Gülzow (cus). Sie sind die Experten für Landwirtschaft und ländliche Räume in ihren jeweiligen Botschaften: Zwölf Attachés aus Europa sowie dem Iran, Ecuador und den USA besuchen das nördliche Bundesland.

Den Auftakt ihrer Bustour durch Schleswig-Holstein bildete ein Stopp im Gülzower Markttreff: Bei Spargel aus Worth, Schinken aus Grande und Apfelsaft aus Lütau informierten Bürgermeister Günther Noß und Hermann-Josef Thoben vom Amt für Ländliche Räume aus Lübeck über das Konzept.

"Seit 1998 ist bei uns langsam die Infrastruktur weggebrochen - Bäcker, Post und Kreissparkasse schlossen ihre Türen. Uns war klar: Wir müssen selber etwas organisieren", sagte Noß. Mit Investitionskosten von 1,8 Millionen Euro, davon 800.000 Euro EU-Mittel, entstand der 2005 eingeweihte Markttreff mit einem kleinen Verbrauchermarkt samt Backshop und Café, Veranstaltungsräumen, Bank- und Postdienstleistungen und seit November vergangenen Jahres sogar mit einer Arztpraxis: Dr. Ioan Octavian Micu betreibt im Obergeschoss eine Zweigstelle seiner Büchener Praxis.

Die Grundversorgung mit medizinischen Leistungen und einem Markt mit 4500 Artikeln - das Sortiment der meisten Discounter umfasst gerade einmal 800 Artikel - erregte das Erstaunen der Agrarexperten, dass sich noch steigerte, als Noß erklärte, dass die Gemeinde auch Eigentümer des Markttreffs ist. "Die EU-Mittel sind auch wichtig, aber wichtiger ist, dass Projekte wie dieses durch eine breite Bürgerbeteiligung getragen werden", erläuterte Thoben das Konzept der mittlerweile landesweit 25 Markttreffs. "Wie sichern sie die Nachhaltigkeit der Investitionen?", wollte Delegationsleiterin Hanna Pappalardo aus Italien wissen? "Der Schlüssel zum Erfolg sind die Menschen. Wenn wir Projekte bieten, wo professionell gearbeitet wird, gibt es überall Menschen mit Sachverstand und Engagement wie in Gülzow", so Thoben.

Ein Beispiel, dass künftig vielleicht auch in Polen und Dänemark Schule macht: Zbigniew Kostecki und Poul Ottoson könnten sich eine Umsetzung auch in ihren Ländern vorstellen. Ottoson: "Auch in Dänemark gibt es viele ländlich geprägte Regionen und besonders das Hausarztmodell hat mir sehr gut gefallen."