Lauenburg . Jubiläum Seit 50 Jahren betreiben die Ellerbrocks das Kult-Lokal an der Elbe

Wer weiß, wie alles gekommen wäre, hätten Rudolf und Hannelore Ellerbrock aus Georgswerder damals nicht diese Annonce gelesen: „Gaststätte in Lauenburg an der Elbe zu verpachten.“ Das war im Jahre 1967. Ein Jahr später hatten die beiden nicht nur ihr Taxiunternehmen verkauft, sondern sich samt Hausrat und dem achtjährigen Sönke nach Lauenburg aufgemacht. Das Restaurant Zum Alten Schifferhaus, direkt an der Elbe gelegen, hatte es ihnen angetan. Sie unterschrieben den Pachtvertrag – seitdem ist der Name Ellerbrock fest mit dem urigen Gasthaus verbunden.

„Kaum zu glauben, dass das schon 50 Jahre her ist“, sagt Sönke Ellerbrock, der seit 1988 Wirt des Schifferhauses ist. Dabei hatte er eigentlich ganz andere Pläne gehabt. Kreativ wollte er sein in seinem Beruf, irgendwas mit Musik vielleicht oder mit Fotografie, auf jeden Fall nicht Gastwirtschaft. „Ich sah ja, wie meine Eltern sich abrackerten. Zeit für Familienleben blieb da kaum“, erinnert er sich. Doch seine Eltern bissen sich durch. Der Vater nutzte seine geschickten Hände, die Mutter ihr Kochtalent. Und Sönkes Musikkarriere? „Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt“, sagt er lachend. Er begann in Hamburg eine Lehre als Koch und merkte plötzlich, wie kreativ auch dieser Beruf sein kann. Später kam noch ein kaufmännisches Studium dazu. Seine Welt war voller Möglichkeiten.

Doch dann kam der Tag, an dem er sah, dass seine Mutter mit ihren Kräften am Ende war. „Das war wie der Wink des Schicksals. Ich hatte ja die besten Voraussetzungen. Also stieg ich in die Fußstapfen meiner Eltern“, erzählt er. Nein, einfach sei das anfangs nicht gewesen. „Die Stammgäste sagten noch Jahre später, dass sie zu Hannelore gehen würden, wenn sie das Schifferhaus meinten“, erinnert er sich. Und auch die Mutter hätte immer einen strengen Blick darauf gehabt, was der Sohn mit ihrem Lebenswerk anstellt.

„Aufgeben ist keine Option“

Heute ist Sönke, den jeder nur beim Vornamen nennt, so was wie ein Lauenburger Original: singender Wirt, Harley-Fahrer, Kumpel mit dem weichen Kern. Und Koch natürlich: Die meisten Gerichte, die auf der Karte des Schifferhauses stehen, hat er zuvor in seiner eigenen Küche ausprobiert. „Vergiss den Büromenschen nicht. Wer heute Gastronom ist, verbringt einen Großteil seiner Zeit am Schreibtisch“, schimpft er. Seine Mutter hätte ihre Abrechnung noch in einem Schulheft gemacht, er müsste eigentlich jemanden extra für die Buchhaltung einstellen, da könne einem echt die Lust am Beruf vergehen. Doch so wie er das sagt, kann das nicht ernst gemeint sein.

Nur einmal, da hat Sönke tatsächlich daran gedacht, das Schifferhaus aufzugegeben. Im Juni 2013 hatte das Hochwasser dem alten Fachwerkhaus aus dem Jahre 1663 dramatisch zugesetzt. Erst als das Wasser abgelaufen war, wurden die Schäden sichtbar: Der Lehmputz hatte sich vollgesogen, der Holzfußboden gab unter jedem Schritt schmatzend nach, als Sönke sein Gasthaus wieder betreten durfte. Dem Wirt, den sonst so schnell nichts umwirft, standen Tränen in den Augen. Nicht nur der finanzielle Schaden, der später mit über 300 000 Euro beziffert wurde, drückte aufs Gemüt. Sönke sah auch das Lebenswerk seiner inzwischen verstorbenen Eltern den Bach runter gehen. „Aufgeben ist keine Option“, hatte ihm damals seine Frau Silvia ans Herz gelegt.

„Wäre sie nicht an meiner Seite gewesen, hätte ich nicht den Mut gehabt, noch mal anzufangen“, sagt Sönke heute. Inzwischen ist von den Schäden im Schifferhaus nichts mehr zu sehen. Wären seine Eltern stolz auf ihn? Mit Sicherheit, sagt Sönke, und das nicht nur, weil er nach dem Hochwasser weitergemacht hat. 2006 hat er das Schifferhaus gekauft und er weiß: „Das ist immer der Traum meiner Eltern gewesen.“