Schwarzenbek. Ein weiterer Abschnitt in der wechselhaften Geschichte der altehrwürdigen Villa an der Pröschstraße 6 geht zu Ende: Das ehemalige Rathaus Schwarzenbeks, beherbergt nun endgültig keine Behörde mehr.
Der Soziale Dienst des Fachbereichs Jugend, Familie, Schulen und Soziales des Kreises Herzogtum Lauenburg sitzt auf gepackten Kisten und Kartons. „Morgen ziehen wir mit mehr als 100 Kartons um in die Meiereistraße 3“, sagte die Leiterin Regina Wieczorek Montag Vormittag. Von Donnerstag Nachmittag ist der Fachdienst – zu dem auch der für Schwarzenbek zuständige Streetworker Markus Prochnow gehört – in seinem neuen Domizil zu finden.
Die neuen Räume am Hotel und Restaurant „Alte Meierei“ sind barrierefrei zu erreichen. Derzeit wird außen noch ein Fahrstuhl angebaut. Die verwinkelten Räume und Treppen der schönen, verspielten Villa waren da eher hinderlich. Dafür waren sie allerdings zweifellos schöner und geschichtsträchtiger.
Das imposante Haus steht auf der ehemaligen Amtskoppel – einem Acker, der bis 1870 nicht erschlossen war und zwischen der jetzigen Compe-, Lauenburger- und Seestern-Pauly-Straße bis zur Bahnlinie lag. 1892 kaufte sich der Maurermeister Johann Prösch, der auch Gemeindevertreter war, dort Gründstücke. Über Prösch ist bekannt, dass sein Unternehmen in Spitzenzeiten 300 Mitarbeiter hatte. Seine Villa an der nach ihm benannten Straße, die Nummer 8, gehört zu den prachtvollsten Gebäuden der Gründerzeit. Das Haus daneben, die Nr. 6., errichtete er für seine Söhne.
Erst schickes Rathaus dann Jugendtreff später japanischer Entspannungsunterricht
Im Jahre 1924 kaufte die damalige Gemeinde Schwarzenbek diese Villa und nutzte sie als Rathaus. Das Gebäude nebenan mit der Hausnummer 4 diente von 1955 an als Wohnhaus des Bürgermeisters. Zuletzt wohnte dort ein zeitlang Landrat Gerd Krämer, der von 1992 bis 2002 Verwaltungschef war.
Als das Rathaus zu klein für die wachsende Stadt wurde, zog ein Teil der Verwaltung in die Kaiserliche Post am Alten Markt, fortan „Stadthaus“ genannt. Das war 1970. Die unteren Räume in der Villa an der Pröschstraße nahm der Jugendtreff in Beschlag. Alles änderte sich mit dem Neubau des Rathauses an der Compestraße. Im August 1983 wurde es im Rahmen eines Stadtfestes, bei dem auch das 100-jährige Bestehen der Feuerwehr gefeiert wurde, eingeweiht.
Die Stadtverwaltung bezog ihren neuen, modernen Standort am Ritter-Wulf-Platz. Der Jugendtreff, der zwischendurch aus der Pröschstraße ausgezogen war und übergangsweise im Feuerwehrhaus an der Bismarckstraße untergebracht war, zog nun in die Kaiserliche Post – das ehemalige „Stadthaus“ am Markt. Zuvor hatte die Stadt dieses Gebäude für fast eine halbe Million Mark modernisiert – jetzt soll es an den Investor Frank Kiefaber verkauft werden. Er will es in ein Kaufhaus umwandeln.
Die Villa an der Pröschstraße ist nunmehr in Privatbesitz. Im Obergeschoss betreibt Cornelia Preuß ihr Unternehmen „Raumbalance – Für Harmonie im Leben“. Sie bietet unter anderem Feng-Shui-Beratung, Ausbildungsseminare und Workshops an.