Lauenburg. Tierfreund Wie Thomas Burmester einen Waldkauz rettete
Es kommt nicht oft vor, dass jemand von sich selbst behauptet, einen Vogel zu haben. Lauenburgs Kämmerer, Thomas Burmester, tat einen Sonntag lang nichts anderes: Bei dem Vogel handelte es sich allerdings um einen Waldkauz, den er vor dem sicheren Tod auf der Bundesstraße rettete. Was er da noch nicht wusste: Es kann zu einer Odyssee werden, am Wochenende einen Experten für Wildtiere zu finden. Seine vielen Telefonate begannen alle mit dem Satz: „Entschuldigung, ich habe hier eine Eule...“
Die Geschichte fing mit einem Anruf der Lauenburger Polizei an. Ob ihn die Beamten als Leiter des Bürgeramtes, ehemaligen Feuerwehrchef oder als stadtbekannten Tierfreund anriefen, ist nicht bekannt. Jedenfalls zögerte Thomas Burmester nicht lange und machte sich mitten in der Nacht auf, um zu dem beschriebenen Fundort an der B 5 zu gelangen. Vorsorglich hatte er sich den Transportkäfig seines Katers in den Kofferraum gepackt. „Als ich ankam, standen dort drei Autos, und sechs Personen schauten ratlos auf die Eule, die regungslos auf dem Mittelstreifen saß“, erzählt er.
Beherzt ging er auf den Kauz zu und drehte vorsichtig dessen Kopf. Eigenartigerweise dachte der Raubvogel gar nicht daran, sich mit dem kräftigen Schnabel zu wehren. Im Gegenteil: Apathisch ließ sich das Tier in den Transportbehälter setzen. Besonders für zwei junge Mädchen war Thomas Burmester jetzt ein Held.
„Mein erster Gedanke war, die Eule im Krüzener Tierpark abzugeben. Aber dort lehnte man ab, weil Vogelgrippe nicht ausgeschlossen werden konnte“, sagt der Retter. Irgendwann hatte er dann einen Falkner aus Krefeld am Apparat, der ihm erzählte, in Hamburg-Niendorf wohne ein Greifvogelexperte. Der war jedoch zunächst telefonisch nicht zu erreichen.
Der Kater war nicht erfreut
Im Hause Burmester war die Begeisterung groß. Natürlich braucht das Tier einen Namen: Hermine – so wie die weiße Schnee-Eule von Harry Potter. Nur der Kater machte lieber einen großen Bogen um den Neuankömmling.
Doch Hermine saß regungslos in dem Transportbehälter. Endlich erreichte Thomas Burmester einen Tierarzt, der sonntags Sprechstunde hatte. Körperlich war die Eule kerngesund. Wahrscheinlich hatte ein Stressereignis einen Schock ausgelöst. Trotzdem gab es Grund zu Sorge: Wenn Hermine nicht bald fressen oder trinken würde, hätte sie kaum eine Chance. Endlich, der Greifvogelexperte war am Telefon: „Versuchen Sie es mit einem zerhackten Hühnerherz“, riet er. Aber wo bekommt man sonntags ein frisches Hühnerherz her? Thomas Burmester kennt einen Bauern in Lütau: Glück für die Eule, Pech für das Huhn.
Die Nacht verbrachte Hermine bei Familie Burmester. Der Montag würde schon eine Lösung bringen. So kam es schließlich auch. „Am Morgen spreizte sie plötzlich die Flügel. Ich fuhr mit ihr in den Wald. Nach zwei, drei Versuchen flog sie acht Meter hoch in einen Baum“, erzählt der Vogel-Retter. Er verstaute den Transportkorb im Auto. Hermine drehte ihm den Kopf zu, und Thomas Burmester ist sich ganz sicher, dass sie „Danke“ sagen wollte.
Der Waldkauz ist ein etwa 40 Zentimeter großer Eulenvogel mit einer Flügelspannweite von einem Meter. Das Männchen ist in der Regel etwas kleiner als das Weibchen. Es wiegt im Durchschnitt etwa 440 g, das Weibchen 560 g. Der Waldkauz tritt – unabhängig von Geschlecht und Alter – in drei Färbungsvarianten auf, braun, rostrot und grau. Das Brustgefieder hat deutliche dunkle Längsstreifen mit schwächeren Querstreifen. Besonders charakteristisch für den Waldkauz ist außerdem der große, runde Kopf mit den schwarzen Augen und einem ausgeprägten Schleier. Waldkäuze werden wegen ihres nacht- und dämmerungsaktiven Lebens verhältnismäßig selten von Menschen beobachtet.