Lauenburg. Die Lauenburgerin Susanne Brauer-Bethge engagiert sich in der Initiative „Omas gegen Rechts“ für Menschlichkeit und Demokratie im Alltag.
„Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren“ stand auf dem Schild, das am 9. November 1967 in der Universität Hamburg entrollt wurde. Es wurde zum Symbol der Studentenprotestbewegung. Und die 20-jährige Studentin Susanna Brauer war damals mittendrin. Auf den Tag genau – 52 Jahre später – protestiert sie wieder: Die heute 72-jährige Susanna Brauer-Bethge steht am kommenden Sonnabend auf dem Lauenburger Wochenmarkt. Wieder ist ein Schild dabei: „Omas gegen Rechts“ steht darauf.
Der Slogan der Hamburger Studenten wurde damals zum Sinnbild für den Protest gegen das Establishment, die verdrängten Jahre des Nationalsozialismus und gegen die „Spießer“ überhaupt. „Wir waren jung und wir wollten von unseren Eltern und Großeltern wissen, was sie damals gegen das Naziregime gemacht haben“, erinnert sich die Rentnerin, die heute in Lauenburg lebt.
Zur Ortsgruppe gehören 20 Mitglieder – auch Männer
Genau diese Frage will sie ihren beiden Enkeln später mit gutem Gewissen beantworten können. „Ich hätte nie gedacht, dass sich die Zeiten nochmal wiederholen könnten. Aber wenn man sieht, wie offen die neuen Nazis ihre Parolen schreien, darf man nicht ruhig bleiben“, ist Brauer-Bethge überzeugt. Als sie von der Gründung der „Omas gegen rechts“ hörte, habe sie darum gleich gewusst, dass sie sich da engagieren will.
Die Lauenburgerin glaubt allerdings, dass es auch gesellschaftliche Ungerechtigkeiten sind, die die Kräfte am rechten Rand stärken. „Gerade in den neuen Bundesländern fühlen sich viele Menschen noch immer abgehängt. Unser westdeutsches System wurde ihnen übergestülpt, ohne dass von ihrer Identität viel übrig blieb“, sagt sie. Man dürfe angesichts der erschreckenden Wahlergebnisse deshalb nicht nur mit dem Finger auf die Menschen dort zeigen, sondern müsse sich fragen, warum es
im Osten so viele Protestwähler gebe.
Menschlichkeit und Demokratie im Alltag
Aus diesem Grund verstehe sich die Initiative „Omas gegen rechts“ auch als eine Kraft, die für Menschlichkeit und Demokratie im Alltag eintritt. Und da sieht die engagierte Rentnerin auch in Lauenburg genug zu tun. „Zwar treten Menschen mit rechter Gesinnung in unserer Stadt nur selten laut auf, aber wir dürfen nicht zulassen, dass sie Oberhand gewinnen“, hat sie sich vorgenommen.
Mittlerweile hat die Gruppierung etwa 20 Mitglieder, zehn von ihnen sind aktiv da-
bei. „Übrigens machen bei uns auch Männer mit“, sagt die Initiatorin.
Wenn sie auf dem Lauenburger Wochenmarkt stehen, schlägt den „Omas gegen rechts“ nicht nur Sympathie entgegen. „Wenn jemand pauschal gegen Flüchtlinge wettert, versuche ich, mit ihm ins Gespräch zu kommen und ihn nach seinen konkreten Erlebnissen zu befragen. Das gelingt allerdings „sehr selten“, bedauert sie. Braucht man heute eigentlich Mut, sich so klar zu bekennen? Susanna Brauer-Bethge muss nicht lange überlegen: „Ich bin noch nie persönlich bedroht worden. Aber ich weiß aus anderen Städten, dass Leute schon körperlich attackiert wurden, weil sie Naziaufkleber entfernt haben. Davon dürfen wir uns aber nicht einschüchtern lassen.“