Lauenburg. In Lauenburg ist der Höchststand des Elbhochwassers bei einem Pegelstand von 9,64 Metern am Mittwochmorgen offenbar erreicht. Bundeskanzlerin Merkel und Ministerpräsident Albig besuchen derzeit die Altstadt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am Mittwochnachmittag im vom Hochwasser betroffenen Lauenburg eingetroffen. Zusammen mit Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) informiert sie sich über die Lage in der Kleinstadt an der Elbe und die Arbeit der Einsatzkräfte.
Das Elbhochwasser in Lauenburg hat unterdessen dort offenbar seinen Höhepunkt erreicht. „Das müsste der Scheitelpunkt sein“, sagte Feuerwehrsprecher Thomas Grimm am Mittwochmorgen. Am Mittwochmorgen war der Wasserstand bei 9,64 Meter stehengeblieben. Das langjährige Mittel des Elbwasserpegels liegt in Lauenburg normalerweise bei etwa fünf Metern. Insgesamt sei die Lage stabil.
Wasser soll nun sinken - aber langsam
Nach der Vorhersage der Magdeburger Hochwasservorhersagezentrale sollen die Pegelstände in den nächsten Tagen sinken, aber nur langsam. Er rechne damit, dass der Wasserstand der Elbe noch bis zum Wochenende bei über neun Metern liegen werde, sagte Grimm.
„Wir sind über jeden Zentimeter weniger froh und freuen uns schon, wenn der Wert nicht weiter ansteigt. Denn ein Zentimeter weniger bedeutet 16 Tonnen weniger Wasserdruck für die Deiche“, sagte Krisenstabssprecher Karsten Steffen.
Durchsickerungen sind normal
Es gebe stellenweise Durchsickerungen an den Deichen, das sei aber bei der Wasserhöhe normal. Grimm rechnete damit, dass der Wasserstand der Elbe noch bis zum. Wochenende bei über neun Metern liegt – kein Grund zur Entwarnung also.
Nach Grimms Angaben wird die Situation an den Deichen sorgfältig im Auge behalten. Die Deiche werden inzwischen nicht nur von Deichläufern, sondern auch mit Wärmebildkameras aus der Luft überwacht. So sollen undichte Stellen und von unten durchsickerndes sogenanntes Qualmwasser früh erkannt werden. „Und wenn was passiert, sind wir vorbereitet.“
Krisenstab bereitet Rückkehr der Anwohner vor
Obwohl das Wasser nach Vorhersagen der Behörden voraussichtlich erst am nächsten Dienstag (18. Juni) auf unter neun Meter sinken soll, wollte der Krisenstab bereits am heutigen Mittwoch erste organisatorische Fragen zur Rückkehr der Bewohner der Elbstraße in ihre Häuser klären. Eine Arbeitsgruppe von Experten der Hilfsorganisationen, Polizei, Versorgungsbetrieben und Verwaltung soll entsprechende Empfehlungen erarbeiten. „Wegen der noch hohen Pegelstände bleibt aber offen, ob es heute schon Entscheidungen und einen Terminplan geben wird“, sagte Krisenstabsprecher Karsten Steffen.
Rund 450 Bewohner der Elbstraße hatten am Sonntag dem Elbhochwasser weichen und ihre Häuser verlassen müssen. Sie mussten zu Verwandten, Freunden oder in von Bürgern zur Verfügung gestellte Ersatzquartiere umziehen. „Uns ist klar, dass die Menschen so schnell wie möglich in ihre Wohnungen zurückkehren wollen, aber es wird noch Tage dauern, bis es so weit ist“, sagte Steffen.
Das Land stellt eine Million Euro zur Verfügung
Unterdessen kündigte Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) schnelle und unbürokratische finanzielle Unterstützung für die Flutopfer in Schleswig-Holstein an. Dafür solle zunächst eine Million Euro in einer Art Schnellzugriffs-Topf bereitgestellt werden, sagte Albig am Rande einer Kabinettssitzung in Berlin. Der Bürgermeister von Lauenburg werde auf das Geld zugreifen können. Einzelnen Familien könnten schon Beträge von wenigen Hundert Euro enorm helfen. Später werde der Fonds möglicherweise aufgestockt.
