Geesthacht/Buchhorst. Schreck beim Aufräumen: Die Insekten haben sich in einer Kiste für Gartenmöbel-Auflagen angesiedelt. Was ein Experte vom Nabu rät.

Bastian Numrich war dabei, den Balkon der Wohnung seiner Freundin Nadine König in Buchhorst bei Lauenburg winterfest zu machen. Der Lehrer von der Geesthachter Bertha-von-Suttner-Schule (BVS) wollte gerade die Auflagen für die Gartenmöbel in eine dazugehörige Kiste verfrachten, als er in dem eigentlich leeren Behältnis auf ein riesiges Wespennest stieß. „Ich bin erst einmal fünf Meter weggesprungen – so erschrocken war ich“, gestand Numrich offen ein.

Denn das Nest, dessen Durchmesser über 40 Zentimeter beträgt, war noch belebt. Einige schwarz-gelb gestreifte Insekten tummelten sich um die Eingänge. Als Numrich und seine Freundin näher hinschauten, stellten sie fest, dass die Wespen bei geschlossenem Deckel durch zwei kleine Öffnungen ins Innere gelangten. Den ganzen Sommer über hatte das nicht gemeinsam wohnende Paar das Nest der Insekten nicht bemerkt. „Die Kiste war bestimmt ein halbes Jahr lang nicht offen“, schätzt Numrich.

Riesiges Wespennest auf dem Balkon - das kann man tun

Aktiv werden muss der Geesthachter derweil nicht mehr, sagt Ralf Schütze-Buzello vom NABU Geesthacht, der einer von sechs im Kreis Herzogtum Lauenburg registrierten Wespen- und Bienenberatern ist. Diese können im Bedarfsfall zu Rate gezogen werden. „Die Wespen sterben in den nächsten Tagen mit Ausnahme der befruchteten Jungköniginnen. Anfang November ist ihr Sterbemonat, wobei ich letztes Jahr noch Oktober erzählt habe, aber so ist halt der Klimawandel“, sagt Schütze-Buzello.

Anhand von Fotos geht der Experte davon aus, dass es sich bei Numrich um ein Nest der Gemeinen Wespe mit etwa 3000 Exemplaren handelt. „Das ist eines der größeren, die ich dieses Jahr gesehen habe. Die können aber auch mal 60 Zentimeter groß werden“, sagt Hobby-Imker Schütze-Buzello, der vor sechs Jahren mit der ehrenamtlichen Tätigkeit begonnen hat.

Gemeine Wespe und Deutsche Wespe haben einen schlechten Ruf

Registrierter Wespenberater: Ralf Schütze-Buzello (NABU Geesthacht) hat in seinem Flur Beispiele von heimischen Wespennestern. Er zeigt auf ein Nest der friedfertigen Hornissen. Auch die etwa Handball großen Nester auf Schulterhöhe gehören zu harmlosen Arten. Ein Nest der Gemeinen Wespe wie bei Bastian Numrich hängt unten links.
Registrierter Wespenberater: Ralf Schütze-Buzello (NABU Geesthacht) hat in seinem Flur Beispiele von heimischen Wespennestern. Er zeigt auf ein Nest der friedfertigen Hornissen. Auch die etwa Handball großen Nester auf Schulterhöhe gehören zu harmlosen Arten. Ein Nest der Gemeinen Wespe wie bei Bastian Numrich hängt unten links. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Die Gemeine Wespe ist wie die verwandte Deutsche Wespe ein Dunkelhöhlennister und baut etwa unter Dächern, in Lüftungsschlitzen oder eben in Kisten für Gartenmöbel. „2021 hatte ich auch ein Nest in einem Sofa in einem Schrebergarten“, erzählt Schütze-Buzello.

Gemeine und Deutsche Wespe sind auch der Grund für den ganz schlechten Ruf „unserer schwarz-gelben Sommergäste“, wie Schütze-Buzello sie liebevoll nennt. Nur diese beiden Arten sind aufdringlich und aggressiv, wenn sie es vor allem in ihrer letzten Lebensphase im Spätsommer auf Fleisch und Süßes abgesehen haben.

Nester nicht beschädigen: Wespen stehen unter Naturschutz

Die sechs anderen staatenbildenden Wespen, die in Deutschland vorkommen, sind sogenannte Freinister und absolut friedfertig. „Sie meiden Menschen und verteidigen nur ihr Nest“, sagt der Experte. Dazu gehören: Mittlere Wespe, Waldwespe, Rote Wespe, Sächsische Wespe, Feldwespe und die besonders geschützte Hornissen. Bei diesen Arten kann man häufig hängende Nester sehen, groß wie ein Handball. Ausnahmen: Hornisse bauen deutlich größer, Feldwespen mit offenen Waben. Für den Normalbürger leider wenig hilfreich: Unterscheiden lassen sich alle Arten durch ihre Zeichnung zwischen den Augen.

Über 40 Zentimeter groß ist das Wespennest, das Bastian Numrich in einer Kiste auf dem Balkon der Wohnung seiner Freundin gefunden hat.
Über 40 Zentimeter groß ist das Wespennest, das Bastian Numrich in einer Kiste auf dem Balkon der Wohnung seiner Freundin gefunden hat. © Privat | Privat

Was die staatenbilden Wespenarten eint: Ihre Nester dürfen nicht beschädigt werden. Sie stehen unter Naturschutz. Vor allem die friedfertigen Arten sind besonders gefährdet. Falls das Nest an einer bedrohlichen Stelle ist, reicht es meist schon aus, die Flugbahn der Wespen zu verändern. „Das geht etwa, indem ich eine Sichtblende großflächig unter das Nest hänge“, sagt Schütze-Buzello.

Tipps des Experten - Ein Schädlingsbekämpfer ist die letzte Maßnahme

Klappt das sogenannte Ummanteln nicht, ist auch ein Umsetzen auf dem Grundstück oder ein Umsiedeln denkbar. Bei Letzterem wird das Nest herausgeschnitten und es werden so viele Wespen wie möglich aufgesaugt und mitgenommen. „Der Nabu versucht, Nester zu retten“, sagt Schütze-Buzello. Die letzte Maßnahme wäre es, einen Schädlingsbekämpfer zu beauftragen, der jedoch über 100 Euro kostet. „Oder man lebt ein Jahr damit“, ergänzt der Experte.

Es gibt auch diverse Tipps, wie Wespen von Kaffeetafeln oder Grillabenden zu vergrämen sind, sprich sich vertreiben lassen – etwa mithilfe von verbranntem Kaffeepulver. Ralf Schütze-Buzello hat die besten Erfahrungen mit Ablenk-Futter gemacht, das rund 30 Minuten vorher in rund zehn Meter Entfernung aufgestellt werden sollte. „Halbierte Weintrauben oder überreifes Obst eignen sich gut“, sagt der Experte.

Das Jahr 2022 sei zu Beginn ein ausgesprochen starkes Wespenjahr gewesen. Die beiden heißen Sommertage über 35 Grad haben allerdings ausgerechnet die friedlichen Arten stark dezimiert. Ralf Schütze-Buzello war in diesem Jahr über 30 Mal im Einsatz.

Bastian Numrich muss sein Wespennest derweil noch ein paar Tage ruhen lassen. Im Dezember darf er es laut dem Wespen-Experten dann zerstören. Wespennester werden nicht wieder genutzt.

Wenn Sie Hilfe bei Wespennestern benötigen, können Sie den NABU Geesthacht (nabu-geesthacht.de) kontaktieren. Die Vorsitzende Heike Kramer hat die Telefonnummer 0171/882 91 71.