Geesthacht. Seit fünf Jahren spielt Nadine Forentheil in der City. Warum sie Geesthacht mag und was der Scorpion-Gründer mit ihr zu tun hat.

Seit fünf Jahren ist sie aus der Geesthachter Fußgänger­zone nicht wegzudenken: Nadine Forentheil sitzt in der Nähe des Rewe-Zugangs bei Wind und Wetter zweimal in der Woche mit ihrer ­Gitarre auf der Bank und singt dazu – selbst im Winter. „Skianzug“, sagt sie vergnügt und deutet auf ihr ­Wetter-Geheimnis. Straßenmusiker zieht es sonst eigentlich nicht nach Geesthacht, in der Woche ist Nadine Forentheil immer die einzige. „Ich fühle mich hier wohl“, erklärt sie ihre Standorttreue.

Straßenmusik auch an der Alster, Stadtpark, Ahrensburg und Lüneburg

Meist ist sie am Dienstag und Donnerstag ab 11 Uhr vor Ort. Nadine Forentheil spielt auch an der Alster, im Hamburger Stadtpark, in Ahrensburg, Volksdorf und Lüneburg. Geesthacht aber hat sie besonders ins Herz geschlossen. Die 46-Jährige mag die beschauliche Fußgängerzone und die Geesthachter. „Sie sind freundlich und offen, oft bekomme ich auch einen Kaffee ausgegeben“, sagt sie.

„In jedem Stadtteil wird man anders behandelt, und in der Kleinstadt sind die Menschen wieder anders drauf. Man merkt schon am mehr oder weniger gefüllten Gitarrenkoffer, ob ein Stadtteil wohlhabender ist.“ Nach Bergedorf ins Sachsentor zu fahren, hat sie eingestellt, obwohl es für sie viel dichter am Wohnort liegt als Geesthacht. Sie lebt in Fünfhausen. „Es lohnt sich dort nicht“, hat sie festgestellt.

Nadine Forentheil hat Werkzeugmacherin gelernt

Musik macht Nadine Forentheil seit 30 Jahren, das Gitarrespielen hat sie sich mit 16 Jahren selbst beigebracht. Ebenso Gesang, Schlagzeug und Mundharmonika, alles nur über das Hören und dem Prinzip learning by doing. Grundlagen der Musiktheorie sind ihr aber auch nicht fremd.

Ein paar Semester hat die gelernte Werkzeugmacherin Populärmusik an der Musikhochschule in Osnabrück studiert. Aber das war ihr dann letztendlich doch zu trocken, sie hörte wieder auf. „Wie kann man nur aus dieser ganzen Theorie heraus richtig emotionale Musik machen?“, fragt sie sich immer noch.

Ihr Nachbar war Scorpion-Gründer Rudolf Schenker

Aufgewachsen ist sie in der Nähe des Steinhuder Meeres. Niemand sonst in der Familie ist musikalisch. „Da gab es kein Schlüsselerlebnis“, erzählt sie. Allerdings: Der Nachbar der Eltern war früher mal Rudolf Schenker, der Gitarrist und Gründer der berühmten Hardrockband Scorpions. Ob da wohl immer mal wieder Gitarrenklänge herübergeweht sind, wenn er geübt hat?

Mit einem Schlagzeuger bildete Nadine Forentheil später eine semi-professionelle Tanzband, war das ganze Wochenende auf Hochzeiten und Geburtstagsfeiern unterwegs. Diese Phase wurde durch gesundheitliche Probleme beendet. „Meine Stimmbänder gingen kaputt, ich konnte nicht mehr sprechen“, berichtet sie. Um eine Operation kam sie herum. Nach einer langen Pause schwor sie sich: Nie wieder unter Wert verkaufen, sie sei damals verheizt worden, findet sie.

„Eigentlich bin ich zurückhaltend, ich mag nicht so viel Trubel“

2008 zog sie der Musik und Freunde wegen nach Hamburg, wohnt in der Nähe des Oortkatensees. Sie gab Musikunterricht, erst 2017 bereitete sie schließlich Auftritte als Straßenmusikerin vor. Was ihr nicht leicht fiel: „Eigentlich bin ich sehr zurückhaltend, ich mag gar nicht so viel Trubel. Das war schon hart, ganz am Anfang“, erinnert sie sich.

Die ersten Auftritte waren im Sachsentor, dann wurde das Gebiet rasch erweitert. Nach Geesthacht kam sie wohl über Susanne Voges, die das Smux betreibt, meint sich Nadine Forentheil zu erinnern. Dort ist sie mehrmals bei Jam-Sessions aufgetreten, das nächste Mal ist für Freitag, 29. April, geplant.

Sie liebt Soul und Funk

Nadine Forentheil mag vor allem Soul- und Funksongs, was als Grundlage für Straßenmusik eher ungewöhnlich ist. Sie schreibt sie um zu folkigen Arrangements im Singer-Songwriter-Stil. Mittlerweile komponiert sie eigene, deutschsprachige Lieder, die mehr als die Hälfte des Repertoires ausmachen. Autobiografisches und auch kleine Alltagsbeobachtungen, die sie anstellt, während sie in den Fußgängerzonen spielt. Auch von Geesthacht ist einiges in diese Songs eingeflossen.

Und die kommen gut an. Als Annedore Granz von den Geesthachter Grünen am 8. März anlässlich des Weltfrauentages Rosen in der Fußgängerzone verteilte, hat sich Nadine Forentheil dazugestellt und Musik gemacht. Das gefiel Annedore Granz so gut, dass sie ins Auge gefasst hat, die Musikerin für eine Veranstaltung zu engagieren.

Sie bekomme mittlerweile sehr viele Anfragen, sowohl für Auftritte als auch für Unterricht, berichtet Nadine Forentheil. Das Problem: Sie ist gefragter, als sie es für das Dazuverdienen aus steuerlichen Gründen sein dürfte, und sagt vieles ab. Sie möchte keinen Ärger bekommen. Nadine Forentheil will nun genau nachlesen, was möglich ist.

Manchmal geht es halt doch nicht ohne Theorie.