Geesthacht. Die Hitzewelle hat Norddeutschland erreicht. Um Flächenbrände zu verhindern, setzten Retter auf eine Überwachung aus der Luft.
Wie gut ist Deutschland gegen Flächenbrände gewappnet, wie sie rund um das Mittelmeer, in Portugal, Ungarn und den USA wüten? Vielerorts gelingt es derzeit selbst mit Flotten von Löschflugzeugen und schweren Hubschraubern nicht zu verhindern, dass sich Brände zu Feuerwänden entwickeln, die Riesenlandstriche verwüsten.
In Deutschland mahnen Experten, stärkeres Augenmerk auf die Wasserversorgung der Einsatzkräfte und deren Ausstattung zu legen – und die Unterstützung aus der Luft zu verbessern.
Flächenbrände: Hitze und Trockenheit halten Retter in Atem
Vergangene Woche verging kein Tag, an dem Feuerwehren im Herzogtum Lauenburg nicht zu Flächenbränden ausrücken mussten. Mähdrescher oder Strohpressen haben Felder entzündet, Böschungen und Wiesen brannten. Der Deutsche Feuerwehrverband schlägt Alarm: Es droht eine massive Verschärfung der Gefahr, weil zu großer Trockenheit und Hitze teils böiger Wind hinzukommt.
Während um das Mittelmeer viele Brände außer Kontrolle sind, hatte sich die vergangenen Tage die Situation bei uns etwas entspannt. Hitze und anhaltende Trockenheit färben diese Woche die Karten, die Auskunft zur Waldbrandgefahr geben, jedoch wieder tief- und dunkelrot. Die Warnstufen erreichen erneut die zweithöchste Gefahrenklasse.
Experte: 2022 könnte das Katastrophenjahr 2018 übertreffen
„Es ist zu befürchten, dass die Situation noch gefährlicher werden könnte als im Katastrophenjahr 2018“, warnt Dr. Ulrich Cimolino. Der Vorsitzende des Arbeitskreises Waldbrand im Deutschen Feuerwehrverband (DFV) ist zugleich Vegetationsbrandexperte der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb).
Wassermangel und Hitze werden voraussichtlich bis in den August „mit hoher Wahrscheinlichkeit zu ausgedehnten Vegetationsbränden führen, die sich schnell entwickeln“, warnt Cimolino. Für die Brandbekämpfung bedeutet dies zweierlei: Sie müsse schnell und massiv geführt werden, um unkontrollierbare Flächenbrände zu verhindern, zugleich jedoch auch nachhaltig.
Jedes Glutnest birgt die Gefahr eines neuen Brandes
„Jedes Glutnest wird bei dieser Wetterlage spätestens mit auffrischendem Wind sofort wieder für den nächsten Brand sorgen. Insbesondere die Nachlöscharbeiten müssen daher sorgfältig und möglichst mit Wärmebildkontrolle auch aus der Luft durchgeführt werden“, fordert Cimolino.
In einem gemeinsamen Appell fordern DFV-Präsident Karl-Heinz Banse und vfdb-Präsident Dirk Aschenbrenner die Feuerwehren auf, sich vorzubereiten. Dazu gehöre auch, sich mit Landwirten, Bauhöfen und Firmen frühzeitig über die Unterstützung für Wassertransport abzusprechen, wie auch die Verfügbarkeit und den Einsatz von Spezialmaschinen zu klären.
Bundeswehr half 1975, den großen Heidebrand zu stoppen
Ein früher wichtiger Unterstützer ist heute nur noch in kleiner Zahl verfügbar: Der große Heidebrand konnte 1975 nach vielen Tagen gestoppt werden, weil die Bundeswehr mit Bergepanzern breite Feuerschneisen in die Wälder schlug.
In Niedersachsen werden seit Jahrzehnten Heide- und Waldflächen per Kameras sowie aus Flugzeugen überwacht. In Schleswig-Holstein ziehen Feuerwehren und Kreise nach, so auch der Kreis Herzogtum Lauenburg. Was weiter Sorgen bereitet, ist die Wasserversorgung.
