Lauenburg. Eigentlich hätten die Fahrgast-Reedereien jetzt Hochkonjunktur. Wegen der Coronakrise bleiben die Schiffe im Hafen und die Kassen leer.
Der Anleger am Ruferplatz in Lauenburg ist verwaist. Dort, wo sonst die Fahrgastschiffe der Reederei Helle liegen und auf Gäste warten, herrscht Leere. Und das wohl noch für einige Wochen, befürchtet Inhaberin Angela Geffke. „Zurzeit ist ja nur klar, dass die Schiffe wegen der Coronakrise bis 3. Mai nicht fahren dürfen“, sagt sie.
Wie es dann weitergeht? Schulterzucken. Dabei lief die vergangene Saison so gut, berichtet sie. Drei Schiffe hat die Reederei: Die 33 Meter lange und 5,30 Meter breite „Herzog von Lauenburg“ als Flaggschiff, die 15,65 Meter lange und 4,03 breite historische Hafenbarkasse „Uhu III“ und den 28 Meter langen und 4,90 breiten „Elvkieker II“. Alle drei waren gut ausgelastet, sodass die wirtschaftliche Bilanz 2019 positiv ausgefallen ist.
Reederei Helle profitiert von guter Saison 2019
„Das ist jetzt unser großes Glück!“, sagt Angela Geffke. Von dem, was im vergangenen Jahr erwirtschaftet wurde, kann sich das Unternehmen einige Zeit über Wasser halten. „Aber wenn wir tatsächlich erst im Spätsommer oder vielleicht gar nicht mehr fahren dürfen, wird unsere finanzielle Situation schwierig und die Existenz der Reederei wäre dann bedroht“, befürchtet die 64-Jährige.
Bereits im April verzeichnet sie 100 Prozent Ausfall, für Mai gibt es bereits 40 Prozent Ausfall – vermutlich aber wird es deutlich mehr werden, mutmaßt sie. „Unsere Schiffe werden mit Vorliebe von Seniorengruppen oder älteren Menschen, die bei uns an Bord Geburtstag feiern möchten, gebucht“, erklärt Geffke.
Generation 60 plus und dazu noch in Gruppen – eine Kombination, die in der Zeit der Coronakrise besonders problematisch ist. „Vor allem Senioren werden vorsichtig und sagen Buchungen ab“, berichtet Angela Geffke. Dazu kommt, dass auch Bustouren derzeit nicht erlaubt sind. Da die Reederei Helle aber viele Komplett-Pakete mit Busunternehmen zusammen organisiert, werden Gruppentouren erst wieder stattfinden können, wenn auch Busse wieder Gäste transportieren dürfen.
Mitarbeiter in Kurzarbeit – Schiffe im Winterquartier
Und so blickt die Eignerin eher skeptisch auf die Saison. Für ihre zwei Vollzeitangestellten hat Angela Geffke ab Mai Kurzarbeit angemeldet. Zwei der drei Schiffen, die noch im Winterquartier am Anleger in Scharnebeck liegen, müssen das im Sommer verlassen und dann in Lauenburg anlegen – und zwar solange in Warteposition, bis es die Erlaubnis gibt, den Fahrgastbetrieb wieder aufzunehmen.
Zurzeit werden die Schiffe flottgemacht für die Saison. Die Außenhaut kriegt einen neuen Anstrich, die Innenräume werden gereinigt und die ein oder andere kleine Schönheitsreparatur erledigt. „Wir bereiten uns auf jeden Fall vor, sodass wir auch sofort wieder mit unseren Touren starten könnten“, so Angela Geffke.
Auch der Anleger nebenan ist noch unbelegt. Der historische Raddampfer „Kaiser Wilhelm“, der sonst von hier aus seine Touren startet, liegt noch in der Hitzler-Werft für die letzten Restaurierungsarbeiten. „Eigentlich hätten wir ja jetzt fertig sein müssen, da am kommenden Sonntag mit dem traditionellen Kurs-Elbe-Tag die Saison losgehen sollte“, sagt Markus Reich, Vorsitzender des Vereins zur Förderung des Lauenburger Elbschifffahrtsmuseums e.V., der den Dampfer betreibt.
Aber nun könnten sie die restlichen Arbeiten entspannter angehen. Was einen möglichen Termin für den Saisonstart angeht, ist auch Markus Reich zögerlich. „Bis Pfingsten haben wir vorsorglich von uns aus alles abgesagt.“
Wenige Kilometer weiter elbabwärts in Geesthacht wartet die „Aurora“ auf ihren Einsatz. Das 36 Meter lange und 7,50 breite Salonschiff fährt zwischen Hamburg-Blankenese und Dömitz und kann für private Veranstaltungen gechartert werden. Inhaber Karl-Heinz Randel und seine Frau Gabriela hatten sich auf dieses Jahr besonders gefreut.
„Aurora“-Reederei verschiebt Investitionen
„Unser Betrieb feiert 20-jähriges Bestehen, und ich habe wirklich Angst, dass das ausfallen muss“, sagt die 55-Jährige traurig: „Wir haben uns bereits darauf eingestellt, dass wir ein wirtschaftlich schweres Jahr vor uns haben.“ Investitionen werden verschoben. Ihre sieben Saisonmitarbeiter sind noch nicht angemeldet, sodass zumindest keine Gehälter gezahlt werden müssen. Wo gespart werden kann, wird gespart.
Günter Schmidt, Geschäftsführer der Herzogtum Lauenburg Marketing und Service GmbH, weiß, dass alle, die in der Tourismusbranche unterwegs sind, ungeduldig auf die Erlaubnis warten, ihre Betriebe zu öffnen. „Im Grunde hängen ja alle zusammen“, sagt er. Die Fährschiffe, Busunternehmen, Gastronomiebetriebe. „Unsere Gäste wollen das volle Angebot nutzen. Was nützt es, wenn Ferienwohnungen vermietet werden können, aber die Restaurants geschlossen haben?“
Der Tourismusverband setze sich bei der Politik mit Nachdruck dafür ein, einen zeitlichen Planungshorizont zu entwickeln. „Es wäre für alle leichter, wenn sie wüssten, in zum Beispiel 14 Tagen können wir starten“, sagt er. Dann hätte man eine Perspektive und ausreichend Zeit, sich auf mögliche einschränkende Maßnahmen wie etwa eine Vereinzelung der Gäste auf den Schiffen vorzubereiten.
Hoffnung auf Tourismusboom im Sommer
Auch wenn die Coronakrise bei den meisten für hohe Umsatzeinbußen sorgt, will Günter Schmidt ein wenig Optimismus verbreiten: „Wenn im Sommer Auslandsreisen weiterhin tabu sind, werden wir hier voraussichtlich einen Tourismusboom erleben, von dem alle profitieren!“