Lauenburg. Haben die sonst so strengen Denkmalschützer beide Augen zugedrückt? Ein riesiger Kasten verschandelt historische Fassade.

Es macht schon was her, das alte Kaufmannshaus an der Elbstraße 111. Johann Heinrich Gottfried Hillinger hatte es im Jahre 1811 erbaut. In alten Dokumenten steht geschrieben, der Kaufmann habe zu Napoleons Zeiten mit den Franzosen gemeinsame Sache gemacht und so gut daran verdient, dass er sich dieses prächtige Haus leisten konnte. Noch heute ist das liebevoll restaurierte Gebäude ein Blickfang in der Lauenburger Altstadt. Doch seit Kurzem steht ein riesiger, dunkelgrauer Kasten davor – aufgestellt mit dem Segen der Denkmalschützer, die sonst mit strengen Blicken über die Ansicht der Altstadt wachen.

Kasten steht auf kommunalem Grund

„Ich dachte, das kann doch wohl nicht wahr sein. Da geht man nichts ahnend vor die Tür, und plötzlich steht dort ein solches Monstrum“, sagt Uwe Schramm, Mieter in dem denkmalgeschützten Haus. Was er mit „Monstrum“ meint, ist ein zwei mal zwei Meter großer Verteilerkasten, der den Ruferplatz mit Strom versorgt. Er steht jetzt in einem Abstand von nur knapp zehn Zentimetern am Fachwerkgiebel des Hauses – aber auf kommunalem Grund.

„Bisher war der Verteilerkasten direkt auf dem Ruferplatz installiert. Bei jedem Hochwasser stand er unter Wasser. Wir mussten eine andere Lösung finden“, erklärt Bauamtsleiter Reinhard Nieberg. Allerdings, so räumt er ein, so ganz glücklich sei die Verwaltung nicht über den neuen Aufstellort, doch eine Alternative in der Nähe des Ruferplatzes gebe es nicht.

Anwohner wurden nicht informiert

Diese Antwort hat Uwe Schramm von der Stadt auch bekommen. In Absprache mit der Eigentümerin, die in Potsdam lebt, will er die optische Beeinträchtigung des Hauses nicht hinnehmen und hat deshalb einen Anwalt eingeschaltet. „Was mich besonders ärgert, man hätte uns ja wohl wenigstens über das Vorhaben informieren können“, sagt er. In einer E-Mail an die Verwaltung hat er seinem Ärger Luft gemacht. Eine Antwort liegt ihm bereits vor. „Die Aufstellung solcher der öffentlichen Versorgung dienenden Einrichtungen erfolgt auch von anderen Bedarfsträgern regelmäßig ohne Beteiligung oder Zustimmung der benachbarten Grundstückseigentümer. Nichts anderes gilt auch im vorliegenden Fall“, heißt es in dem Schreiben.

Stadt prüft Begrünung des Schandflecks

Dass der Kasten ohne Absprache mit den Anwohnern aufgestellt wurde, kommt auch nicht bei allen Politikern gut an. „Man hätte den Bewohnern das Projekt im Vorfeld durchaus vorstellen können“, kritisierte André Peylo während der Bauausschusssitzung am Montag. „Und was wäre passiert, wenn die Anwohner nicht einverstanden gewesen wären? Dann hätten wir den Kasten trotzdem dort aufstellen müssen“, erwiderte Bauamtsleiter Reinhard Nieberg. Die Anregung eines anderen Altstadtbewohners will die Stadt jetzt prüfen lassen: „Vielleicht können wir den Kasten hinter einer grünen Hecke verschwinden lassen“, stellt Nieberg in Aussicht.

Für Horst Eggert vom Heimatbund und Geschichtsverein ist es ein Rätsel, dass die Denkmalschutzbehörde das „Monstrum“ genehmigt hat. Der Heimatforscher hat dafür eine nicht ganz ernst gemeinte Erklärung: „Denkmalschutz hin oder her, Hauptsache der Kasten ist grau.“ Anwohner der Elbstraße wissen, was er damit meint: Bauliche Veränderungen an den Häusern müssen grau kenntlich gemacht werden, um Aussicht auf Genehmigung zu haben.