Werner Urban Ex-Lehrer bangt um Erhalt der Urnengräber
Als kleiner Junge buddelte Werner Urban auf dem Hof am Wohnhaus seiner Eltern in der Erde herum und fand einen scharfkantigen, länglichen Stein. "Damit schnitzte ich die Heringe für mein Zelt", erinnerte sich der 88-Jährige. Als er später den Stein wieder einmal benutzen wollte, war er weg. Urban fand ihn nie wieder. Später, in der sechsten Klasse, erfuhr er im Unterricht über das Thema Frühgeschichte, dass es sich bei dem Stein wohl um ein Beil aus der Steinzeit gehandelt haben muss. "Der Stein auf der Abbildung, die der Lehrer hatte, sah so aus wie mein Stein", erinnert er sich.
Die Neugier nach solch interessanten Dingen wie einem Steinbeil war für immer geweckt. Nach Zeugen früherer Jahrtausende aus Stein, Ton, Bronze oder Eisen zu suchen, sie akribisch auszugraben, zu sichern und zu bestimmen - das lässt Werner Urban seit 60 Jahren nicht mehr los.
Wenn irgendwo in Schwarzenbek in neuen Baugebieten die Bagger anrollten, stand er daneben und hielt die Augen offen. So war es auch Mitte 1962 an der Berliner Straße. Dort sollte die Realschule gebaut werden, und der Baggerfahrer machte sich an die Arbeit. Kaum hatte er den Mutterboden weggeschoben, entdeckte Urban dort unglasierte Scherben von Gefäßen und Leichenbrand. Dazwischen lagen immer wieder rätselhafte Steinpflaster. Pech für den Baggerfahrer - Urban stoppte ihn, und er machte seine Arbeiten an einer anderen Stelle weiter. "Ich informierte sofort das Landesamt für Ur- und Frühgeschichte", erzählt er. Urban wurde gebeten, die Funde zu bergen. Er besorgte sich eine Karte des Geländes, grub die Urnen fachgerecht aus, hielt die Arbeiten in Zeichnungen fest, fotografierte alles und trug die einzelnen Funde in die Karte ein. Später wurde dann auch ein Grabungstrupp des Landesamtes eingesetzt und führte zusammen mit Urban die Arbeiten fort, um die Funde aus der Bronzezeit für das Landesamt zu sichern.
1965 wurde die Realschule eingeweiht, und Werner Urban wurde dort Konrektor. Die Schule war zwar fertig, aber für die Gestaltung der Innenhöfe fehlte das Geld. "Da an dieser Stelle besonders viele Urnen und Steinpflaster waren, erklärte ich mich bereit, in den Innenhöfen zwei Urnenschnitte und das Pflaster zur Anschauung aufzubauen", erinnert sich der Lehrer. Von den Original-Urnen stellte er Gipsabdrücke her, füllte sie mit Beton und bemalte sie mit Zementfarben. In dem Innenhof sind auch einige Schalensteine sowie Mal- und Mühlsteine zu sehen, die aus vor- und frühgeschichtlichen Siedlungen im Lauenburgischen stammen. Viele Interessierte schauten sich das durch die Fenster des Atriums an.
Für diese ehrenamtliche Arbeit und seine 60-jährige Mitgliedschaft im Heimatbund und Geschichtsverein zeichnete der Kreisvorsitzende Wolf-Rüdiger Busch den 88-Jährigen jetzt aus. Doch Urbans Engagement ist noch lange nicht zu Ende: Seit fünf Jahren sorgt er sich um den Bestand des Urnenfriedhofs der leer stehenden Realschule. Noch ist nicht endgültig geklärt, ob die Gebäude verkauft und abgerissen oder zu einem Bildungszentrum umgebaut werden.
"Bildungszentrum hört sich nicht schlecht an", findet der Heimatforscher. Seitdem er jedoch von dem Plan hörte, die Gräber offener zu präsentieren, schrillen bei ihm die Alarmglocken. "Das geht nicht. Wenn die trennenden Scheiben des Atriums verschwinden, kann jeder hineingehen, und das vertragen die empfindlichen Steinsetzungen nicht", bangt er und appelliert an die Politiker und die Verwaltung, die Zeitzeugen der Bronzezeit zu erhalten.