Geesthacht. Zahl der Aufträge hat sich verfünffacht. Mit welchem Trick Profis den Blackout verhindern, wenn alle gleichzeitig laden wollen.

Der Neubau von Ladestationen für Elektroautos bei SH Netz habe sich verfünffacht, jubelt der Netzbetreiber. 2021 wurden mehr als 5000 Aufträge zum Anschluss von Ladestationen für E-Autos verzeichnet, während es im Vorjahr nur 1000 Aufträge gewesen seien. Gezählt wurden alle Aufträge: von der sogenannten Wallbox am Privathaus bis zum Ladepark für Unternehmen oder einer Schnell­ladestation an der Autobahn.

Elektroauto: Viele lassen Ladesäule vorsorglich installieren

E-Mobilität boomt im Norden, und einer, der sich deswegen vor Aufträgen kaum retten kann, ist Björn Reuter. Der Geesthachter CDU-Ratsherr führt seinen Meister­betrieb „Elektro und Elektronik Service Reuter“ seit 2000. „Ich hatte allein 30 Aufträge in Geesthacht und den Umlandgemeinden seit Jahresmitte, bevor das Geld für die Förderung ausgegangen ist“, berichtet er.

„Der Aufbau von Ladesäulen macht mittlerweile 30 Prozent des Tagesgeschäftes aus.“ Er überlegt, personell aufzurüsten. Die meisten Kunden, bei denen er vorfährt, haben bisher noch kein ein E-Auto, sie planen mit der Anschaffung erst in ein bis zwei Jahren. „Ich höre oft, ,wenn es dann da ist, haben wir die Säule zum Aufladen schon’“, berichtet er.

Wallbox für private Hauseigentümer und Vermieter

95 Prozent der Kunden sind Hauseigentümer, die die Säule für die eigene Nutzung benötigen. Aber auch Vermieter wollen mittlerweile Säulen aufstellen. „Ich habe gerade für die Lauenburger Straße ein Angebot geschrieben für zwei Ladepunkte“, erzählt Reuter. Nutznießer sollen hier die Mieter sein.

Anschaffung und Installation einer eigenen Anlage kann bis zu 3000 Euro kosten, je nachdem, wie aufwendig die Arbeiten sein müssen. Viele Arbeiten führen die Kunden auch selber durch, das Ausheben von Gräben für die Kabel etwa. Der Bund förderte die Anschaffung bis zum Herbst mit 900 Euro pro Ladepunkt, wenn die Gesamtsumme darüber lag.

Wer vermeintliche Schnäppchen kaufte und am Ende im Preis darunter blieb, bekam keine Finanzspritze. Nach einem Jahr waren die Fördermittel Ende Oktober wegen der hohen Nachfrage allerdings erschöpft. Wann es wieder einen Zuschuss gibt, ist unklar. Erwartet wird, dass die neue Bundesregierung hier tätig wird.

Wenn alle gleichzeitig laden wollen, droht der Blackout

Förderfähig waren zudem nur Anlagen mit einer Normalladeleistung von 11 kW. „Solche Anlagen sind anmeldungspflichtig, etwa bei den Geesthachter Stadtwerken“, erklärt Björn Reuter. Dadurch solle einer Netzüberlastung vorgebeugt werden.

„Nehmen wir an, das Haus hat zwei Ladepunkte mit je 11 Kilowatt, das sind schon 22 kW pro Haus. Wenn dann die ganze Straßenzeile zu Spitzenzeiten auf einmal ans Netz geht, bricht es zusammen“, meint Reuter.

Dagegen hilft ein intelligentes Lademanagement. „Fachleute legen ihrer Wallbox ein Steuerungskabel für den Anschluss bei, den Trick gibt es in keinem Youtube-Video erklärt. Diese Schnittstelle ist wichtig, die Stadtwerke können sie später ansteuern. Wenn in Spitzenzeiten, zum Beispiel nach Feierabend, alle gleichzeitig laden wollen, wird die Leistung heruntergeregelt, um das Netz zu entlasten.“

Ladesäulen: Stadtwerke Geesthacht verzeichnen größere Nachfrage

Auch die Geesthachter Stadtwerke verzeichnen eine zunehmende Beliebtheit von E-Mobilität. „Wir merken, dass sich das Thema positiv entwickelt“, sagt Vertriebsleiter Dirk Pieper. Er empfiehlt, die Experten seines Hauses einzuschalten, um beurteilen zu lassen, ob der Hausanschluss so ein Projekt hergibt.

Das Unternehmen will zudem Ladeboxen „im einstelligen Bereich“ im öffentlichen Raum installieren. An einer Ladebox befinden sich mehrere Ladepunkte, hinter der Haspa an der Norderstraße etwa sind es vier. Kriterium für die Auswahl einer Stelle: „Wir schauen uns die Standorte genau an. Wichtig ist auch eine Attraktivität für den Zeitraum der Verweildauer während des Ladevorgangs.“

Die Stadtwerke bereiten zudem die Wohnungswirtschaft in Sachen Lademöglichkeiten vor. „Bei Neubaugebieten wie der Hafencity etwa wird das schon mitgedacht. Wir ziehen Leerrohre ein, durch die später bei Bedarf Kabel geführt werden können.“