Wasser bleibt vordringlich für die Brandbekämpfung
Die Feuerwehren Geesthacht und Grünhof verfügen über ein gutes halbes Dutzend „wasserführende Fahrzeuge“, sagt Geesthachts Wehrführer Sascha Tönnies. Damit stünden im Einsatzfall fast 20 Kubikmeter zur Verfügung, wenn keine Hydranten oder Löschteiche angezapft werden können.
Für einen Einsatz in den Besenhorster Sandbergen leisteten die Nachbarwehren Escheburg und Dassendorf jüngst Unterstützung mit eigenen Fahrzeugen. „Hydranten haben wir in Krümmel und in Hasenthal“, im Falle von Flächenbränden müsse die Wasserversorgung ansonsten über größere Strecken aufgebaut werden, so Tönnies.
Die Geesthachter Feuerwehren sind gut aufgestellt
Dafür verfüge die Freiwillige Feuerwehr Geesthacht über mehrere Fahrzeuge und einen Schlauchhänger, um die Aufgabe schnell zu bewältigen. Tempo ist vordringlich, um zu verhindern, dass sich kleine Feuer zu Flächenbränden ausweiten: Tönnies: „Wir haben uns technisch auf die rasche Bekämpfung ausgerichtet.“
Wie das Zusammenwirken verschiedener Wehren, des Katastrophenschutzes und der Kreisforsten funktioniert, wurde zuletzt im Herbst 2019 geübt. „Zu einer Brandsimulation wurden zuerst die nahen Wehren alarmiert, später weitere“, berichtet Henner Niemann. Als Leiter der Kreisforsten ist er für den größten kommunalen Waldbesitz Deutschlands verantwortlich.
Katastrophenübung: Löschwasser über Ländergrenzen hinweg
Während der Übung wurde auch die Wasserversorgung geprobt, es wurden Brunnen kontrolliert sowie die Entnahme aus Seen geübt. Niemann: „Die Versorgung funktionierte länderübergreifend“: Wasser wurde auch aus Mecklenburg herangeleitet.
Mehrere Bundesländer haben in jüngster Zeit Polizeihubschrauber für Löscheinsätze ertüchtigt. Doch die leichten Helikopter können in Wassersäcken nur einen Bruchteil der Menge aufnehmen, die Löschflugzeuge in wenigen Sekunden im Tiefflug über Wasser in ihre internen Tanks spülen können.
Polizeihubschrauber im Löscheinsatz
Im Kreis Herzogtum Lauenburg setzt die Feuerwehr auf Überwachung aus der Luft. Konnten bislang im Fall der Fälle Drohnen eingesetzt werden, ist für die Zukunft eine Überwachung nach niedersächsischem Vorbild das Ziel.
Nach der Brandkatastrophe in Lüneburger Heide und Wendland, die im August 1975 rund 8000 Hektar Wald und 5000 Hektar Moor- und Heideflächen vernichtete, wurde zwischen Elbe und Harz eine weitflächige Kamera-Überwachung brandgefährdeter Gebiete geschaffen, dazu eine fliegende Überwachung. Von Flugzeugen aus werden gefährdete Gebiete kontrolliert. Bis Ende Juni gaben die Beobachter mit mehr als 200 Sichtungen schon weit häufiger Alarm als in früheren Jahren.
Kreise kooperieren für fliegende Überwachung
„Wir kooperieren mit Stormarn und Segeberg, dort finden solche Flüge bereits statt“, sagt Sven Minge, Geschäftsführer des Kreisfeuerwehrverbandes Lauenburg. Verträge seien unterschrieben, jetzt gehe es an die Ausbildung der fliegenden Feuerwehrkameraden.
Einen Pilotenschein benötigen sie nicht. „Im Gegensatz zu Niedersachsen verfügen wir über keine eigenen Flugzeuge, die Maschinen werden gechartert.“ Um lange Anflugwege zu vermeiden, würden entsprechende Verträge mit örtlichen Anbietern im Kreisgebiet geschlossen.