Lauenburg. Gutachter teilt Stadt in acht Gebiete. Kaum Unterschiede bei Einkommen, Altersstruktur oder Arbeitslosenquote. SPD meldet Zweifel an.
„Wir müssen die sozialen Schwachstellen von Lauenburg ehrlich analysieren“, hatte Uwe Frensel, langjähriger Vorsitzender des Sozialausschusses immer wieder angemahnt und bis zu seinem Umzug im vergangenen Jahr eine aktuelle Untersuchung gefordert. 1994 hatte der Sozialdemokrat schon maßgeblich darauf gedrungen, eine Sozialraumanalyse für den Stadtteil Moorring auf den Weg zu bringen.
Auf dieser Grundlage flossen 16 Millionen Euro Fördergeld in den Problemstadtteil. Unter anderem das Awo-Familienzentrum wurde mit diesem Geld gebaut. Zudem wurde mit dem Geld aus dem Programm„Lokales Kapital für soziale Zwecke“ und der Kooperation von Stadt und Diakonie im Moorring der Nachbarschaftstreff ToM errichtet.
Jetzt liegt eine Sozialraumanalyse für ganz Lauenburg vor. Glaubt man den Zahlen, gibt es in Lauenburg keine sozialen Brennpunkte mehr. Im März vergangenen Jahres hatte das Büro Gertz Gutsche Rümenapp die Untersuchung in Angriff genommen. Das Thema „Kita und Schule“ war vor einem Jahr das erste, das die Gutachter betrachtetet hatten.
Analyse von Bevölkerungszahl, Altersstruktur und Arbeitslosenquote
In einer gemeinsamen Sitzung des Sozialausschusses und des Bauausschusses präsentierte Gutachter Martin Albrecht am Montagabend die übrigen Ergebnisse. Gemeinsam mit der der Stadtverwaltung hatten die Hamburger Experten für Stadtentwicklung Lauenburg nach geografischer Lage in acht Bereiche eingeteilt. Parameter wie Bevölkerungsentwicklung, Altersstruktur, Wohnformen, Arbeitslosenquote, Überschuldung oder Anteil internationaler Staatsangehörigkeiten an der der Bevölkerung flossen in die Analyse des jeweiligen Bereiches ein.
„Es ist ein bisschen wie Daumenkino, die verschiedenen Indikatoren übereinander zu legen“, räumte Albrecht ein. Erstaunliches Ergebnis: Nach dieser Analyse gibt es in Lauenburg offenbar keine größeren sozialen Unterschiede in den einzelnen Stadtteilen. Anders als 1994 stellte sich auch der Moorring in seiner sozialen Struktur als nicht besonders auffällig da. Das Teilgebiet, in das die Gutachter den Moorring eingeordnet hatten, unterschied sich kaum von den Straßenzügen entlang des Elbufers.
Keine Vergleichbarkeit mit Sozialraumanalyse von 1994
„Mich würde interessieren, auf welcher Grundlage die acht Teilbereiche gebildet wurden“, sagte André Peylo. (SPD) nach dem Vortrag des Gutachters. Hintergrund seiner Frage: „Wir wollten ja sehen, wie sich die Verhältnisse unter anderem im Moorring entwickelt haben. In den betreffenden Teilbereich ist aber nicht nur das eng bebaute Wohngebiet eingeflossen, sondern auch Bereiche mit Einfamilienhäusern und großzügigen Grundstücken“, merkte er an.
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„Damit unterstellen Sie ja, dass es in Lauenburg soziale Brennpunkte gibt. Nur weil die in den Zahlen nicht nachweisbar sind, können Sie ja nicht sagen, die Zahlen sind falsch“, hielt der Amtsleiter für Stadtentwicklung, Reinhard Nieberg. Vielleicht würden ja die Bemühungen um den Stadtteil Früchte tragen. „Umso mehr würde mich jetzt eine Vergleichbarkeit der Zahlen interessieren“, konterte Peylo. Doch da musste der Gutachter passen: Eine Vergleichbarkeit der Aussagen von 1994 und heute sei nicht möglich, räumte er ein. Und auch das genaue Untersuchungsgebiet von 1997 sei nicht deckungsgleich mit dem von heute.
Christoph Haase (CDU) vermisste nach der Präsentation des umfangreichen Zahlenmaterials Handlungsempfehlungen der Gutachter. „Zwei Präsentationen und 150 Seiten Zahlen. das war jetzt alles?“, wollte er wissen. Mehr sei nicht beauftragt worden, stellte Nieberg klar.
Lauenburg in vielen Parametern im bundesdeutschen Durchschnitt
Auch wenn der Gutachter keine konkreten Schlussfolgerungen aus dem Zahlenmaterial zog, stellte er doch mehrmals fest, dass sich Lauenburg in den untersuchten Parametern nicht auffallend von anderen vergleichbaren Städten in Deutschland unterscheidet. Die Arbeitslosenquote von etwas mehr über 9 Prozent liege über dem bundesdeutschen Durchschnitt von rund sechs Prozent – bezogen auf die Zeit vor der Corona-Krise.
Die Ergebnisse der Sozialraumanalyse sollen nun in Entscheidungen der Stadtentwicklung einfließen – etwa zu der Frage, wo welcher Wohnraum geschaffen werden soll oder soziale Einrichtungen.