Schwarzenbek (ae). “Das soll ein Führerschein sein?“ Ratlos zucken die beiden französischen Polizisten mit den Schultern und wenden das mausgraue deutsche Dokument misstrauisch in ihren Händen. Dann lachen sie sich über das fast 30 Jahre alte Bild kaputt.
Diese Erfahrung hat Redakteur Stefan Huhndorf im März im Frankreichurlaub gemacht, als er unverschuldet in einen Unfall verwickelt war.
Sicher, schön ist er nicht und im Laufe der Jahre vielleicht auch schon etwas unansehnlich geworden. Auch das Foto weckt eher nostalgische Erinnerungen, als dass es dem Führerscheininhaber ähnelt: Trotzdem ist er nach wie vor gültig. Der graue Führerschein, wie er bis 1985 noch in Deutschland ausgestellt wurde, wird von vielen Besitzern gehütet wie ein Schatz.
Mittlerweile ist dieses Fabrikat aber ein Auslaufmodell und in vielen europäischen Ländern nicht mehr bekannt. Es kann nach Auskunft der Führerscheinstelle in Lanken allerdings schon mal problematisch im Ausland werden, wenn die Polizisten das Dokument nicht akzeptieren, weil sie es nicht kennen. Dennoch hat der "graue Lappen", ebenso wie die rosafarbene EG-Version, die von1986 bis 1998 ausgestellt wurde, nach wie vor Gültigkeit.
Wer auf Nummer sicher gehen will und sich unnötige Zeitverzögerungen bei Straßenkontrollen im europäischen Ausland ersparen will, sollte zum aktuellen EU-Führerschein wechseln. Seit 1999 wird diese Fahrerlaubnis im Scheckkartenformat ausgestellt. Das eingeschweißte Papier ist pflegeleicht und in Europa anerkannt. Das Wichtigste: Alle Polizisten kennen dieses Dokument.
EU-weit sind die Führerscheinklassen damit nach Buchstaben sortiert. Wer für die Sommerferien noch den neuen EU-Führerschein beantragen will, muss sich beeilen. Vier Wochen dauert die Erstellung, Kosten 23 Euro. Die Express-Version gibt es dagegen schon in vier Tagen gegen einen Aufpreis von 20 Euro. Wichtig: Wer einen internationalen Führerschein für das nicht-europäische Ausland beantragen möchte, benötigt den EU-Führerschein.
Der Internationale Führerschein wird sofort vor Ort ausgestellt und kostet 15 Euro, so die Auskunft der Führerscheinstelle in Lanken. Wer das praktische Scheckkartenformat gerne hätte, sich aber nicht von seinem nostalgischen Dokument in grau oder rosa trennen möchte, kann es entwerten lassen und zu Hause einrahmen. Bis 2013 soll der EU-Führerschein in allen europäischen Ländern eingeführt sein. Die zurzeit gültigen Führerscheine sollen bis spätestens 2033 ausgetauscht werden. Der EU-Führerschein muss alle 15 Jahre aktualisiert und mit einem neuen Foto versehen werden.
Aber Vorsicht: Die Übernahme der Berechtigungen vom alten Führerschein auf das Scheckkarten-Format, müssen Autofahrer beantragen. Ansonsten dürfen sie gegebenenfalls keine Lastwagen mit über 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht mehr fahren. Der alte Führerschein Klasse 3 berechtigt zum Steuern von Lkw bis zu 7,5 Tonnen. Wurde der Führerschein vor dem 1. April 1980 ausgestellt, gilt er sogar für Motorräder bis 125 Kubikzentimeter. Die Übernahme der bisherigen Berechtigungen kostet nichts, eine nachträgliche Ergänzung ist nicht möglich.
Der graue Führerschein:
Die Geschichte des "Grauen Lappens" begann 1909 mit der Einführung eines deutschlandweit gültigen Führerscheins und blieb in seinen wesentlichen Teilen gültig bis zum Erscheinen der EU-Fahrerlaubnisverordnung vom 1. Januar 1999. Die erste Fahrerlaubnis wurde allerdings bereits 1888 für Carl Benz, dem Erfinder des Automobils, ausgestellt.