Lauenburg. Lauenburger Schützen pflanzten den Baum im Gründungsjahr 1666. Heimatforscher Horst Eggert erzählt die Geschichte der Eiche.

Goldgelb mit ein paar braunen und grünen Flecken leuchtet das Laub in der Sonne, den Stamm könnten drei ausgewachsene Männer nicht umfassen – die mächtige Eiche an der Hamburger Straße bietet besonders im Herbst ein imposantes Bild. Und doch machen sich Passanten wohl kaum Gedanken darüber, dass der Riese mitten an der Bundesstraße wohl der älteste Baum Lauenburgs ist. Alte Dokumente besagen, dass die Schützengilde diese Eiche in ihrem Gründungsjahr 1666 pflanzte.

„Schon in meiner Schulzeit war ich fasziniert von der Eiche am alten Schützenhaus“, sagt der Heimatforscher Horst Eggert. Er habe sich damals immer gefragt, wie alt der mächtige Baum wohl sei. Erst viele Jahrzehnte später ist der heute 85-Jährige dem Geheimnis auf die Spur gekommen. Durch Zufall war ihm die 1974 veröffentlichte Geschichte des Lauenburger Heimatdichters Wilhelm Hadeler in die Hände gefallen. „De letzte Eek bie’n Schüttenhus“ beschrieb auf Grundlage alter Dokumente die Geschichte der alten Eiche.

Eine Reihe Eichen aus Dankbarkeit gegenüber dem Herzog

Demnach fing alles mit der Großzügigkeit des Herzogs Julius Heinrich an. Der schenkte 1648 den Schützenbrüdern am Hamburger Weg einen Schießplatz, den er von seinem Vorwerk abzweigte.

Aber erst Herzog Franz Erdmann verlieh der Schützenbrüderschaft 1666 den Gildebrief, der gleichzeitig als Gründungsurkunde der heutigen „Lauenburger Schützengilde von 1666“ angesehen wird. „Mit der Verleihung des Gildebriefes 1666 fühlten sich die Schützen aus Dankbarkeit und zur Erinnerung an dieses Gründungsjahr verpflichtet, an der Westseite des ihnen zugewiesenen Schießplatzes eine Reihe Eichen zu pflanzen“, weiß Horst Eggert. Es waren insgesamt 36 Eichen, die die Schützenbrüder vor 354 Jahren pflanzten.

Der Neuanfang der Lauenburger Schützengilde

Doch nicht immer waren die Herzöge den Lauenburger Schützen so wohlgesonnen. Als die das Lauenburger Land regierenden Askanier 1686 ausgestorben waren, bemächtigten sich die auf der anderen Seite der Elbe regierenden Lüneburger und dann die Hannoveraner des Lauenburger Herzogtums.

Während die Askanier den Schützen freundlich gesonnen waren, wollten die neuen Machthaber nichts mit der Gilde zu tun haben. Zeitweise kam diese sogar zum Erliegen. Erst 1790 fassten die Lauenburger Schützen wieder Mut und wagten einen Neubeginn. Sie planten und bauten ihr Schützenhaus und zwar hinter den auf beiden Seiten stehenden Eichen, sodass dort ein freier Platz entstand, der so genannte Schützenplatz – eingerahmt von den inzwischen mächtig gewachsenen Bäumen. 1958 ist daraus ein Wohnhaus geworden.

Einer anderen Eiche wurde eine Gasleitung zum Verhängnis

Das Foto entstand um 1900. Hier sind am Schützenhaus zwei Eichen zu sehen, schon von stattlicher Größe. Nur der rechte Baum steht noch.
Das Foto entstand um 1900. Hier sind am Schützenhaus zwei Eichen zu sehen, schon von stattlicher Größe. Nur der rechte Baum steht noch. © BGZ / Elke Richel | Elke Richel

Neben der heute noch stehenden, stand in den 1920er-Jahren eine noch mächtigere Eiche. Ihre Zweige reichten weit über die Hamburger Straße hinweg und gefährdeten die wenigen Fahrzeuge, aber auch Passanten. Der Baum ist damals der Säge zum Opfer gefallen, wie Wilhelm Hadeler in seiner Geschichte erzählt. Einer weiteren Schützeneiche hatte eine durchrostete Gasleitung den Garaus gemacht. Als sie irgendwann gefällt wurde, zählte man 300 Jahresringe.

Um die letzte der 36 Schützeneichen wäre es Anfang der 1960er-Jahre auch beinahe geschehen gewesen. Aber man versuchte, den Baum durch eine radikale Sanierung zu retten. Die mächtige Krone wurde gekappt und der verfaulte Stamm verfüllt. „Das war ein trauriger Anblick“, erinnert sich Horst Eggert.

Eichen können bis zu 1000 Jahre alt werden

Doch man muss sich wundern, welche Kraft diese Eiche aufgebracht hat. Nach 60 Jahren hatte sich der einzige verbliebene Ast zu einem Leittrieb ausgebildet und aus vielen „Augen“ am Stamm wuchsen Zweige und Äste. Die Chancen stehen übrigens gar nicht so schlecht, dass Lauenburgs ältester Baum weitere Jahrhunderte überlebt. Schließlich können Eichen bis zu 1000 Jahre alt werden.

  • Eichen können 1000 Jahre alt werden

Die Liste der dicksten Eichen in Deutschland nennt Eichen, deren Stammumfang nach dem Deutschen Baumarchiv ein festgelegtes Maß übersteigt. In einem Meter Höhe gemessen, liegt der Grenzbereich bei acht Metern, an der Stelle des geringsten Umfanges bei 7,5 Metern. Ab diesem Maß stuft das Deutsche Baumarchiv Eichen als national bedeutsam ein. Zu den etwa 80 Eichen werden jeweils der Ort, das Bundesland, die beiden Umfangsangaben und das geschätzte Alter genannt.

Eine der ältesten Eichen Deutschlands steht in einem kleinen Waldgebiet bei Stavenhagen in Mecklenburg. Rund 1000 Jahre alt dürfte der gut 35 Meter hohe Baum sein, der Stamm hat einen Durchmesser von 3,50 Meter. Der Bund Deutscher Forstleute kürte den nur rund 160 Hektar großen Wald Ivenacker Eichen zum Waldgebiet des Jahres 2020. Bereits seit 2016 tragen die Eichen den Titel Nationales Naturmonument.