Lauenburg. Schulleiterin Susanne Werger-von Bergen wechselt nach 15 Jahren in Lauenburg künftig in die Schulbehörde des Kreises in Ratzeburg.
Der grüne Brief aus der Klasse 3d liegt auf dem Schreibtisch der Schulleiterin: „Wir wollen, dass Sie bei uns bleiben, die ganze Schule will das“, steht darin. In diesem Moment muss Susanne Werger-von Bergen ein bisschen schlucken. Sie hat den Kindern erzählt, dass sie ab dem neuen Schuljahr nicht mehr an der Schule ist. Ab dem 1. August steht ihr Schreibtisch in der Schulbehörde des Kreises in Ratzeburg.
Was die Kinder noch nicht verstehen können: „Es reizt mich einfach, mit 55 noch mal etwas Neues anzufangen“, erzählt die erfahrene Pädagogin. Vor 15 Jahren hatte sie sich auf die ausgeschriebene Stelle als Leiterin der Lauenburger Weingartenschule beworben und wurde angenommen. „Das war Neuland für mich, schließlich bin ich eigentlich Realschullehrerin. Aber mich in eine neue Arbeit einzufuchsen, reizt mich ungemein“, erzählt sie.
Veränderungen gab es seit 2005 reichlich an der Lauenburger Grundschule. Was war die größte Herausforderung? Susanne Werger-von Bergen muss kurz überlegen: „Es gab eigentlich immer Bauarbeiten an der Schule. Wir haben improvisiert und trotzdem einen guten Unterricht gemacht. Ich habe eben ein tolles Team“, sagt sie.
Hartnäckigkeit zahlte sich aus: Schule wird komplett modernisiert
Mal gab es neue Fenster, dann Schallschutz für die meisten Klassenzimmer und sogar einen Aufzug, damit endlich auch die Kinder, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, in die obere Etage gelangen konnten. Doch so zahlreich die Baumaßnahmen auch waren, letztendlich lösten sie das größte Problem der 1881 erbauten Schule nicht: Laut Raumbedarfsplanung aus dem
Jahr 2016 fehlen der einzigen Grundschule Lauenburgs etwa 2000 Quadratmeter. In dieser Frage konnte die freundliche Schulleiterin durchaus hartnäckig und schließlich überzeugend sein: Der politische Konsens mündete 2018 in einen Masterplan für die Schule.
13 Millionen Euro sollen Umbauten, Sanierung und ein Neubau an der Stelle der heutigen Stadtbücherei kosten. Klar ist schon jetzt, dass es ab dem neuen Schuljahr eine Übergangslösung an der Fischerkoppel geben wird. In Containern, die doppelstöckig aufgestellt werden, sollen sieben Klassenzimmer plus Nebenräume zur Verfügung gestellt werden. Dorthin sollen einzelne Klassen ausweichen.
Dass Susanne Werger-von Bergen die Früchte ihrer Überzeugungskraft nicht mehr selbst ernten wird, macht ihr nichts aus. „Ich freue mich, dass ich meinen Kollegen eine so tolle Perspektive hinterlassen kann“, sagt sie. In ihrer neuen Funktion wird sie von ihren langjährigen Erfahrungen an der Weingartenschule profitieren. „Wenn ich Schulleitungen oder Schulträger berate, dann weiß ich ganz genau, wo der Schuh drückt. Ich werde nie vom grünen Tische aus etwas sagen“, hat sie sich vorgenommen.
„Kinder sind heute selbstbewusster als vor 15 Jahren“
Wenn Susanne Werger-von Bergen an ihre ersten beruflichen Schritte denkt, erinnert sie sich an ihr Pädagogikstudium in Rostock und ihre ersten Jahre als Lehrerin einer polytechnischen Oberschule in Potsdam. Mit der politischen Wende in der DDR sei sie in kein Loch gefallen, wie viele ihrer Kollegen damals. „Ich habe gemerkt, hier kochen auch nur alle mit Wasser und Kinder sind Kinder. Veränderungen habe ich immer als Herausforderung begriffen“, sagt sie.
Die Kinder aus ihrer ersten Zeit an der Weingartenschule sind mittlerweile erwachsen. Viele sind weggezogen, einige trifft sie noch ab und zu auf der Straße. Das sei eine ganz andere Generation gewesen. Nicht besser oder schlechter, aber anders. „Kinder sind heute selbstbewusster als vor 15 Jahren. Und auch viele Eltern empfinden Schule eher als Dienstleistung. Das färbt auch auf ihre Sprösslinge ab“, sagt sie. Worauf sie aber stolz sei: „Unsere Kinder haben gelernt, ihre Meinung zu sagen und Mitbestimmung einzufordern. Das ist nicht immer bequem, aber wichtig für das Leben“, ist sie überzeugt.
Auf ihr Team komme jetzt eine neue Herausforderung zu. „Viele Familien sind in der Zwangspause durch die Corona-Pandemie an ihre Grenzen gestoßen. Im neuen Schuljahr wird es wichtig sein, jedes Kind dort abzuholen, wo es gerade steht.“ Aber da mache sie sich kein Sorgen: „Es ist immer unser Grundsatz, jedes Kind als eigene Persönlichkeit zu sehen. Mit diesem Anspruch können Lehrkräfte nach der Corona-Krise das Beste für jeden einzelnen Schüler tun.“