Lauenburg. Dampfschifffahrt Vor 200 Jahren: Lauenburger staunen über das moderne Kraftpaket auf der Elbe
Die Lauenburger sind stolz auf ihren „Kaiser Wilhelm“. Der Schiffsoldie ist immerhin der letzte Raddampfer auf der Elbe, der noch mit Kohle und Dampf angetrieben wird – 117 Jahre ist er alt und gilt als ein schwimmendes Denkmal.
Doch im 19. Jahrhundert galt der Dampfantrieb als modernste Technik. Vor 200 Jahren, im April 1817, passierte das erste Dampfschiff auf der Elbe die Stadt Lauenburg. „Es war der Kurier, der in Pichelsdorf bei Spandau von dem schottischen Ingenieur John B. Humphreys Junior gebaut worden war“, weiß Siegfried Betge, ehrenamtlicher Führer im Elbschifffahrtsmuseum.
Der „Kurier“ (auch „Courier“) war für Fahrten zwischen Hamburg und Magdeburg vorgesehen. Am 5. April legte das Schiff in Pichelsdorf ab und traf am 8. April in Hamburg ein. Es war damit das erste Dampfschiff auf der Oberelbe und das zweite, das in die Hansestadt kam. Eine zweite Tour des „Kurier“ führte vom 24. bis zum 28. April von Berlin nach Hamburg. „Die Kajüte erster Klasse bot Raum für 14 Fahrgäste, die Kajüte zweiter Klasse nahm 16 bis 18 Personen auf; auch besaß das Schiff eine Restauration und zwei Schlafzimmer, das eine für Damen, das andere für Herren“, schreibt Hans Szymanski in seinem Buch „Die Dampfschifffahrt in Niedersachsen und in den angrenzenden Gebieten von 1817 bis 1867“.
Vor der Nutzung der Dampfkraft wurde auf der Elbe gerudert, gestakt oder gesegelt. „Oder die Schiffer ließen sich mit dem Strom treiben“, erzählt Siegfried Betge. Mit den Dampfern begann eine neue Ära, man versprach sich viel von der neuen Technik. Doch bis zu ihrem effektiven Einsatz mussten noch viele Hindernisse aus dem Weg geräumt werden. Siegfried Betge: „Die Flüsse waren noch lange nicht frei schiffbar. In ihnen schwammen Baumstämme, es gab Inseln und Sandbänke, der Pegel war vielerorts zu niedrig für die größeren Passagierschiffe.“ An zahllosen Zollstellen musste zudem gestoppt und gezahlt werden – zumindest für Waren, die an Bord mitgeführt wurden.
Schon der Wiener Kongress (18. September 1814 bis zum 9. Juni 1815) hatte das Ziel einer freien Schifffahrt formuliert. Daraus entstand eine Kommission, die 1821 die Elbschifffahrtsakte verabschiedete – mit ihr sollten die zahlreichen Elbzölle abgeschafft werden. „Auch die Stadt Lauenburg erhielt ein Exemplar dieser Akte. Es befindet sich heute im Elbschifffahrtsarchiv“, so Betge. Der Museumsführer fühlt sich bei diesem Thema oft an heutige Diskussionen über CETA oder TTIP erinnert: „Schließlich ging es damals schon um den freien Handel über alle Grenzen hinweg“.
Doch bis Dampfschiffe freie Fahrt auf der Elbe hatten, sollte es noch lange dauern. „Die ersten Schiffe wurden schnell wieder verschrottet, weil diese Technik einfach noch nicht griff“, weiß Siegfried Betge. Den „Kurier“ ereilte dieses Schicksal bereits 1824, sieben Jahre nach seinem Stapellauf.
Etwa 40 Jahre später nahm die Personenschifffahrt auf der Elbe dann doch endlich Dampf auf – Lauenburg, Dresden und Magdeburg galten als ihre Zentren. 1861 eröffneten die Lauenburger Brüder Johann und Nicolaus Burmester mit dem Seitenraddampfer „Lauenburg“ den regelmäßigen Schiffsverkehr nach Hamburg. 1890 gehörten schon sieben Dampfer zu ihrer Flotte, die Schiffe wurden immer komfortabler und waren auch am Wochenende im Einsatz. Auch die Lauenburger Gebrüder Basedow beförderten auf ihren Schiffen zahllose Passagiere nach Dömitz, Tesperhude oder Hamburg. Ihre „Hugo Basedow“ war der letzte Liniendampfer auf der Elbe – 1961 wurde auch sein Betrieb eingestellt.
„Die Verliebtheit in die Dampfschiffe ist uns aber geblieben“, sagt Siegfried Betge. „Schließlich haben wir jetzt den Kaiser Wilhelm.“ Der Großhansdorfer Ernst Schmidt hat das Schiff 1970 von der Weser nach Lauenburg geholt und es so vor der Verschrottung bewahrt. Nach neunjähriger Pause legte tatsächlich wieder ein Dampfschiff in Lauenburg an. Mehr als 200 000 Passagiere haben die Fahrten auf dem „Kaiser“ seitdem genossen – und ein Kapitel Schifffahrtsgeschichte erlebt.