Geesthacht. Teuer, langsam: Vorurteile über die EU gibt es viele. Die Europa-Union klärt auf – auch, was es mit den Gurken auf sich hat.
Michael Backs ist vielen Geesthachtern bekannt, weil er sich für die Belange der älteren Generation im Seniorenbeirat wortstark in die Bresche wirft. Aber er ist nicht nur im Einsatz für seine 33.700-Seelen-Gemeinde – die ganze EU mit ihren 447,7 Millionen Einwohnern liegt dem ehemaligen Bundeswehr-Offizier am Herzen.
Backs ist Mitglied in der Europa-Union, Ortsverband Aumühle-Wohltorf. In Geesthacht gibt es den Verein nicht. Und der habe sich mit der Wahl des Aumühlers Dennis Kropp zum neuen Vorsitzenden kürzlich deutlich besser aufgestellt, meint Backs: „Ich habe die kleine Hoffnung, wieder Anschluss an die jüngere Generation zu finden. Wir sind stark überaltert.“
Europa-Union: Vorsitzender bekannt aus "Wetten, dass...?"
Dennis Kropp ist Leiter des Bauhofes der Gemeinden Aumühle und Wohltorf, bundesweit bekannt wurde er durch die Feuerwehrwette bei der ZDF-Sendung „Wetten, dass...?“ vor einem Jahr. Feuerwehrleute aus dem Kreis trieben einen Gokart mit dem Wasser aus ihren Löschschläuchen an. „Ich war der Fahrer“, erzählt Dennis Kropp. Nun will er auch die örtliche Europa-Union auf Touren bringen. Niemand bewarb sich um den Vorsitz, das wäre das Aus des Vereins gewesen.
Dennis Kropp, dessen Gemeinde stark mit dem Verein verbunden ist, trat erst einen Tag vor seiner Wahl zum Kandidieren ein. Die Leiterin der VHS Aumühle-Wohltorf, Jeanette von Wedel, wurde zur Schriftführerin gewählt, zudem Bärbel Kowalke (Kasse) und Brigitte Lützen (2. Vorstand) im Amt bestätigt.
Verein hat derzeit 56 Mitglieder
Das klare Ziel von Dennis Kropp: Viele neue Mitglieder für den Ortsverein aus dem gesamten Südkreis zu gewinnen. Zurzeit liegt die Zahl bei 56. Dafür sollen der Stand auf dem Weihnachtsmarkt beim Aumühler Bismarckturm (25. und 26. November) und die – offene – Weihnachtsfeier im Wohltorfer Rathaus (18. Dezember) genutzt werden. Bis eigene Kontaktmöglichkeiten eingerichtet sind, ist der Landesverband (Tel. 0431/93333) Ansprechpartner – der Kreisverband wurde kurz nach seiner Gründung 2019 pandemiebedingt wieder eingestellt, berichtet Dennis Kropp.
Die Europa-Union in Deutschland gibt es seit 1946. Ziel: Das Zusammenwachsen der europäischen Staaten zu forcieren. Dementsprechend besuchen Mitglieder der Europa-Union auch Schulen, fördern mit Planspielen das Wissen, wie die EU tickt und wie Entscheidungen zustande kommen. Und da gibt es einige Vorurteile abzubauen. Michael Backs hat die populärsten Irrtümer für unsere Leser zusammengestellt und erläutert, wie es sich wirklich verhält.
Irrtümer über die Europäische Union:
- Pro Kopf zahlte zum Beispiel im Jahr 2020 niemand so viel an die EU wie die Deutschen. Richtig: Mit durchschnittlich 228 Euro pro Kopf zahlte 2020 niemand so viel an die EU wie die Dänen.
- Deutsch als Fremdsprache spielt in Europa keine große Rolle. Deutsch ist nach Englisch und Französisch die meistgelesene Fremdsprache. Besonders in den Schulen in Polen, Slowakei, Ungarn und Luxemburg
- Die EU leistet sich einen gigantisch aufgeblähten Beamtenapparat. Kommission, Ministerrat und Parlament zählen zusammen etwa 32.500 Bedienstete. Zum Vergleich: In der Stadtverwaltung München arbeiten 33.000 Menschen.
- Englisch und Französisch sind die einzigen Amtssprachen in der EU. In der EU gelten 24 Amtssprachen. Das erklärt einen Teil der großen Zahl an Mitarbeitern in Brüssel, von denen 4000 Sprachmittler und 500 festangestellte bis zu 400 freiberufliche Dolmetscher sind.
- Die EU schreibt vor, dass nur gerade Gurken verlauft werden dürfen. Die als sogenannte „Gurkenverordnung“ berühmt gewordene Verordnung zur Festsetzung von Qualitätsnormen wurde schon 2009 außer Kraft gesetzt. Besonders Handels- und Bauernverbände setzten sich für eine Beibehaltung ein. Die wichtigsten Großhändler verwenden sie immer noch als interne Normung.
- Die Europäer wählen seit 2014 über die Spitzenkandidaten der Parteien den Präsidenten der Europäischen Kommission. Der Präsident wird auf der Grundlage der europäischen Verträge auf Vorschlag der Regierungschefs der Mitgliedstaaten durch das Europäische Parlament gewählt.
- Das Europäische Parlament hat lediglich beratenden Charakter, Gesetze erlässt der Europäische Rat oder die Europäische Kommission. Alle Gesetze der EU müssen mit Mehrheit im Europäischen Parlament beschlossen werden. Finden sie keine Mehrheit, können weder durch Rat noch durch Kommission Gesetze erlassen werden.
- Die EU verschleudert Steuergelder der Mitgliedstaaten. Die EU gibt weniger als sieben Prozent ihres Jahresbudgets für Verwaltung und Personalkosten aus. Statistisch gesehen kostet die EU den einzelnen Bürger 187 Euro pro Jahr. Es fließt sogar Geld von Brüssel zurück, denn die EU fördert gezielt wirtschaftlich schwache Regionen.
- Die Arbeit der Europäischen Institutionen ist zu langsam und schwerfällig. Falsch, die EU arbeitet behutsam und gründlich. Entscheidungen von großer Tragweite werden sorgfältig beraten, bevor eine Entscheidung fällt.