Schwarzenbek. Die Europastadt soll das Siegel „Fair Trade Stadt“ erhalten. Neben der Unterstützung wichtiger öffenlicher Einrichtungen sind für die Zertifizierung auch vier Verkaufsstellen von fair gehandelten Produkten, Fortbildungen und öffentlichkeitswirksame Aktionen notwendig.
In diesem Jahr soll es endlich soweit sein. Schwarzenbek soll das Siegel „Fair Trade Stadt“ erhalten. „Wenn alles gut läuft könnte das schon im Sommer etwas werden“, sagt Melf Johannsen, der das Vorhaben als Vertreter der Jugendvertretung des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg und des Kinder- und des Jugendbeirats Schwarzenbek (SKJB) initiiert hatte.
Viel fehlt nicht mehr, um das Projekt umzusetzen „Wir haben die Grund- und Regionalschule Schwarzenbek Nordost mit ins Boot geholt“, sagt Melf Johannsen. Die Grund- und Gemeinschaftsschule Schwarzenbek hatte sich zuvor dagegen entschieden, bei dem Vorhaben mitzumachen. Auch das Rathaus will die Vorgaben des Siegels erfüllen und bald nur noch Fair gehandelten Kaffee und ein weiteres Produkt aus fairem Handel anbieten. „Ich finde es steht der Stadt gut an, wenn sie dabei ist, denn sie hat ja auch eine gewisse Vorbildfunktion“, so Hans-Jürgen Stribrny vom Fachbereich Bürgerservice und Soziales.
Die Steuerungsgruppe, bestehend aus Vertretern der Kirchenkreisjugend, des SKJB, der beteiligten Schule, der Wirtschaftlichen Vereinigung und des Kirchengemeinderates, muss sich nun noch darum kümmern, zwei Gaststätten zu finden, die fair gehandelte Produkte anbieten wollen. Außerdem müssen solche Produkte in mindestens vier Einzelhandelsgeschäften der Stadt zu finden sein.
„Die gibt es ja schon in vielen Läden, da müssen wir eigentlich nur noch eine Liste zusammenstellen“, sagt Melf Johannsen. Allerdings: Der Fairtrade-Laden im Gemeindehaus der Evangelischen Kirche am Markt 3, ebenfalls eine Voraussetzung für das Siegel, gibt es nicht mehr. Die ehrenamtlichen Gemeindemitglieder haben schon vor Jahren aufgegeben, nachdem immer mehr Discounter die Produkte anbieten.
Auch Fortbildungen zum Thema Nachhaltigkeit müssen in Institutionen einer mit „Fair Trade“ zertifizierten Stadt angeboten werden. Eine weitere Vorgabe von Fairtrade Towns, der Institution die das Siegel vergibt: die örtlichen Medien sollen über die Aktivitäten mit mindestens vier Artikeln im Jahr berichten. Dass man das den Medien nicht vorschreiben kann, weiß auch Julia Holl von Fairtrade Towns. „Es geht uns bei dieser Vorgabe darum, dass die Steuerungsgruppe öffentlichkeitswirksame Aktionen startet“, so Holl. So solle der Gedanke, fair gehandelte Produkte zu kaufen in die unterschiedlichsten Bereiche der Stadt gestreut werden.
Während ihrer Vorhabenwoche haben sich im vergangenen Jahr auch Schüler der zehnten Klassen der Grund- und Gemeinschaftsschule mit dem fairen Handel beschäftigt. Nachdem sie sich über die Grundlagen der Kampagne informiert hatten, schwärmten sie aus, begutachteten das Angebot der Supermärkte, Discounter und sonstiger Geschäfte und befragten Kunden.
Das Fazit des von den Schülern Johann Ziehl und Sanja Oestreich für die Schülerzeitung Media Paper verfassten Berichts lautet: „Wir finden, man sollte die wenigen Produkte, die fair gehandelt werden, kaufen, um somit den Landwirten ein halbwegs gerechtes und lebenswertes Leben zu ermöglichen.“ Damit waren sich die Schüler mit den von ihnen befragten Passanten weitgehend einig: Allerdings waren den meisten der Befragten die Preise zu hoch.
Die Ursprünge
1946 gründeten kirchliche Gruppe in den USA erste Fairtrade-Organisationen. Weltweite Bedeutung erlangte die Bewegung jedoch erst Ende des vergangenen Jahrhunderts: 1992 nimmt der Verein TransFair in Deutschland seine Arbeit auf. 2002 wird das noch heute gültige Fairtrade-Logo eingeführt. Saarbrücken wird erste deutsche Fairtrade-Stadt.
Seit Januar 2009 können Kommunen in Deutschland ein Zeichen für fairen Handel setzen und sich als Stadt, Kreis oder Gemeinde um den Titel „Fairtrade-Town“ bewerben. Als 135. Stadt hat Bochum am 22. Januar die an die Verleihung geknüpften Voraussetzungen erfüllt. Im Norden sind bereits Hamburg, Lübeck, Lüneburg, Buxtehude, Eckernförde und deren Nachbargemeinde Neudorf-Bornstein Fairtrade-Städte geworden. Norderstedt und Eutin sind mitten im Bewerbungsverfahren und warten auf die Anerkennung. Weltweit gibt es derzeit 1100 Fairtrade-Städte