Schwarzenbek. “Das ist eine schlimme Entwicklung. Ich kann das gar nicht glauben.“ Rudolf Kohsiek, Leiter der Grundschule in Lütau, ist entsetzt.
Grund: Das Kreismedienzentrum, das der Internationale Bund (IB) in Schwarzenbek im Auftrag des Kreises betrieb und seit dem Jahresende 2009 geschlossen ist, soll jetzt sogar entsorgt werden. Im Klartext heißt das, mehr als 6500 Unterrichtsfilme, Dias und Computerprogramme kommen in den Müll.
Der IB hatte das Medienzentrum vor knapp zwei Jahren übernommen. Der Vertrag lief im Dezember aus und der IB verlängerte ihn nicht, weil die Ausleihen zu gering waren. Ein neuer Träger fand sich nicht. Der Kreis will das Medienzentrum auch nicht selbst betreiben, denn es fehlen Räume und Personal dafür.
"Den Bestand an Museen, Schulen oder Lehrer zu geben, scheidet aus juristischen Gründen aus", begründet Michael Blanke, Fachdienstleiter und Jurist in der Kreisverwaltung, den geplanten Schritt, über den der Bildungs- und Kulturausschuss am 23. Februar beschließt. Der Kreis habe vom Urheber lediglich das Recht erworben, die Medien im eigenen Namen im Kreisgebiet und nur an Schulen verleihen zu dürfen.
"Jährlich hat es nur 800 Ausleihen gegeben, mindestens 3000 hätten es sein müssen, um wirtschaftlich zu arbeiten", sagt IB-Betriebsstellenleiter Peter Diestel-Luckhardt. Nur 25 Schulen des Kreises machten von dem Angebot Gebrauch. "Der Aufwand mit dem Verschicken war aber sehr hoch, denn auch die entsprechenden Projektoren und Leinwände mussten ausgegeben werden", erläutert Luckhardt. Er bedauert die Entwicklung: "Der Fundus ist wertvoll. Hier lagert ein kleiner Schatz. Der Bestand ist unwiederbringlich."
In Schwarzenbek werden Biologielehrer fündig, die beispielsweise so spezielle Filme suchen wie über das Balzverhalten des Fregattvogels und Schlüsselreize beim Maulbrüter. Hier finden sich die ersten Aufklärungsfilme, die in Schulen gezeigt werden durften, alle Mitschnitte der Kindersendung "Peter Lustig" und eine Menge fast historischen Filmmaterials für den Erdkundeunterricht wie über die Kohle- und Stahlkrise oder über die Landwirtschaft in Russland.
Auch Diaserien über die Elbe und Lauenburg sind darunter. Mehrere Regale sind mit nostalgischen 8- und 16-Millimeter-Filmen gefüllt, in der Abteilung mit den Dias sind sogar alte Serien aus Glas aus den 50er-Jahren zu finden.
Schulleiter Kohsiek kritisiert, dass nicht intensiv genug nach anderen Lösungen gesucht wurde.
Auch der Historiker und Archivar Dr. William Boehart ist entsetzt. "Meiner Meinung nach hat der Kreis die Verpflichtung, verantwortungsvoll mit Sachwerten umzugehen. Einfach zu schreddern, scheint mir nicht verantwortungsvoll zu sein", sagt er. Er könne sich nicht vorstellen, dass der Kreis keine andere Lösung über die Verleihrechte finden kann. Das Kreisarchiv sei die richtige Institution für die dauerhafte Verwahrung. Es müsse dann entscheiden, was für die Geschichte des Kreises von bleibendem Wert ist und der Geschichtsforschung zur Verfügung stehen soll. "Es wäre höchst bedauerlich, wenn der Kreis sich seiner Verantwortung einfach durch Vernichtung entledigt - ein Schlag ins Gesicht für die Kultur", resümiert Boehart.