Lauenburg. Imker Ulrich Gansewig hält vier Bienenvölker mitten im grünen Zentrum der Stadt. Normalerweise helfen Hortkinder bei der Produktion.

Matter Glanz, gelbgoldene Farbe und ein Schmelz, der auf der Zunge zergeht – selbst wer kein ausgesprochener Honigfreund ist, schmeckt einen Löffel voll Sommer. „Wir haben die Frühtracht gerade abgefüllt. Insgesamt 84 Kilo, das ist ganz ordentlich“, freut sich Ulrich Gansewig. Vier Bienenvölker des Geesthachter Imkers schwärmen mittlerweile auf dem Lauenburger Friedhof aus und produzieren den cremigen „Zwergenhonig“.

Der Name klingt nur solange ungewöhnlich, bis man die Geschichte dahinter kennt. Seit vier Jahren haben Ulrich und Heidemarie Gansewig nämlich kleine Helfer bei der Produktion der süßen Köstlichkeit. Die Hortkinder der evangelischen Kirchengemeinde wissen nicht nur über Bienen gut Bescheid, sie sind inzwischen selbst zu Spezialisten in Sachen Honigproduktion geworden. Doch in diesem Jahr hat Corona den Nachwuchsimkern einen Strich durch die Rechnung gemacht: Keine Schule, kein Hort und auch kein Bienenprojekt.

50.000 Bienen dienen einer Königin

Imker Ulrich Gansewig und seine Frau Heidemarie bei der Ernte des ersten Honigs in diesem Jahr von den Bienen auf dem Lauenburger Friedhof. Insgesamt 84 Kilo konnten sie abfüllen.
Imker Ulrich Gansewig und seine Frau Heidemarie bei der Ernte des ersten Honigs in diesem Jahr von den Bienen auf dem Lauenburger Friedhof. Insgesamt 84 Kilo konnten sie abfüllen. © BGZ / Elke Richel | Elke Richel


Die Bienen kümmern sich darum allerdings nicht. Rund 50.000 gehören zu einem Volk, davon sind nur etwa 3000 Tiere männlich, das sind die Drohnen. Der Rest sind weibliche Arbeitsbienen – bis auf die Königin natürlich. „Die paart sich auf ihren Hochzeitsflügen mit zehn oder 20 Drohnen. Deren Lebensaufgabe ist die Begattung einer Königin. Für jegliche Arbeiten fehlen ihnen die erforderlichen Organe. Das ist nur scheinbar schlau“, erzählt der Imker schmunzelnd. Denn man muss wissen, das Leben des Drohnen findet im Augenblick der Begattung der Königin sein Ende. Und Drohnen, die nicht zur Paarung gelangen, werden später aus dem Stock getrieben.

Wenn Ulrich Gansewig über Bienen spricht, spürt man die besondere Beziehung, die der ehemalige Seemann zu den Tieren hat. „Ich merke, wenn die einen schlechten Tag haben, dann halte ich mich lieber ein bisschen fern“, erzählt er. Doch eigentlich haben die Bienen auf dem Lauenburger Friedhof keinen Grund zu schlechter Laune. Es gibt blühende Wildblumenwiesen und zahlreiche Obstbäume in unmittelbarer Nachbarschaft. Selbst die Bepflanzung vieler Gräber hat den Bienen mittlerweile mehr zu bieten, als Stiefmütterchen im Frühling und Eisblumen im Sommer. „Da hat ein gründliches Umdenken stattgefunden. Viele Leute entscheiden sich bewusst für insektenfreundliche Blühpflanzen auf den Gräbern, hat Friedhofsleiterin Elle Koriath beobachtet.


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Einen Bienenvolk war ausgebüxt. Ulrich Gansewig hat es wieder eingefangen.
Einen Bienenvolk war ausgebüxt. Ulrich Gansewig hat es wieder eingefangen. © BGZ / Elke Richel | Elke Richel


Auch wenn es den Bienen auf dem Lauenburger Friedhof gut geht, hat Ulrich Gansewig immer ein Auge auf die vier Völker. Manchmal büxt ein Volk auch aus, so wie neulich, als es über einem Gartenzaun hing. Das hat einen natürlichen Grund „Die Königin überlässt das Feld ihrer Nachfolgerin und will sich mit einem Teil des Volkes woanders niederlassen“, erklärt der Imker. Fachmännisch hat er die Tiere wieder eingefangen. Die Haltung der Bienen sei eine Wissenschaft für sich. Deshalb hält er auch nichts von dem Trend, ohne Vorkenntnisse ein Bienenvolk auf dem Balkon einer Stadtwohnung anzusiedeln.

Ulrich Gansewig hofft, dass er mit Beginn des neuen Schuljahres die Hortkinder wieder an seiner Seite hat. „Die Kinder entwickeln ein gutes Gespür für die Tiere, ihre Bedürfnisse und die Natur überhaupt“, hat er festgestellt. Es kommt schon mal vor, dass Kinder zu Hause bitten, bienenfreundliche statt gefüllte Blumen in die Balkonkästen zu pflanzen. Und auch, wie man sich den Tieren gegenüber verhält, um nicht gestochen zu werden, verstehen die Kinder schnell.

Ein Glas „Zwergenhonig“ kostet 6 Euro

Denn bevor die Kinder in Schutzanzügen zu den Bienen dürfen, lernen sie viel über die Tiere. Dazu gehört auch zu erfahren, wie sie leben und wo am Ende der süße Honig zu finden ist. Ulrich Gansewig baut mit den Grundschülern die Rahmen für die Waben. Die Wachsdeckel dürfen die Kinder später selbst aufbrechen, um schließlich den Honig zu ernten. Wer die diesjährige Frühtracht probieren möchte, kann ein Glas „Zwergenhonig“ zum Preis 6 Euro im Friedhofsbüro (Lütauer Chaussee 2) kaufen. Der Erlös kommt dem Bienenprojekt der Hortkinder zugute.