Geesthacht. Die lebensgefährlichen Durchfallerkrankungen durch EHEC-Erreger sind weiter auf dem Vormarsch. Am Wochenende starben vier Frauen, nachdem sich die Infektionen bei ihnen zum sogenannten hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) ausgeweitet hatten.
Damit erhöhte sich die Zahl der EHEC-Toten auf zehn.
Eines der vier Todesopfer mit einem positiven EHEC-Befund ist in Geesthacht zu beklagen. Am Sonnabend war eine 84-Jährige, die an dem gefährlichen Durchfall-Erreger litt, im Johanniter-Krankenhaus gestorben. "Die Frau wurde bereits vor einigen Tagen bei uns aufgenommen, sie hatte die typischen Symptome der Erkrankung und wurde entsprechend isoliert behandelt. Die Tests waren dann auch positiv", sagte Sylvia Ziesmann-Busche, die Sprecherin des Johanniter-Krankenhauses, gestern.
Nach Informationen unserer Zeitung handelt es sich bei der 84-Jährigen um die Bewohnerin eines Seniorenheims. Die Klinik hat das zuständige Gesundheitsamt umgehend informiert, von dort gehen die Informationen in die Datenerhebung des Gesundheitsministeriums ein.
Vor allem das lebensgefährliche hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) stellt die behandelnden Mediziner vor eine schwere Aufgabe. Sie rechnen damit, dass sich die Infektionenen weiter ausbreiten. In Lübeck und Hamburg setzen sie seit dem Wochenende auf eine neue Behandlung im Kampf gegen das HUS: Infizierte mit schweren Komplikationen bekommen einen speziellen Antikörper. Allerdings sind die Kliniken im Norden mittlerweile überfüllt. "Es gibt bereits eine Hotline, über die bundesweit freie Spezialbetten für die Behandlung von Patienten mit schweren Komplikationen durch die zuerst aufnehmenden Kliniken abgefragt werden können", sagte Sylvia Ziesmann-Busche.
Todesursächlich ist bisher meistens das Nierenversagen der EHEC-Patienten gewesen. Es geht deshalb darum, die lebensbedrohlich Erkrankten an sogenannte Plasmapherese-Geräte anzuschließen, mit denen Blutplasma ausgetauscht wird. Eine Technik, die einfache Dialyse-Geräte nicht bieten.
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) bekräftigte gestern die Warnung vor dem Verzehr von rohen Gurken, Tomaten und Salat. Bundesregierung, Länder und Behörden wollen die Ausbreitung des Darmkeims heute in Berlin beraten.
"Solange es den Experten in Deutschland und Spanien nicht gelungen ist, die Quelle des Erregers zweifelsfrei zu benennen, haben die allgemeinen Warnhinweise für Gemüse weiterhin Bestand", sagte Aigner. In einer Emnid-Umfrage gaben 58 Prozent der Befragten an, derzeit auf ungekochte Gurken, Tomaten und Salat zu verzichten. Die Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse (BVEO) lässt unterdessen das Gemüse seiner Mitglieder im Labor untersuchen. Bislang seien dabei keine EHEC-Bakterien gefunden worden, berichtete der Verband in Bonn.
In Mecklenburg-Vorpommern fanden Lebensmittelkontrolleure bei drei Gurken Hinweise auf eine EHEC-Belastung, der Erreger selbst wurde aber bislang nicht nachgewiesen. Dieser Test kann nach Angaben von Landesverbraucherschutzminister Till Backhaus (SPD) noch bis Mitte der Woche dauern. Woher die in Lebensmittelläden und Gaststätten sichergestellten Gurken stammten, wollte der Minister nicht sagen.
Der Höhepunkt der EHEC-Welle ist offensichtlich noch nicht erreicht. "Wir müssen davon ausgehen, dass die Zahl der Schwererkrankten noch weiter steigt", sagte ein Sprecher des niedersächsischen Sozialministeriums.
Auch Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) erwartet eine weitere Zunahme.
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