Lauenburg. Das historische Gemäuer von 1583 wird als Lageraum zweckentfremdet. Dabei wurde die Grotte einst für rund 300.000 Mark renoviert.
Stühle, Sonnenschirme und diverse Aufsteller - wenn Gaststätten die Terrassensaison beenden, müssen diese Utensilien irgendwo untergebracht werden. Einen ganz besonderen Lagerraum hat das Restaurant Elbterrassen am Fürstengarten: Es handelt sich um die benachbarte historische Grotte, die kein Geringerer als Herzog Franz II. einst erbauen ließ.
In der vergangenen Woche waren die Glastüren von innen nur notdürftig mit blauen Müllsäcken verkleidet. An einer Seite hatte das Klebeband nicht gehalten. Deshalb offenbarte sich von außen das Chaos in dem gemauerten Rundbau. Mittlerweile verwehren weiße Stoffbahnen den Blick in das Innere des Gemäuers.
Historische Grotte am Fürstengarten wird als Lagerraum genutzt
Kaum jemand weiß heute noch, welche Geschichte hinter dieser Grotte steckt. Es war im Jahre 1583, als Herzog Franz II. seiner Ehefrau Maria den Wunsch nach einem großen Garten nicht abschlagen konnte. Gut, dass zu dieser Zeit in Lauenburg der Freudenberg zum Verkauf stand, und so ließ die Herzogin hier neben einem Obst- und Gemüsegarten auch einen barocken Lustgarten anlegen – mit einer in den südlichen Abhang hineingemauerten Grotte.
Vielleicht tut man dem Herzog ja unrecht, aber man erzählte sich früher, dass sich der Herrscher hier mit seinen Gespielinnen traf. Verbürgt ist auf jeden Fall, dass die Grotte dem geselligen Zusammensein diente, wie man heute sagen würde. „Je nach den schnell wechselnden Witterungsverhältnissen fand man in den heißen Tagen des Sommers angenehme Kühlung oder auch Schutz vor stürmischen Winden und wochenlangen Regentagen“, heißt es in den Aufzeichnungen des ehemaligen Lauenburger Museumsleiters, Jacob Krohn.
Einst überwucherten Hecken den Eingang der historischen Grotte
Möglicherweise wurden in der Grotte damals einige Ehen angebahnt. Immerhin waren zu jener Zeit Festlichkeiten im Schloss an der Tagesordnung. Die jungen Leute aus den adligen Häusern wussten die Annehmlichkeiten des Lustgartens sehr zu schätzen. Krohn schreibt: „Manches Paar verträumte seine Zeit hinter den mannshohen Taxushecken oder es promenierte unter den Rosen überhangenen Laubengängen entlang.“
Mit dem Aussterben des Herzoggeschlechts Ende des 17. Jahrhunderts fiel der Fürstengarten samt seiner Grotte in einen Dornröschenschlaf.
Ganz wie im Grimm’schen Märchen überwucherten irgendwann Hecken den Eingang der Grotte, bis sich kaum noch jemand daran erinnerte. 1974 kaufte die Stadt Lauenburg der Gärtnerei Blücher das Gelände ab, um dort eine Parkanlage zu schaffen.
Grotte musste für rund 300.000 Mark renoviert werden
Bei der Ortsbegehung stieß man plötzlich auf den Rundbau und erinnerte sich an ein Gemälde im Lauenburger Museum, das den Südhang des Schlossberges zeigt, in dessen Mitte ein Rundbogentor ins „Erdinnere“ führte. „Zur Zeit wird das gesamte Objekt in mühseliger Kleinarbeit von der Lauenburger Baufirma Franz Fischer freigelegt“, schrieb die Lauenburgische Landeszeitung am 20. September 1979. Die Arbeiter mussten vorsichtig sein, denn das Mauerwerk war teilweise komplett zerstört. Im durchfeuchteten Mauerwerk wurden daumendicke Wurzeln gefunden.
Schnell war klar: Die Grotte muss renoviert werden. Ursprünglich war man davon ausgegangen, dass die Maßnahme rund 80.000 Mark kosten würde. Am Ende beliefen sich Ausgaben dafür auf rund 300.000 Mark. „Die 300 Jahre alte Grotte ist ein einzigartiges Stück hochbarocker Nischenarchitektur“, schwärmten die Denkmalschützer damals angesichts des Fundes. Es sei ein Wunder, dass diese noch erhalten sei.
Historisches Gebäude ist Eigentum der Stadt
Inzwischen ist das historische Bauwerk wieder in eine Art Dornröschenschlaf gefallen. Niemand scheint sich mehr für das Kleinod zu interessieren. Die Deckenfarbe ist an vielen Stellen abgeplatzt. Die Pappaufsteller mit den Namen der Lauenburgischen Herzöge - vor 42 Jahren dort aufgestellt - sind mittlerweile verschimmelt wegen der Feuchtigkeit, die in den Mauern hängt.
Als Thomas Prantner und sein Geschäftspartner Mario Böse im April 2019 das Restaurant Elbterassen übernahmen, kündigten sie gegenüber unserer Zeitung an: "Wir werden die Grotte sanieren." Doch da hatten sie sich wohl zu viel vorgenommen, denn mit neuem Putz und einem Eimer Farbe ist es hier nicht getan. Und genau genommen sind die Betreiber des Restaurants dafür auch gar nicht verantwortlich, denn die Grotte ist nach wie vor im Eigentum der Stadt.
Eine Möglichkeit: Weinverkostungen in kleinem Kreis anbieten
"Wir haben ein Baugutachten anfertigen lassen. Die fachgerechte Sanierung würde etwa 300.000 Euro kosten", weiß Bürgermeister Andreas Thiede. Doch angesichts der Haushaltslage könne die Stadt sich diese Maßnahme derzeit nicht leisten. Nur wenn sich ein passender Fördertopf finden würde, käme eine Sanierung in Frage.
Für Thomas Prantner ist die historische Grotte neben der Elbterrasse nach wie vor ein Juwel. "In diesem stimmungsvollen Ambiente könnte man Weinverkostungen in kleinem Kreis anbieten", schwebt ihm vor. Oder auch freie Trauungen könne er sich in diesem Rahmen vorstellen. An diesem Gedanken hätte auch Herzog Franz II. bestimmt seine Freude gehabt.