanden persönliche Freundschaften. Bei den jährlichen Besuchen, die ab 1960 reihum im zweijährigen Rhythmus abgestattet werden, war jeweils die ganze Stadt auf den Beinen. Während die Bürger gemeinsam feierten, besichtigten die Bürgermeister und Politiker Altenheime und Kindergärten, Kläranlagen und Krankenhäuser. In der Wiederaufbauphase nach dem Krieg sind alle interessiert daran, zu wissen, wie es die Partner machen.
Auch der Wohnungsbau ist ein Thema: Als 1967 das Neubaugebiet Nordost entsteht, werden Straßen und Parks nach den Partnerstädten benannt. Das handhaben die Partner genauso: In Aubenas gibt es eine "Avenue de Schwarzenbek" und in Zelzate eine "Schwarzenbeklaan", gleich neben der "Verbroederingslaan".
1961 wird Schwarzenbek für seine Bemühungen um ein friedliches und vereintes Europa mit dem "Europapreis" des "Rates der Gemeinden Europas" ausgezeichnet und darf sich seither Europastadt nennen. Das gilt auch für die Partnerstädte: 1963 erhielt Aubenas den Europapreis, es folgten Sierre (1970), Zelzate und Cesenatico (1972) und zuletzt Delfzijl (1992), das 2007 aus der Verbrüderung ausstieg.
* Am Freitag, 10. Juli, wird im Amtsrichterhaus am Körnerplatz 10 eine große Ausstellung mit historischen Fotos der Städtepartnerschaft eröffnet. Die 60. Jahrestag der Verbrüderung wird am letzten Augustwochenende in Schwarzenbek gefeiert.
"Wir sind überzeugt, dass der größte Irrtum der Menschen darin besteht, weiter in sich den Gedanken leben zu lassen: Es hat immer Kriege gegeben und es werden wieder Kriege kommen. Wir müssen den Gedanken der Unabwendbarkeit des Krieges im Herzen des Mannes aus dem Volke ersticken." Jozef Chalmet, Bürgermeister von Zelzate