Lauenburg. Fürstengarten Blick in die Grotte
Der Schlüssel klemmt, das Schloss ist offenbar verrostet. „Hier war ewig niemand mehr“, vermutet Horst Eggert vom Heimatbund und Geschichtsverein. Tatsächlich muss man sich schon gut auskennen, um die Grotte unterhalb der Aussichtsplattform im Fürstengarten zu finden. Für unsere Reihe Adventskalender öffnen wir heute die Tür.
Ein rätselhafter Rundbau mit fünf Nischen. Man könnte sich vorstellen, dass in denen einst Gestalten aus dem griechischen Götterhimmel standen. Heute gibt es in der Grotte eine Ahnengalerie der Lauenburgische Herzöge. Die Aufsteller wirken etwas deplatziert an dem geschichtsträchtigen Ort.
Es war nämlich kein Geringerer als Herzog Franz II., der seiner Ehefrau Maria den Wunsch nach einem großen Garten nicht abschlagen konnte. Gut, dass in Lauenburg anno 1583 der Freudenberg zum Verkauf stand, und so ließ die Herzogin hier neben einem Obst- und Gemüsegarten auch einen barocken Lustgarten anlegen – mit einer in den südlichen Abhang hineingemauerten Grotte.
Vielleicht tut man dem Herzog ja unrecht, aber man erzählt sich, dass sich der Herrscher hier mit seinen Gespielinnen traf. Verbürgt ist auf jeden Fall, dass die Grotte dem geselligen Zusammensein diente, wie man heute sagen würde. „Je nach den schnell wechselnden Witterungsverhältnissen fand man in den heißen Tagen des Sommers angenehme Kühlung oder auch Schutz vor stürmischen Winden und wochenlangen Regentagen“, heißt es in den Aufzeichnungen des ehemaligen Lauenburger Museumsleiters, Jacob Krohn.
Möglicherweise wurden in der Grotte damals einige Ehen angebahnt. Immerhin waren zu jener Zeit Festlichkeiten im Schloss an der Tagesordnung. Die jungen Leute aus den adligen Häusern wussten die Annehmlichkeiten des Lustgartens sehr zu schätzen. Krohn schreibt: „Manches Paar verträumte seine Zeit hinter den mannshohen Taxushecken oder es promenierte unter den Rosen überhangenen Laubengängen entlang.“
Mit dem Aussterben des Herzoggeschlechts Ende des 17. Jahrhunderts fiel der Fürstengarten samt seiner Grotte in einen Dornröschenschlaf.
Grotte geriet in Vergessenheit
Ganz wie im Grimm’schen Märchen überwucherten irgendwann Hecken den Eingang der Grotte, bis sich kaum noch jemand daran erinnerte. 1974 kaufte die Stadt Lauenburg der Gärtnerei Blücher das Gelände ab, um dort eine Parkanlage zu schaffen.
Bei der Ortsbegehung stieß man plötzlich auf den Rundbau und erinnerte sich an ein Gemälde im Lauenburger Museum, dass den Südhang des Schlossberges zeigt, in dessen Mitte ein Rundbogentor ins „Erdinnere“ führte. „Zur Zeit wird das gesamte Objekt in mühseliger Kleinarbeit von der Laueneburger Baufirma Franz Fischer freigelegt“, schrieb die Lauenburgische Landeszeitung am 20. September 1979. Die Arbeiter mussten vorsichtig sein, denn das Mauerwerk war teilweise komplett zerstört. Im durchfeuchteten Mauerwerk wurden daumendicke Wurzeln gefunden.
Schnell war klar: Die Grotte muss renoviert werden. Ursprünglich war man davon ausgegangen, dass die Maßnahe rund 80.000 D-Mark kosten würde. Am Ende beliefen sich Ausgaben dafür auf rund 300.000 Mark. „Die 300 Jahre alte Grotte sei ein einigartiges Stück hochbarocker Nischenarchitektur“, schwärmten die Denkmalschützer angesichts des überraschenden Fundes. Es sei ein Wunder, dass die Grotte noch erhalten sei.
Dem heute 83-jährigen Horst Eggert allerdings war der geheimnisvolle Rundbau seit Ende der 1940er-Jahre bekannt. „Wir Jungen haben uns in den herrschaftlichen Fürstengarten zur Apfelwiese geschlichen. Irgendwann entdeckten wir hinter den Hecken die Grotte mit ihrem Vorhängeschloss. Durch die Türritzen konnten wir die Äpfel, fein säuberlich auf Zeitungspapier gelagert, in den Nischen sehen“, erinnert er sich.