Nur noch im Überlebensanzug in die Elbstraße
Akute Notfallreparaturen an den Sandsackwällen in der Lauenburger Altstadt sind nur noch mit wasserdichten Überlebensanzügen möglich „Wir haben ein Loch im Pflaster gegenüber vom Hotel Möller ausfindig gemacht, das wir jetzt mit Sandsäcken zu stopfen versuchen“, sagte Torben Heuer, Zugführer bei Lauenburgs Feuerwehr und Abschnittsleiter für einen Teil der Elbstraße, am Dienstag. In wasserdichten Überlebensanzügen schleppten seine Kameraden die Sandsäcke durch das fast 70 Zentimeter hoch stehende Wasser und stopften das Loch im Boden so gut es ging. „Das hatten wir 2011 auch, da müssen wir hinterher, wenn das Wasser wieder weg ist, mal gucken, was die Ursache ist“, so Torben Heuer.
Anwohner der Elbstraße kritisieren Zugangsregelung
Die etwa 400 Bewohner der Elbstraße hatten bereits in der Nacht zum Montag ihre Häuser verlassen müssen. Wann sie zurückkehren können ist derzeit noch ungewiss. Einzelne Betroffene haben sich in Internetforen massiv über das Vorgehen des Krisenstabs beschwert. Während Politiker und Journalisten regelmäßig die Elbstraße besichtigt hätten, habe man ihnen den Zugang zu dem Altstadtbereich komplett verwehrt, lautet die Kritik.
Am Dienstagnachmittag informierte sich auch Kirsten Fehrs, Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck, bei der Technischen Einsatzleitung im Rathaus Lauenburg. „Unsere Gedanken und Fürbitten sind bei den Menschen, die ihre Häuser verlassen mussten“, sagte die Bischöfin. „Ich bin beeindruckt von der logistischen Leistung, die die Einsatzkräfte hier vollbringen. Hier geht es ja um jeden Millimeter.“
Schutzwälle am Industriegebiet und der Palmschleuse halten
Als Schwerpunkt des Einsatzes gilt derzeit die Sicherung des Industriegebiets östlich der Altstadt. „Wie es momentan aussieht, hält der Deich dort jedoch, und auch der Hochwasserschutz an der historischen Palmschleuse hat bis jetzt funktioniert“, sagte der Sprecher des Krisenstabes, Karsten Steffen. Deichläufer und Hubschrauber inspizieren die Deiche immer wieder auf Schäden. Problematisch könnte nur das Qualmwasser werden, das durch den aufgeweichten Deich sickert.
Tischlermeisterin Monika Horstmann geht daher auf Nummer sicher und hat den Betrieb vorsorglich eingestellt. Die 14 Mitarbeiter und zahlreiche Helfer haben am Montag 15 mittlere und große Maschinen abgebaut, verladen und in sichere Depots gebracht. „Mein Betrieb liegt an einer der tiefsten Stellen des Industriegebiets. Wenn sich hier Qualmwasser sammeln und eine Woche zehn Zentimeter hoch in der Halle stehen würde, könnte ich meine Spezialmaschinen anschließend verschrotten lassen“, sagt sie. Die anderen Firmen im Lauenburger Industriegebiet arbeiten unterdessen weiter
Mehr als 1000 Helfer - die meisten von der Feuerwehr
Weit mehr als 1000 Einsatzkräfte kämpfen nach wie vor in Lauenburg gegen die Flut. Das größte Kontingent der Helfer stellen nach Angaben des Landesfeuerwehrverbands Schleswig-Holstein die Freiwilligen Feuerwehren, die Kräfte seien von ihren Arbeitgebern für den Hilfseinsatz freigestellt worden. „Dieser Einsatz zeigt in beeindruckender Weise wieder einmal die Wichtigkeit eines funktionierenden Systems Freiwillige Feuerwehr. Dieses ist durch nichts zu ersetzen“, betonte Landesbrandmeister Detlef Radtke.
Keine Gefahr in Altengamme und Zollenspieker
In Hamburg wird der Hochwasserscheitel der Elbe voraussichtlich zwischen Mittwoch und Donnerstag erreicht. Es bestehe aber nach derzeitiger Einschätzung keine Gefahr für die Stadt, teilten die Behörden am Dienstag mit. Das Wasser in der HafenCity, der Speicherstadt und im Hafen werde lediglich um 40 Zentimeter steigen. Deutlich klettern wird das Wasser in dem Bereich der Tideelbe zwischen der Staustufe Geesthacht und der Bunthausspitze, wo sich Norder- und Süderelbe teilen.
Bei Altengamme werden es nach Berechnung von Experten etwa 6,60 Meter über Normal Null sein – üblich sind 2,70 Meter. „Aber das macht nichts“, sagte ein Sprecher der Umweltbehörde. Die Deiche seien bis 7,80 Meter über Normal Null ausgelegt. Seit Sonntag ist die Elbe oberhalb der Elbbrücken gesperrt. Die Fähre Hoopte-Zollenspieker hat ihren Betrieb eingestellt.