Lauenburg. Dieter Henke ist in einem Alter, in dem andere die Beine hochlegen. Doch der sportliche Senior aus Lauenburg denkt gar nicht daran.

Mindestens zweimal in der Woche schwingt sich Dieter Henke auf sein Rennrad. Häufiger sollte es auch bei dieser Hitze nicht sein, findet er. Trainieren ja, aber eben alles ein bisschen schaumgebremst und schon gar nicht Tempo machen. Dafür lieber zu Hause ein paar lockere Sporteinheiten einschieben. Was sich so anhört wie der ausgeklügelte Trainingsplan eines Leistungssportlers, ist sein persönliches Fitnessrezept.

„Mein Vater ist 82 Jahre alt und fährt die 60-Kilometer-Strecke in unter zwei Stunden. Großartig, ich bin wirklich stolz auf ihn“, schrieb sein Sohn kürzlich auf seiner Facebookseite. „Na, da hat er ein bisschen übertrieben. Bei der letzten VeloCity Berlin waren es zwei Stunden und acht Minuten“, sagt Dieter Henke augenzwinkernd. Aber das müsste jetzt eigentlich auch noch drin sein. Zum Vergleich: Laut dem Magazin RennRad braucht ein durchschnittlich trainierter Mensch dafür die doppelte Zeit. Kürzlich hatte sich Dieter Henke mit seinem Sohn einen privaten Wettkampf geliefert. „Mensch Alter, bist du fit!“, soll der 57-Jährige anschließend zum Vater gesagt haben.

Lauenburg: Das blau-gelbe Trikot der „Equipe Europa“ ist der Glücksbringer

Auch wenn Dieter Henke seiner Frau versprochen hat, den Wettkampfsport nun an den Nagel zu hängen, gilt das nicht für sein Lieblingstrikot. Es ist blau-gelb und trägt die Aufschrift „Equipe Europa“. Neben dem Lauenburger Stadtwappen sind die der Städte Dudelange (Luxemburg), Lebork (Polen) und Manom (Frankreich) aufgedruckt. „Das Trikot hat mit bei Wettkämpfen immer Glück gebracht“, sagt Dieter Henke.

Der Zeit, als die Radsportgruppe „Equipe Europa“ als radelnde Botschafter Lauenburgs bezeichnet wurde, trauert er nach. Die Aktiven von damals seien inzwischen in die Jahre gekommen, sagt er. Mit Städtepartnerschaften ist es wie mit anderen Beziehungen auch: Werden sie nicht gepflegt, gehen sie in die Brüche.

Städtepartnerschaften sind in die Brüche gegangen

Um die Partnerschaften, die Lauenburg mit den drei genannten europäischen Städten sowie Boizenburg führt, brauchte man sich viele Jahre lang keine Sorgen zu machen. Die 1998 gegründete Radsportgruppe „Equipe Europa“ sorgte dafür, dass die Verbindungen nicht abrissen. Eine Tour in die Partnerstädte, das stand fast in jedem Sommer im Kalender der Radsportler.

An viele dieser Fahrten kann sich Dieter Henke noch gut erinnern. Zur „Tour de Polska 2013“ hatten die Radler aus Lebork ihre Freunde aus Deutschland, Frankreich und Luxemburg eingeladen. Mit 17 Sportlern, und damit als stärkstes Team, gingen die Lauenburger an den Start. Insgesamt 130 Kilometer bei bestem Sommerwetter und weniger guten Straßen steckten zum Schluss in den Waden der Radsportler. „Das war ein Kraftakt, aber wir haben die europäische Freundschaft wirklich gepflegt. Weniger mit Worten, aber mit viel Zusammenhalt“, erinnert er sich.

Dieter Henke glaubt an die Idee der „Equipe Europa“

Zu den damaligen Sportfreunden aus den Lauenburger Partnerstädten bestehe kaum noch Kontakt. „Es scheint, wir haben uns aus den Augen verloren“, sagt Dieter Henke und meint damit nicht nur die sportliche Ebene. Vor neun Jahren hatten die Stadtoberhäupter in Lebork die Verbrüderung neu besiegelt, doch seither ist es still geworden um die europäischen Städtepartnerschaften von Lauenburg.

„Gerade in der heutigen Zeit muss Europa fest zusammenstehen. Deshalb wäre es schön, wenn wir die Idee der ‘Equipe Europa’ neu beleben könnten“, wünscht er sich. Außerdem, wäre es ein tolles Gefühl, nicht mehr als Einzelkämpfer im blau-gelben Trikot trainieren zu müssen. „Es gibt doch in Lauenburg bestimmt junge Menschen, die sich dem Radsport verschrieben haben und den europäischen Gedanken in sich tragen“, sagt der 82-Jährige. Er wäre jedenfalls bereit, mit der „Equipe Europa“ neu zu starten.

Radrennen nur noch im Fernsehen verfolgen

Rekordzeiten sind für den ehemaligen Unternehmensberater nicht mehr das Wichtigste, wenn er auf sein Rennrad steigt. Wobei, gibt er zu, ein bisschen hätte er mit dem Gedanken geliebäugelt, sich für die 60-Kilometer-Strecke bei der VeloCity im nächsten Jahr anzumelden. 2008 starteten die Amateurradfahrer erstmals in Berlin. 2019 fiel das Rennen wegen Lizenzstreitigkeiten aus, danach wegen Corona.

Am 2. Juli 2023 geht es wieder an den Start. Doch Dieter Henke wird die Anmeldefrist verstreichen lassen. Schließlich hat er seiner Frau versprochen, vernünftig zu sein. Das Rennen will er im Fernsehen verfolgen. Dann wird er das Trikot der „Equipe Europa“ überstreifen. „Vielleicht trainiere ich ja bis dahin nicht mehr allein“, wünscht er sich.

Wer mehr über die „Equipe Europa“ wissen möchte, kann sich telefonisch bei Dieter Henke unter 04153/26 27 melden.