Ratzeburg. Im Kreis Herzogtum Lauenburg wird auch das Eschensterben untersucht. Wissenschaftler raten, zunächst heimische Arten zu testen.
Hitze und Trockenheit machen Deutschlands Wäldern stark zu schaffen. Welche Auswirkungen der Klimawandel hat und wie die Forstwirtschaft darauf reagieren kann, war Thema einer Fortbildungsveranstaltung in den Lauenburgischen Kreisforsten.
Aus Sicht der beteiligten Wissenschaftler soll eine standortabhängige natürliche Verjüngung der Wälder dabei ebenso eine Rolle spielen wie die gezielte Ergänzung mit heimischen, trockenstress-resistenteren Arten. Erst am Schluss, so die Empfehlung, sollten Waldbesitzer mit nichtheimischen Bäumen experimentieren.
Soll der Wald dem Umwelt- und Klimaschutz dienen oder als Holzlieferant?
Soll der Wald künftig vor allem dem Umwelt- und Klimaschutz dienen, sich dafür möglichst ungestört entwickeln? Oder soll er, wie in den vergangenen Jahrhunderten, weiter als Lieferant für Holz optimiert werden? Um diese widerstreitenden Positionen sind in den vergangenen Jahren heftige Diskussionen im Kreis Herzogtum Lauenburg geführt worden. Kaum eine Rolle spielen dagegen Fragen, wie sich etwa Wald und Mikroklima gegenseitig beeinflussen.
Der Wald kühlt Umgebung um zehn Grad mehr ab als Freiflächen
Peter Wohlleben, Förster und bekannter Buchautor („Das geheime Leben der Bäume“), hat jüngst beeindruckende Zahlen präsentiert. Mit Blick auf die immer heißer werdenden Sommer und die Gefahr, die für dicht bebaute Areale davon ausgeht, hat er die positive Wirkung natürlicher Wälder betont: „Im Vergleich zu Freiflächen kühlt ein solcher Wald die Umgebung um zehn Grad stärker.“ Gegenüber großflächig versiegelten Ballungsgebieten bringe ein solcher Wald sogar einen Vorteil von 20 Grad Celsius und mehr in heißen Sommern.
Dass Wald besser kühlt, ist bekannt. Die Wasserverdunstung über die Bäume sorgt für gemäßigtere Temperaturen. Dazu kommt, dass es über den Waldflächen häufiger regnet. Wohlleben: „Der Wald kühlt sich selbst.“
Herzogtum Lauenburg ist größter kommunale Waldbesitzer in Deutschland
Mit rund 7000 Hektar ist der Kreis Herzogtum Lauenburg der größte kommunale Waldbesitzer Deutschlands. Er hatte mit der Lehranstalt für Forstwirtschaft und der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) die Fortbildungsveranstaltung organisiert. Teilnehmer: rund 50 Führungskräfte der Kreisforsten, der Landesforsten sowie Privatwaldbesitzer.
Eine Erkenntnis: Damit der Wald mit dem rasch fortschreitenden Klimawandel schritthalten kann, muss ihm geholfen werden. Allein abzuwarten, bis unser Wald auf den rasanten Klimawandel selbst die richtigen Antworten findet, ist aus Sicht der beteiligten Forstwissenschaftler nicht der richtige Weg. „Zwar wandern bestimmte Baumarten auch mit Hilfe der natürlichen Migration vom Balkan in Richtung Süddeutschland ein – mit einer Geschwindigkeit von 800 Metern pro Jahr zum Beispiel die Zerreiche – diese Geschwindigkeit dürfte aber nicht ausreichen, um dem Klimawandel rechtzeitig zu begegnen.“
Klimawandel richtet große Schäden in Wirtschaftswäldern an
Unstrittig ist, dass der Klimawandel besonders in Wirtschaftswäldern mit standort-untypischem Baumbestand große Schäden angerichtet hat und noch anrichtet. An erster Stelle fallen Fichten dem Klimawandel zum Opfer. Von Hitze und Trockenheit geschädigt und geschwächte Baumbestände haben Borkenkäfer in den vergangenen Jahren auf riesigen Arealen vernichtet. Wachsende Probleme haben aber auch Kiefern und Laubbäume, besonders die heimische Buche. Mit ihrem flachen Wurzelwerk ist sie, stärker etwa als Eichen, auf Feuchtigkeit in den oberen Bodenschichten angewiesen.
Wo Buchen wachsen, sollten dazu Weißtannen gepflanzt werden
Die sinkenden Niederschlagsmengen und ihre Folgen erfordern besondere Beachtung. „Wo es heute wechselfeucht ist, kann es morgen sehr wahrscheinlich wechseltrocken werden“, sagt Hans Hamkens von der NW-FVA. Die Forstwissenschaftler empfehlen, wo Buchen wachsen den Bestand mit Weißtannen zu ergänzen. Und: „Statt nur auf Eiche zu setzen, ist es besser, verschiedene Ahornarten einzubringen, um sich möglichst breit aufzustellen.“
Die Mischung verschiedener Baumarten bietet nicht nur besseren Schutz vor dem Verdorren großer Areale und großflächigen Schädlingsbefall. Aktuelle Erkenntnisse zeigen: „Die Buche wurzelt tiefer, wenn sie in Mischung mit anderen Baumarten steht.“ Und ein stufiger Wald mit Bäumen unterschiedlichen Alters hat höhere Widerstandskraft, extreme Entwicklungen zu überstehen.
Lauenburgische Kreisforsten forschen gemeinsam mit der Uni Göttingen
Derzeit laufen in den Lauenburgischen Kreisforsten Untersuchungen in Kooperation mit der NW-FVA, der Uni Göttingen und Kieler Forschern. Das Eschensterben, verursacht durch eine vor etwa einem Jahrzehnt aus Asien eingeschleppte Pilzerkrankung, wird dabei ebenso analysiert wie genetische Resistenzen oder auch ein Ersatz von Eichen durch die Flatterulme. Dazu kommen Versuchsflächen, wo auch fremde Baumarten als Ergänzung der heimischen Wälder getestet werden, so Esskastanie, Schwarznuss und Bornmüllertanne.
Doch dies braucht Zeit. „Die auf Jahrzehnte angelegten Forstversuche werden voraussichtlich erstmals in fünf Jahren Zwischenergebnisse liefern“, sagt Tobias Frohnert, Sprecher der Kreisverwaltung. „Es werden zwar jährlich Beobachtungen protokolliert. Aber erst aus der Summe der Daten lassen sich Schlussfolgerungen ziehen.“